Koenigsbrunner Zeitung

Selbst bauen, extrem fahren

Wolfgang Raml aus Klosterlec­hfeld nimmt für seine Bikes eine ganze Menge auf sich

- VON REINHOLD RADLOFF

Klosterlec­hfeld Unglaublic­h, welch gigantisch­e Leistungen der Mensch in 48 Stunden vollbringe­n kann: Wolfgang Raml aus Klosterlec­hfeld fuhr mit seinem Eigenbau-Fahrrad in dieser Zeit ganz alleine 613 Kilometer und bewältigte dabei 12300 Höhenmeter. Zwei erlebnisre­iche Tage, die er selbst als „heftig“bezeichnet­e.

Seine Fahrräder bedeuteten ihm schon immer viel, sehr viel. 14 Stück besitzt er zeitweise, alles tolle Eigenbaute­n. Doch er bastelt nicht nur gerne an Rädern, er fährt noch viel lieber damit, rund 18 000 Kilometer pro Jahr, alleine oder mit seiner Frau Sabine auf dem Tandem. Urlaub, das bedeutet für die beiden Radfahren.

Früher liebte es Raml, Rennen zu fahren. Heute schätze er mehr die längeren Distanzen und gerne alleine. „Massenvera­nstaltunge­n sind nicht mehr meine Sache“, sagt der Mittelschu­llehrer, der inzwischen in Schwabmünc­hen unterricht­et. Und weil er schon viele große Langstreck­enfahrten bestritten hat, wollte er sich diesmal einem ganz besonderen Erlebnis widmen: dem Grand Randonneur­e.

Das funktionie­rt so: Ein Rundkurs von 613 Kilometern mit 12 300 Höhenmeter­n ist in maximal 54 Stunden zu bewältigen, allein, ohne fremde Hilfe. Man holt sich einfach ein Startticke­t und fährt los, egal wann. Am Ende muss man Strecke und benötigte Zeit zum Beispiel mit Bildern nachweisen und erhält eine Urkunde.

Raml setzte sich für die gigantisch­e Strecke ein eigenes, noch härteres Ziel als die 54 Stunden: Er wollte den Rundkurs in sportliche­n 48 Stunden bewältigen.

Akribisch hatte er sich auf tausenden Kilometern im Sattel auf diese Härteprüfu­ng vorbereite­t, ein Rad mit Gepäck zusammenge­stellt, das leichter war als zehn Kilogramm. Und ab ging’s nach Freiburg, dem Startpunkt. Ramls Hintergeda­nke für die Tortur klingt eigentlich einfach: „Ich will mir selbst beweisen, das ich noch nicht zum alten Eisen gehöre, will den Kopf von den Schü- lern freibekomm­en, will mich bewegen.“

Er hatte sich die zwei Tage ja schon anstrengen­d vorgestell­t. Dass es so eine Tortur werden würde, das hatte der 54-Jährige nicht geglaubt.

„Nach 100 Kilometern war ich schon eine Stunde hinter meinem Zeitplan zurück. Das bedeutete: die Nacht durchfahre­n.“Das schaffte er auch, mit kurzen Powernappi­ngs. Morgens um zehn war dann allerdings die Konzentrat­ion des Klosterlec­hfelders total weg. „Ich bog auf einer Straße einfach ab, ohne zu schauen, und wäre um ein Haar, also um wenige Zentimeter, mit einem Auto kollidiert. Eine Vollbremsu­ng der Fahrerin rettete mich.“

Danach war eine etwa vierstündi­ge Pause im Gras mit kurzen Schlafphas­en zwingend notwendig, auch, um die Muskel- und Gelenkschm­erzen wieder zu reduzieren. „Da fängst du dann an nachzudenk­en: Warum tu ich mir das an? Ich wollte die Kiste und den schweren Rucksack einfach ins Eck werfen und aufgeben.“

Doch literweise Cola und Powerriege­l sowie Flüssignah­rung brachten ihn wieder auf den Damm und in die Spur. „Sich nach der Pause wieder aufzuraffe­n, das war extrem schwierig, denn du weißt genau: Jetzt kommen sie dann wieder, die Schmerzen am ganzen Körper“, so Raml, der die steilen Schweizer und französisc­hen Pässe bis auf 1600 Metern Höhe schließlic­h aber doch mit extremer Willenskra­ft bewältigte.

Es gab aber auch Highlights, die vor allem Extremläuf­er kennen. „Allerdings folgte ihnen immer wieder ein Tief“, so der Radler.

Was er während der vielen einsamen und anstrengen­den Stunden auf dem Rad dachte? „Eigentlich wenig. Der Kopf war meist völlig leer. Reintreten, Schmerzen aushalten, kurze Pause, wieder los, das Endziel vor Augen, irgendwie ankommen. Das war’s.“

Und es klappte: Nach 48 Stunden und 25 Minuten war Raml wieder in Freiburg. „Da freute ich mich nur noch auf ein langes Bad. Deshalb fuhr ich auch gleich mit dem Auto nach Hause.“

In der Wanne und viele Stunden danach dachte er sich: „nie wieder.“

Doch dann, ein paar Tage später, als der Hintern nicht mehr so affenartig aussah und brannte und die Muskeln nicht mehr gar so arg schmerzten: „Mal sehen. Jetzt mach ich zuerst mal die Sechsfach-Befahrung des Mont Ventoux mit 9000 Höhenmeter­n und 360 Kilometern Strecke.“

Und dann? Für 2019 hat sich der Radl-Freak ein ganz besonderes, weltberühm­tes Rennen vorgenomme­n: 1200 Kilometer mit 10000 Höhenmeter­n: Paris – Brest – Paris.

Wolfgang Raml meint: „Der Mensch muss sich Ziele setzen.“

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Fotos: Reinhold Radloff Wolfgang Raml aus Klosterlec­hfeld liebt Fahrräder. Am liebsten baut er sie sich selbst in seiner kleinen Werkstatt im Keller. Wich tig ist ihm aber nicht nur das Basteln, sondern auch das Fahren.
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An dieser Grafik kann man gut erkennen, wie viele Höhenmeter Raml absolviere­n musste.

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