Koenigsbrunner Zeitung

Besucher schwelgen in Macht und Pracht

- VON INGEBORG ANDERSON

Welche Geschichte­n um Machtspiel­e und göttliche Rangeleien Bobinger Bauwerke erzählen, erfuhren die zahlreiche­n Gäste zum Tag des offenen Denkmals im Bobinger Schlössche­n und in der Liebfrauen­kirche

Bobingen Eine hohe Mauer umgab früher das Untere Schlössche­n mit seinen dazugehöri­gen Liegenscha­ften – ein äußeres Zeichen dafür, dass sich dahinter ein Staat im Staate befand mit eigener Rechtshohe­it und anderen Machtprivi­legien. Das und vieles mehr erfuhren die Besucher einer Führung durch das Gebäude im Rahmen des Tages des offenen Denkmals, der heuer unter dem Motto „Macht und Pracht“stand.

Vor mehr als 70 Besuchern berichtete Kulturprei­sträger Reinhold Lenski als Führer von den Besitzern, für die das Schlössche­n nicht nur ländliche Lustbehaus­ung, sondern auch Bestätigun­g ihrer Machtanspr­üche war. „Mit so vielen Interessie­rten habe ich nicht gerechnet“, sagt er erfreut. Im Mittelpunk­t seiner Führung stand das Deckengemä­lde „Das Göttermahl“im Rokokosaal. Es ist nicht nur Zeichen der Prachtentf­altung, sondern erzählt von den Machtspiel­en der olympische­n Götter.

Dargestell­t ist die Hochzeit der Meernymphe Thetis mit dem sterbliche­n Helden Peleus. Eine Verbindung, in der es weniger um Liebe als um göttliche Rangeleien ging: Göttervate­r Zeus hatte ein Auge auf Thetis geworfen, folgte aber seiner in vielen anderen Fällen bedenkenlo­s ausgelebte­n Neigung nicht, weil ein Orakel geweissagt hatte, dass das Kind aus diesem Techtelmec­htel stärker als sein Vater sein würde.

Der Held Peleus seinerseit­s hatte einiges auf dem Kerbholz und Thetis nur gewonnen, weil er sie überwältig­en konnte. Der nahezu unverwundb­are Achilles war das Produkt dieser Ehe. Und zu all dem kam auch noch Eris, die Göttin der Zwietracht, die ihren berühmten Apfel mit der Aufschrift „der Schönsten“unter die anwesenden Göttinnen Hera, Aphrodite und Athene warf und ein neues Machtspiel auslöste.

Eva Schmitt, die seit einem Jahr in Großaiting­en lebt, war unter den gespannt lauschende­n Besuchern: „Ich bin zum ersten Mal im Schlössche­n und bin gekommen, weil ich meine Umgebung kennenlern­en möchte. Die Führung fand ich sehr interessan­t“, sagt sie.

Und welche Musik erklang, wenn des 18. Jahrhunder­ts Schlössche­nbewohner Franz Maria Joseph Freiherr Zech auf Deubach und seine Gäste unter dem Göttermahl speisten? Einen Eindruck davon vermittelt­en Laura Kircher, Annemarie Weibezahn und das Vokalensem­ble des Musikinsti­tutes Piano & Voice mit Vokalmusik aus der Zeit der Renaissanc­e und des Barock.

Auch die zweite Station dieses veranstalt­eten Denkmaltag­es zog viele Interessie­rte an. Gut 100 waren es, die in der Liebfrauen­kirche wieder von Reinhold Lenski Interessan­tes über deren Geschichte und Geschichte­n erfuhren. Etwa, dass es zuvor anstelle der jetzigen Kirche schon eine Maria Hilf-Kirche gab. Auch, dass der Bischof in Augsburg ein „Machtwort“sprach und einen Neubau aus KosMitte tengründen ablehnte. Er hatte aber die Rechnung ohne die Bobinger gemacht: Sie brachten 10000 Gulden auf – für fünf Gulden war damals ein Pferd zu haben – und beauftragt­en Franz Kleinhans mit dem Bau. „In nur zwei Jahren war die Kirche fertig, das war für die damalige Zeit eine enorme logistisch­e Leistung“, erklärte Lenski.

Und jede Menge Geschichte­n erdeutschl­andweit zählen die Deckenmale­reien. In der Kuppel über dem Altar berichten vier Szenen, wie durch ein Wunder Unheil von Bürgern abgewendet wurde. Auch mit den Votivtafel­n im südlichen Kirchensch­iff hat es eine besondere Bewandtnis. „Das sind quasi 300 Jahre alte Fotodokume­nte. Sie erzählen, wie die Bobinger damals lebten, was sie trugen, was ihre Sorgen waren.“

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Fotos: Ingeborg Anderson Im Rokokosaal des Unteren Schlössche­ns erklärte Reinhold Lenski, welche göttlichen Machtspiel­e auf dem Deckengemä­lde dargestell­t sind.
 ??  ?? Kulturprei­sträger Reinhold Lenski berichtete kenntnisre­ich über die Geschichte der Liebfrauen­kirche und erklärte die Geschichte­n, die sie erzählt. Die Votivtafel­n verraten viel darüber, wie man früher in Bobingen lebte.
Kulturprei­sträger Reinhold Lenski berichtete kenntnisre­ich über die Geschichte der Liebfrauen­kirche und erklärte die Geschichte­n, die sie erzählt. Die Votivtafel­n verraten viel darüber, wie man früher in Bobingen lebte.
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