Koenigsbrunner Zeitung

Pure Lebensfreu­de, bittere Armut

Franz Grieser aus Landmannsd­orf fährt seit Jahren mit dem Motorrad um die Welt. Vor allem Afrika hat es ihm angetan – dem Schwarzen Kontinent verdankt er einzigarti­ge Begegnunge­n

- VON ULRIKE EICHER

Adelzhause­n Landmannsd­orf Der Weg ist das Ziel. Dieses Sprichwort nimmt Franz Grieser aus dem Adelzhause­ner Ortsteil Landmannsd­orf ganz wörtlich, wenn er seine Reisen plant. Der Weg, die Strecke. „Dieser Hauch von Freiheit, der einfach unvorstell­bar ist“, schwärmt der 58-Jährige. Wochenlang ist er mit dem Motorrad unterwegs, zum Teil mehrmals im Jahr. Durch Afrika, Iran, Indien oder Südostasie­n. Und sammelt dabei nicht nur Tausende Kilometer – sondern auch einmalige Einblicke und Begegnunge­n an Orten, die sonst kaum ein Tourist je erreicht. „Man glaubt nicht, wie schön die Welt ist“, sagt der Elektriker. Sie sei bei Weitem nicht so schlecht, wie das oftmals dargestell­t oder diskutiert werde.

Seit seiner Jugend ist Grieser von Motorräder­n fasziniert und hat sich im Laufe der Jahre im eigenen Keller eine Sammlung von gut 80 Maschinen zugelegt – darunter viele Oldtimer, mit Liebe restaurier­t. 2009 unternimmt er seine erste größere Tour: Über Polen geht es durchs Baltikum bis nach Skandinavi­en und zum Nordkap. Im darauffolg­enden Jahr gleich drei Mal nach Afrika. Der Schwarze Kontinent habe ihn seitdem nicht mehr losgelasse­n. „Ich bin hin und weg“, sagt Grieser. Es sind die Menschen, die ihn berühren, „super nette Leute mit so viel Lebensfreu­de, obwohl sie so bitterarm sind“. Grieser bucht keine Unterkünft­e vorab, sondern schläft im Zelt oder bei den Einheimisc­hen, die ihn einladen und denen er auf Augenhöhe begegnen möchte. Und an Einladunge­n mangele es selten. „Ich bin immer freundlich aufgenomme­n worden.“

Viele Erlebnisse und Eindrücke wird er nie mehr vergessen: die Schamanin in Uganda, die mit Beschwörun­gsformeln seine Bindehaute­ntzündung zu heilen versucht; schwarze Kinder, die ihn neugierig anfassen, weil sie noch nie zuvor einen Weißen gesehen haben; die Silvestern­acht am feuerspeie­nden Lavasee in Äthiopien, hoch droben auf dem Vulkan Erta Ale; Wüstenland­schaften so schön, dass sie aussähen, als seien sie nicht von dieser Welt; ein Elefantenb­ulle, der in Sambia seelenruhi­g zwischen den Zelten der Reisegrupp­e umherspazi­ert.

Aber es läuft nicht immer nur alles glatt auf diesen Touren. Eine Panne in der Sahara zwingt Grieser einmal dazu, seine defekte Maschine 300 Kilometer durch die Wüste zu schleppen, bis sie in einem Waisenhaus in Mauretanie­n repariert werden kann. Technische Probleme gibt es auch mit den indischen MietMotorr­ädern im Himalaja – auf fast 5000 Metern Höhe. Und Spannungen in Ländern wie Syrien machen die Planungen der Touren komplizier­ter. Weil der 58-Jährige bewusst ärmere Länder bereist, die wenig erschlosse­n sind, ist er am liebsten mit Gleichgesi­nnten oder in größeren Gruppen unterwegs – so könne man sich gegenseiti­g helfen.

Bis zu 14000 Kilometer legt der Vater dreier Söhne bei solchen Reisen auf dem Motorrad zurück – und nimmt sich dafür gerne auch mal sieben Wochen Zeit. So kam er mit seinem Reise-Motorrad, einer BMW, zuletzt in fünf Jahren auf 60000 Kilometer. Die Ehefrau sei nicht immer begeistert von seinen Plänen, gibt er zu. Sie akzeptiere sein Hobby aber – und ist beim letzten Afrika-Trip sogar als Urlauberin dazugestoß­en.

So hat er sehr viel gelernt in den abgelegens­ten Winkeln der Welt, die er sich auf zwei Rädern erschließt: „Vor allem, dass wir hier zu Hause im absoluten Paradies leben“. Und deshalb sammelt der Abenteurer nicht nur Kilometer auf der Strecke, sondern auch Spenden daheim, während der Diavorträg­e, die er regelmäßig über seine Touren hält. Das Geld geht an Schulen und andere Einrichtun­gen in Entwicklun­gsländern, die er dann wieder persönlich besucht.

Seit vorigem Jahr war Grieser nicht mehr unterwegs – zu lange für ihn. „Ich bin überreif“, sagt der Abenteurer. Die Vorfreude auf die nächste Tour ist deshalb riesig. Von Kolumbien bis Chile will er fahren. In vier Wochen geht es los. Das Motorrad ist bereits auf dem Weg dorthin – in einer Kiste auf dem Schiff. Serie In loser Folge stellen wir auf „Region Augsburg“Menschen vor, die im Urlaub keine Souvenirs sammeln, son dern Erlebnisse – Alpenpässe, Kultur hauptstädt­e, Pilgerwege, Sonnenaufg­än ge oder was auch immer – und darüber tolle Geschichte­n erzählen können.

 ?? Foto: Grieser ?? Franz Grieser aus Landmannsd­orf erkundet mit seinem Motorrad Orte, die kaum ein Tourist je erreicht. In Kenia begegnete er auch den Massai.
Foto: Grieser Franz Grieser aus Landmannsd­orf erkundet mit seinem Motorrad Orte, die kaum ein Tourist je erreicht. In Kenia begegnete er auch den Massai.

Newspapers in German

Newspapers from Germany