Knatschige Republik?
Ex-Referent Konrad Hummel über die gespaltene Gesellschaft und Zusammenhalt
Die Gesellschaft ist gespalten, auch in Augsburg. Doch zwischen was eigentlich? Arm und reich, deutsch und nicht-deutsch? Nein, sagt Konrad Hummel. Es gibt eine soziale Schere, gegen die man vorgehen muss, so der ehemalige Augsburger Sozialreferent. Doch die Risse zwischen den wirtschaftlichen Eliten und den prekären Schichten hätten sich nicht vertieft. Die realen sozialen Unterschiede seien genau so groß wie in 1980er Jahren. Gefühlt aber, und das müsse genau so ernst genommen werden wie die Statistik, gehe die Spaltung heute viel tiefer. Sie verläuft zwischen verschiedenen Lebensstilen, Geschlechts- und kulturellen Identitäten.
Hummel referierte auf Einladung des Freiwilligen-Zentrums Augsburg über die „Geteilte Gesellschaft – was hält uns zusammen?“. Natürlich in der Stadtbücherei. Sie wurde während seiner Amtszeit als Sozialreferent zwischen 2002 und 2007 von einer Bürgerinitiative per Bürgerentscheid für 15 Millionen Euro ertrotzt. Hummel befürwortete das Projekt und hatte hinter den Kulissen wesentlichen Anteil an der Durchsetzung. Das Haus steht für die Bedeutung kommunaler Infrastruktur. Diesem Denkansatz folgte auch sein Vortrag. Demnach sei Infrastruktur nicht nur nachhaltiger, sondern auch gerechter als individuelle Hilfen: „Je besser die Kindergärten, desto größer die Chancen auf Bildung. Erst wenn die erfolgreich ist, können Menschen in unserer komplizierten Gesellschaft mitmischen.“
Erst dann ließen sich Demokratie-Desaster bei Wahlen vermeiden. Wie im Viertel Links der Wertach, wo bei den Kommunalwahlen 2014 nur rund 20 Prozent der Berechtigten ihre Stimme abgaben. „Hier ist das Vertrauen in die Politik verloren“, mahnt Hummel. Die verbindende Funktion von Vereinen, Kirchen, Initiativen sei gestört, die verschiedenen ethnischen, sprachlichen und ökonomischen Gruppen grenzen sich ab. Den Rest besorgten die Stimmungskanonen der Rechtspopulisten, auch innerhalb der sprachlichen oder religiösen Minderheiten.
Solche Viertel kennt Hummel aus seiner jetzigen Heimat Mannheim. „Greift das um sich, regiert irgendwann nur noch eine bürgerliche Elite die Stadt. Um die anderen wieder ins Boot zu holen, helfen keine Beiräte im Stadtzentrum.“Es müssten Zwischeninstanzen eingerichtet werden, die direkt vor Ort sind. Wie die Stadtteilmütter und Quartiersmanager in Oberhausen. Nahbare Vertrauensleute, die Brücken bauen könnten. Und wofür? „Damit wir keine knatschige Republik werden“, antwortete er grinsend.