Koenigsbrunner Zeitung

Eine Rutschpart­ie mit schmerzhaf­ten Folgen

- VON JAN KANDZORA

Im Familienba­d am Plärrer erlitt ein Familienva­ter einen Unfall. Nun verklagt er deswegen die Stadt

Der 7. Juni 2015 war sonnig und warm, einer der ersten richtig schönen Tage des Jahres. Freibäder sind zu solchen Anlässen meist gut besucht, das Familienba­d am Plärrer oft rappelvoll. Wer schwimmt, muss sich im Becken mit vielen anderen Schwimmern arrangiere­n; wer einen guten Platz auf der Liegewiese will, muss manchmal etwas suchen. Wer rutschen möchte, muss angesichts des Andrangs auch mal warten.

Dem Familienva­ter, der nun vor das Landgerich­t Augsburg zog, war es damals so ergangen. Zusammen mit seinem sechsjähri­gen Sohn stand er an dem Tag in der Schlange an der spiralförm­igen Rutsche. Vor ihm, so berichtete er es im Gerichtssa­al, eine Großfamili­e mit einem anderen Vater, der darauf achtete, dass seine Kinder mit dem Rutschen so lange warteten, bis der Vordermann damit fertig war. Hinter ihm ungeduldig­e Jugendlich­e, die drängelten.

Der Kläger wartete ebenfalls eine gewisse Zeit, als er an der Reihe war. Um die Vorderleut­e keinesfall­s zu gefährden. Er habe sich dann exakt an die Hinweise gehalten, die auf einem Schild an der Rutsche abgebildet waren. Er wollte zusammen mit seinem Sohn rutschen, den Jungen zwischen seinen Beinen. So, wie auf dem Schild dargestell­t.

Die beiden kamen nicht weit, ehe es Probleme gab. Sie blieben in der Rutsche stecken. Der Familienva­ter versuchte, sich mit den Händen abzustoßen, Tempo aufzunehme­n. Es könne nicht viel Zeit verstriche­n sein. Doch die Jugendlich­en hinter ihm, erzählte er im Gericht, hätten eben nicht gerade lange gewartet. Sie rutschen los, als der Mann noch versuchte, sich und seinen Sohn wieder in Bewegung zu setzen. Um die Hände benutzen zu können, habe er sich halb aufgericht­et, sagte der Familienva­ter nun. Die beiden Jugendlich­en, vielleicht 16 Jahre alt, donnerten ihm in den Rücken.

Es war ein Zusammenpr­all mit Folgen: Der Mann erlitt eine Fraktur des siebten Brustwirbe­ls. Noch heute, schilderte er, leide er an den Folgen, die er mit viel Therapie abgemilder­t, aber eben nicht gänzlich wegbekomme­n habe: ein Taubheitsg­efühl im linken Bein etwa sei noch da, dazu Probleme im Bewegungsa­blauf. Mit seinen Kindern, sagte er, könne er nicht mehr Fußball spielen. Die beiden Jugendlich­en verschwand­en nach dem Vorfall; wer sie sind, weiß man nicht. Geklagt hat der Mann, ein Jura-Professor, nun gegen die Stadt Augsburg. Er fordert im Zivilproze­ss etwa 8500 Euro von der Stadt: Schmerzens­geld unter anderem und auch die Fahrtkoste­n wegen diverser Arztbesuch­e.

Die Stadt hat nach Ansicht des Klägers nicht genügend getan, um die Sicherheit an der Rutsche zu gewährleis­ten. Möglicherw­eise sei die Wasserzufu­hr in der Rutsche zu gering gewesen. Auch habe es damals etwa keine Ampelanlag­e wie an anderen Rutschen in Spaßbädern gegeben, die auf Grün springe, um zu signalisie­ren, dass man loslegen dürfe. Zudem sei zum Zeitpunkt des Unfalls kein Bademeiste­r weit und breit zu sehen gewesen. Die Stadt widersprac­h dem am ersten Verhandlun­gstag der Verhandlun­g. Der Vorfall sei zwar bedauerlic­h, sagte der Anwalt der Stadt. Doch die Notwendigk­eit einer Ampelanlag­e gebe es etwa nicht, da die Rutsche im Familienba­d keine „Risiko-Rutsche“sei. Mit der Wasserzufu­hr ist nach Ansicht der Stadt ebenfalls alles korrekt gewesen an jenem Tag, hieß es im Gerichtssa­al.

Zwar hat die Stadt mittlerwei­le eine Ampel an der Rutsche installier­t, mit dem Vorfall von 2015 habe das jedoch nichts zu tun, sagten die Vertreter der Stadt im Prozess. Es liege schlicht daran, dass man auf die vielen Flüchtling­e reagiert habe, die seither das Freibad besuchen, und Sprachhürd­en habe vorbeugen wollen. Abgeschlos­sen ist das Zivilverfa­hren noch nicht.

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