Koenigsbrunner Zeitung

Applaus für den Ausrutsche­r

Wie Franziska Wanninger auch eine außerorden­tliche Situation in der Schwabmünc­hner Buchhandlu­ng Schmid übersteht

- VON REINHOLD RADLOFF

Schwabmünc­hen Stark erkältet mit allen üblen Nebenersch­einungen rückte die Kabarettis­tin Franziska Wanninger in der Buchhandlu­ng Schmid zu ihrem Auftritt an. Zunächst bemerkte es niemand, bis am Ende eine einmalige Situation eintrat. Eigentlich war es ja gar kein richtiger Auftritt. Denn Franziska Wanninger erzählte ständig davon, dass die Menschen in der Buchhandlu­ng nur Testperson­en für die Gags sind, die anschließe­nd in der Stadthalle krachen oder bei einer späteren Aida-Kreuzfahrt funktionie­ren sollen. Und dann plauderte sie einfach locker drauflos, und das in ihrem angenehm bayerische­n Dialekt, zum Beispiel, dass auf der Bühne stehen so etwas Ähnliches wie Prostituti­on ist, dass niemand freiwillig Lehrerin wird, auch wenn man diesen Beruf studiert hat wie sie. Doch sie war auch sprachlich flexibel, kämpfte sich durchs Württember­gische und Hochdeutsc­he.

Und dann erzählte sie immer wieder von der Tante Elfriede, die zum Beispiel so geizig ist, dass sie sich nach ihrem Tod nur bis zur Hüfte eingraben lässt, damit sie ihr Grab selbst pflegen kann. Doch ihr Themenspek­trum reicht auch bis zur Cellulite und zum Thermomix.

Eigentlich fühlt sie sich ja ständig benachteil­igt. Doch von einem Glücksmome­nt erzählt sie dann doch, nämlich als der Bus so spät dran war wie sie selbst auch. Und sie versteht es, auch sich durch den Kakao zu ziehen. Zum Beispiel bezeichnet sie ihren „fetten Arsch als powered bei Ferrero“. Und da sind sie wieder, ihre gespielten Minderwert­igkeitskom­plexe. Denn wer sich so frech und frei auf die Bühne stellt, so heftige Grimassen zieht und seine etwas üppige Figur locker zur Schau stellt, der kann nicht sehr unter sich selbst leiden.

Allerdings: Die ehemalige Altöttinge­r Einödbäuer­in schlüpft am liebsten in Männerroll­en und beherrscht sie auch. „Mannsbilde­r sind einfach offener, freier und stehen mehr zu sich“, sagt sie nach dem Abend in der Buchhandlu­ng Schmid, der ihr noch lange in Erinnerung bleiben wird. Denn gegen Ende bei einem Lied fällt ihr mittendrin einfach der Text nicht mehr ein, und danach gleich nochmals. „Die Krankheit, die Tabletten“, meint sie und steht den dritten Anlauf durch. Das Publikum nahm’s ihr nicht krumm. Es hatte so viel Spaß an diesem Abend mit der inzwischen hoch dekorierte­n Kabarettis­tin, dass sogar die kleinen Ausrutsche­r mit viel Applaus bedacht wurden.

 ??  ?? Verschiede­nste Gemütslage­n drückt Franziska Wanninger mit ihrer außerorden­tlichen Gestik aus.
Verschiede­nste Gemütslage­n drückt Franziska Wanninger mit ihrer außerorden­tlichen Gestik aus.
 ?? Fotos: Reinhold Radloff ??
Fotos: Reinhold Radloff
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany