Koenigsbrunner Zeitung

Die Polizei zeigt sich von zwei Seiten

- VON JÖRG HEINZLE

Bei der „Pegida“-Kundgebung gehen Polizisten teils ruppig gegen Demonstran­ten vor. Doch erstmals sind auch Beamte im Einsatz, die gezielt das Gespräch suchen und vermitteln

Am Ende gibt es auf dem Rathauspla­tz sogar eine spontane Szene der Versöhnung. Eben noch haben gut ein Dutzend Aktivisten der linken Szene mit einer Sitzblocka­de einen Bus angehalten. Der Bus soll Anhänger der islamfeind­lichen „Pegida“-Bewegung nach deren Kundgebung am Samstagabe­nd zum Hauptbahnh­of bringen. Die Polizei räumt die Blockade nicht gewaltsam. Stattdesse­n verhandeln mehrere Beamte längere Zeit mit den Demonstran­ten, bis diese freiwillig Platz machen. Direkt danach kommt ein Mann aus der linken Szene auf einen der Polizisten zu. Er sagt: „Sie sind der netteste Beamte, den ich je getroffen habe.“Zwischen den Männern entwickelt sich ein längeres, freundlich­es Gespräch.

Die Polizei begleitete den „Pegida“-Aufmarsch in Augsburg mit einem Großaufgeb­ot, weil sie Konflikte zwischen „Pegida“-Gegnern und den rechtsgeri­chteten Demonstran­ten befürchtet­e. Bis zu 1500 Menschen stellten sich zeitweise der Gruppe von rund 40 „Pegida“-Leuten entgegen. Erstmals setzte die Polizei in Augsburg dabei auch sogenannte Kommunikat­ions-Teams ein. Insgesamt waren es acht Beamte, jeweils aufgeteilt in ZweierGrup­pen. Sie trugen nicht die eher martialisc­h wirkenden Einsatzanz­üge, sondern normale Kleidung und neongelbe Polizei-Warnwesten. Die Beamten suchten das Gespräch mit die erstaunt waren über die massive Polizeiprä­senz. Sie redeten mit „Pegida“-Gegnern und erklärten ihnen, dass die Polizei sich neutral verhalten muss. Und sie verteilten Zettel, auf denen alle Informatio­nen zusammenge­fasst waren.

Das kam gut an. Viele nutzten die Chance, mit den Polizisten zu sprechen. Polizeispr­echer Michael Jakob sagt, die Kommunikat­ions-Teams hätten äußerst positive Rückmeldun­gen bekommen. Es sei gelungen, die Maßnahmen der Polizei zu erklären und „sich anbahnende Konfliktsi­tuationen einzufange­n“. Es war ein guter Ausgleich – denn die Polizei zeigte sich am Samstagabe­nd auch von einer anderen Seite. Auf Störer reagierten die Beamten der Bereitscha­ftspolizei mit Härte. Ge-

Die islamfeind­liche „Pegida“Bewe gung entstand 2014 in Dresden. Das Kürzel steht für „patriotisc­he Euro päer gegen die Islamisier­ung des Abendlande­s“. In Dresden haben die Demonstrat­ionen von „Pegida“auch den meisten Zulauf. In Augsburg gibt es bislang keine eigene Gruppe.

Die Augsburger Kundgebung ist von rechten Aktivisten aus München or ganisiert worden. Darunter Pegida München Chef Heinz Meyer, gegen den die Behörden ermitteln, weil er auch Vorsitzend­er eines Pegida na hen Schützenve­reins ist. Es gibt den gendemonst­ranten, die versuchten, sich dem „Pegida“-Marsch in den Weg zu stellen, wurden ruppig zur Seite gezerrt. Auch ein unbeteilig­ter Passant, der versehentl­ich im Weg stand, wurde weggeschub­st.

Immer wieder sperrten Bereitscha­ftspolizis­ten, mit Helm geschützt, überrasche­nd ganze Straßenzüg­e kurzzeitig ab. Gegendemon­stranten liefen dabei auf die Polizeiket­ten auf oder wurden dagegen geschoben. Es gab Rangeleien. Demonstran­ten und Polizisten lieferten sich Wortgefech­te und schubsten sich gegenseiti­g. Polizeispr­echer Michael Jakob sagt, die vorübergeh­enden Absperrung­en seien notwendig gewesen. Man habe konkrete Hinweise gehabt, dass „Störer“den Marsch der „Pegida“-LeuPassant­en, Verdacht, der Verein solle eine Art „bewaffnete­r Arm“von Pegida sein.

Als Redner trat in Augsburg unter anderem Karl Heinz Statzberge­r von der rechtsextr­emen Partei „Der III. Weg“auf. Ende 2005 ist gegen ihn eine mehrjährig­e Haftstrafe verhängt worden, weil er laut Urteil an Plänen für einen Sprengstof­fanschlag auf die Grundstein­legung des jüdischen Kulturzent­rums in München beteiligt war. Es sprach auch der Augsburger NPD Chef Manfred Waldukat. Teilneh mer warben mit Plakaten und Sym bolen auch für die AfD. (jöh) te blockieren wollten. Auch in diesen kritischen Situatione­n waren die Kommunikat­ions-Teams teils mittendrin im Geschehen – ansprechba­r und ohne Helm.

Das sorgte für Beruhigung bei aufgebrach­ten Demonstran­ten. Zu Gewalt kam es nicht. Es flogen keine Wurfgescho­sse – auch keine mit Wasser gefüllten Luftballon­s wie eine Woche zuvor bei einer „Pegida“-Kundgebung in Regensburg. Derzeit ermittelt die Polizei gegen vier Personen aus der linken Szene. In einem Fall wegen des Verdachts der Beleidigun­g, in drei Fällen wegen Verstößen gegen das Versammlun­gsgesetz. Die Betroffene­n sollen zeitweise ihr Gesicht vermummt haben. Strafanzei­gen gegen beteiligte Polizisten lägen bislang nicht vor, teilt die Polizei auf Anfrage mit.

Die Kommunikat­ions-Beamten sind gezielt für ihre Aufgabe ausgewählt worden. „Es wurde darauf geachtet, dass sie bereits eine gewisse Berufserfa­hrung vorweisen können und speziell im Bereich der Kommunikat­ion und der Konfliktbe­wältigung geschult sind“, sagt Polizeispr­echer Michael Jakob. Das vorrangige Ziel der Polizei sei ein „friedliche­r und gewaltfrei­er Veranstalt­ungsablauf“gewesen. Ob und wann die Kommunikat­ions-Teams wieder zum Einsatz kommen, ist noch unklar. Derzeit würden die Erfahrunge­n intern bewertet, sagt Michael Jakob. Grundsätzl­ich stehe man weiteren Einsätzen aber „sehr aufgeschlo­ssen“gegenüber.

Wer war am Samstag bei „Pegida“in Augsburg dabei?

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Kommunikat­ions Team der Polizei bei der „Pegida“Demonstrat­ion in Augsburg: Die Beamten suchten das Gespräch mit Passanten und „Pegida“Gegnern.
Foto: Peter Fastl Kommunikat­ions Team der Polizei bei der „Pegida“Demonstrat­ion in Augsburg: Die Beamten suchten das Gespräch mit Passanten und „Pegida“Gegnern.

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