Ein Mann der leiseren Töne
Karl Höldrich, dem neuen Leiter der Musikschule, ist Harmonie wichtig – und das nicht nur in musikalischer Hinsicht
Mehrere Wochen lang hat sich Karl Höldrich schon in der Stadt umgeschaut: Menschen hat er getroffen, das kulturelle Leben beobachtet, die Strukturen der Sing- und Musikschule Mozartstadt Augsburg (SUMMA) kennengelernt. Deren neuer Leiter ist Höldrich nun mit Beginn dieses Schuljahres in der Nachfolge von Wolfgang Reß. Deshalb hatte er als Lektüre für den Sommerurlaub in diesem Jahr auch eine Dissertation über Albert Greiner, den Gründer der Augsburger Musikschule, im Gepäck.
In der Stadt erst einmal anzukommen, war Karl Höldrich wichtig. Denn der Vater einer 20-jährigen Tochter und eines 16-jährigen Sohnes stammt aus Oberammergau. Dort wohnen Ehefrau und Sohn auch weiterhin, um dem Gymnasi- asten einen Schulwechsel kurz vor dem Abitur zu ersparen. In einer kleinen Wohnung mitten in der Altstadt hat er sich in Augsburg eingerichtet, an den Wochenenden wird er zur Familie nach Hause fahren.
„Nicht einfach neue Konzepte aufstülpen“, ist Karl Höldrichs Vorsatz für seine neue Aufgabe. Daran liegt dem 52-Jährigen viel: zuzuhören, nicht besserwisserisch zu wirken, im Team zu arbeiten. Mit Bedacht spricht er darüber, wie die Musikschule Gewinn für den Einzelnen, aber auch Gewinn für die Stadtgesellschaft ist. Überhaupt wirkt der neue Sing- und Musikschulleiter, der die Musik des Barock und der Romantik schätzt, aber auch gern Jazz hört, eher wie ein Mann der leiseren Töne. Wenn man ihn danach fragt, ob man Kinder und junge Leute heute nur noch mit Events für klassische Musik gewin- nen kann, überlegt er kurz und meint dann: „Ich halte nichts von kurzen Strohfeuern. Ich finde es wichtiger, authentisch zu sein und zu vermitteln, wie man in Musik eintauchen kann.“
Mit Karl Höldrich bekommt die SUMMA einen ausgewiesenen Musikpädagogen an die Spitze. Nach seinem Studium am Münchner Richard-Strauss-Konservatorium war Höldrich, der seit seinem neunten Lebensjahr Cello spielt, Musiklehrer in Garmisch-Partenkirchen, wechselte dann an die Musikschule Bad Tölz und schließlich an die Musikschule in Schongau, die er 13 Jahre lang geleitet hat. In dieser Zeit absolvierte er auch ein zweijähriges Masterstudium für Konzertpädagogik und Musikvermittlung in Linz.
Vielleicht ist aber neben all der Qualifikation und Reputation ein Satz viel interessanter, den Karl Höldrich sagt, wenn er erzählt, wie seine Begeisterung für Musik geweckt wurde: „Wir sind alle Passionsspieler.“Schon als Kind hat er bei den Passionsspielen in seiner Heimatgemeinde mitgewirkt, die mit ihren 5000 Einwohnern ein riesiges Theaterensemble ist. Auch spielte er im Oberammergauer Sinfonieorchester Cello. Dadurch habe er erfahren, „dass sich jeder nach seinen Fähigkeiten einbringen kann“– eine Erkenntnis, die er in seiner 25-jährigen pädagogischen Tätigkeit immer beherzigt hat. Denn es sind ja nicht nur die Wunderkinder, die in der städtischen Musikschule Geige, Klavier oder Flöte spielen. Die Freude am musikalischen Erlebnis weiterzugeben, das Gefühl eines Miteinanders zu vermitteln, das nicht nur durch Harmonien, sondern auch durch Harmonie geprägt sein soll, ist sein Anliegen. „Wir müssen nicht nur gemeinsame Töne finden, sondern auch einen guten Ton, mit dem wir uns begegnen“, so drückt er es aus.
Geeignete Rahmenbedingungen dafür in der SUMMA bereitzustellen, nimmt sich Karl Höldrich vor. Und das will er nicht nur auf den Nachwuchs bezogen wissen, der in der SUMMA von der musikalischen Früherziehung an betreut werden kann, Senioren hat Höldrich dabei ebenfalls im Blick. Vorstellen kann er sich auch Angebote für Demenzkranke und erzählt von „berührenden Begegnungen“. Durch Musik erreiche man Menschen sehr gut und so hat er erlebt, dass Demenzkranke, die oft monatelang nicht gesprochen hätten, auf einmal zu singen begannen. Diese vielen kleinen Momente, die das Leben eines Musiklehrers ausmachen, will er nun auch in Augsburg erleben.