Dieselgipfel: Augsburg will Geld vom Bund
Autohersteller und Regierung wollen die Kommunen auf dem Weg zu sauberer Luft unterstützen. Doch wie und ob Augsburg trotz zu hoher Stickoxid-Werte profitieren kann, ist bislang alles andere als klar
Mehr Elektromobilität, Förderung des öffentlichen Nahverkehrs und des Radverkehrs: Diese Maßnahmen sollen helfen, die Stickstoffdioxidwerte in Augsburg zu senken. Dafür möchte die Stadt Geld aus dem eine Milliarde Euro schweren Mobilitätsfonds, den Bundesregierung und Autohersteller zur Vermeidung von Fahrverboten aufgelegt haben, beantragen. Allerdings ist es unsicher, ob die Stadt von dem Geld profitieren wird.
Denn nach letztem Stand war der Fonds für 28 deutsche Städte und Ballungsräume gedacht, die von der EU im Zuge eines Vertragsverletzungsverfahrens wegen zu hoher Schadstoffwerte gegen Deutschland benannt wurden. Augsburg ist nicht darunter. Der aufgeführte „Ballungsraum München“umfasse Augsburg nicht, bestätigte eine Sprecherin der EU-Kommission. Hintergrund dürfte sein, dass aus Augsburg im Jahr 2013 keine verwertbaren Messergebnisse kamen, weil der Innenstadtumbau und der Bau des Radwegs in der Karlstraße, wo die am stärksten belastete Messstation steht, in vollem Gang waren. Das Bundesverkehrsministerium erklärte gestern auf Anfrage, dass noch nicht abschließend geklärt ist, welche Städte Förderung in Anspruch nehmen können. Eine Arbeitsgemeinschaft aus Bund, Ländern und Kommunen soll am 19. September ihre Arbeit aufnehmen, um Förderkriterien zu klären – das betrifft dann auch die Frage, ob Augsburg etwas bekommen könnte.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Claudia Roth fordert, dass auch Augsburg profitiert. „Die beiden Dieselgipfel waren doch letztendlich nicht mehr als Show-Veranstaltungen. Nachdem Frau Merkel im Fernsehduell noch harte Worte gegen die betrügerischen Autobauer gefunden hat, ist sie jetzt auf der Internationalen Autoausstellung schon wieder auf Kuschelkurs gegangen. Die betroffenen Kommunen lässt sie dabei im Regen stehen.“
Die Stadt ist jetzt schon dabei, ein Konzept zusammenzustellen, um an eine Förderung zu kommen. „Wir haben die Erwartung, dass Augsburg berücksichtigt wird“, so Umweltreferent Reiner Erben (Grüne). Aus dem Fonds sollen Intelligente Verkehrssysteme (Stichwort Grüne Welle) und eine Vernetzung von Auto- und öffentlichem Nahverkehr finanziert werden.
Erben verweist darauf, dass vor Ort etwas passieren müsse. „Die an- Software-Updates der Autohersteller werden nicht genug bringen, damit der Grenzwert in Augsburg eingehalten wird“, so Erben mit Verweis auf eine Modellrechnung des Umweltbundesamtes. Die Behörde hatte die zu erwartende Schadstoffminderung anhand der Stadt Mainz für Städte mit eher geringer Grenzwertüberschreitung – wie sie in Augsburg auch der Fall sind – durchgerechnet.
Als eine schnelle Maßnahme prüft das Tiefbauamt, ob der Verkehr in der Grottenau/Leonhardsberg durch andere Ampelschaltungen verflüssigt werden kann. Der andere Ansatz ist, Autoverkehr insgesamt zu reduzieren. Wie viel Fördergelder nach Augsburg fließen könnten, so sie denn überhaupt kommen, ist unklar. Allerdings dürfte der Löwenanteil des Topfes in extrem belastete Ballungsräume wie München und Stuttgart gehen.
Für angekündigte Sonderprogramme abseits des Fonds kommt Augsburg nur begrenzt in Frage: Bei den Taxis sind 28 Prozent bereits jetzt mit Erdgas- oder Hybridantrieb unterwegs. Der Bund will Elektro-Taxis stärker fördern, doch über deren Praxistauglichkeit müsse man mit den Taxifirmen und der -genossenschaft sprechen, so Erben.
Fördern will der Bund auch die Anschaffung von Elektrobussen, doch die Stadtwerke winken ab: Die Technologie sei momentan noch nicht allzu weit, so Sprecher Jürgen Fergg. In Sachen Stickoxid und Feinstaub sei man mit einer kompletten Erdgas-Busflotte seit Jahrzehnten sehr gut aufgestellt. „Wäre Erdgas als Antriebstechnologie vergekündigten breiteter, hätte man die ganze Diskussion momentan nicht“, so Fergg.
Zudem haben die Stadtwerke Pläne, die Zahl ihrer Elektro-Ladestationen von derzeit elf aufzustocken. In einem ersten Schritt seien fünf Schnellladestationen geplant, an denen auch Elektro-Carsharing angeboten werden soll. Inwieweit es dafür Förderung aus dem Diesel-Paket gibt, sei aber unklar, so Fergg.
Wie berichtet hatte der Verband Deutsche Umwelthilfe (DUH) von Augsburg und 44 weiteren Städten im August eine Stellungnahme gefordert, wie sie gedenken, den Stickstoffdioxidwert zu senken. Der Verband hält sich Klagen offen – in Düsseldorf, München und Stuttgart ebneten Gerichtsurteile bereits den Weg für Diesel-Fahrverbote. Die für Augsburg zuständige Regierung von Schwaben (Luftreinhaltung ist Ländersache) hat ein Antwortschreiben verfasst.
Stickstoffdioxid begünstigt Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der zulässige Jahresmittelwert liegt bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. An der Messstation in der Karlstraße wurden vergangenes Jahr 46 Mikrogramm registriert (in München sind es an besonders belasteten Straßen 80 Mikrogramm). »Kommentar