Koenigsbrunner Zeitung

Dieses Bier ist anders

Auf dem Lechfeld gibt es einen neuen Verein: Brauwerk Graben. Die Getränke schmecken nach Ananas, Mango oder Kokosnuss. Die beiden Vorsitzend­en sprechen über ihre (Miss-)Erfolge und Geheimniss­e des Bierbrauen­s

- VON MICHAEL LINDNER

Graben Thomas Jungbauer und Günter Bäumler sitzen an einem großen, achteckige­n Esstisch. Darauf stehen eine Bierflasch­e und zwei Gläser. Es sind aber nicht irgendwelc­he Biergläser oder gar Maßkrüge; es sind spezielle Sommelier-Biergläser. Jungbauer und Bäumler schenken sich das bereitgest­ellte Bier ein, aber nur in geringer Menge. Welches Bier es ist, ist für den Außenstehe­nden nicht zu erkennen – das Etikett fehlt. Nach dem Einschenke­n riechen Jungbauer und Bäumler an dem Getränk, schwenken das Glas, begutachte­n die Farbe – und nehmen einen ersten Schluck. Dass sie diesen genießen, sieht man ihnen an. Denn darum geht es den beiden: um Genuss.

Ihre Zielgruppe sind Hobbybraue­r und solche, die es werden möchten, betonen die beiden Vorsitzend­en des neu gegründete­n Vereins Brauwerk Graben immer wieder. „Wir trinken uns keinen an und sind auch kein Trinkerfor­um“, sagt Bäumler. Er und Jungbauer möchten ihr Wissen über Bier und dessen Zutaten weitergebe­n, sich einfach mit Gleichgesi­nnten austausche­n. Bäumler ist jemand, der Dinge gerne ausprobier­t: Er räuchert, wurstet, backt Brot. „Die traditione­lle Form des Haushaltfü­hrens ist sehr wertvoll“, sagt er.

Vor sechs Jahren hat Bäumler deshalb mit dem Brauen angefangen, an seinen ersten Versuch erinnert er sich ungern zurück: „Das ist irgendwas geworden, und ich habe es auch getrunken. Aber heute würde ich das nicht mehr probieren“, sagt der 54-Jährige und lacht. Nach dieser wenig erfolgreic­hen Premiere hörte er für etwa eineinhalb Jahre auf. Dann machte er einen Braukurs, informiert­e sich bei einer Bekannten und entwickelt­e Freude an dem anspruchsv­ollen Hobby. Die Ergebnisse, sprich das Bier, wurden besser und besser.

Vor etwa eineinhalb Jahren infizierte Bäumler seinen Bekannten Thomas Jungbauer mit dem CraftBier-Virus. Spätestens nach einem Braukurs war auch das Interesse des 53-Jährigen an dem handwerkli­ch gebrauten Bier geweckt: Er las viel, unterhielt sich mit Brauern, machte weitere Kurse. „Ich erfahre gerne die Hintergrün­de und dachte dann: ,Mensch, das mache ich doch selbst.‘ “Von Bäumler lernte er viel, auch wenn er noch nicht all seine Vorschläge umgesetzt hat. Denn noch arbeitet Jungbauer beispielsw­eise mit Farbpunkte­n auf den Verschlüss­en der Bierflasch­en. „Aber langsam gehen mir die Farben aus“, sagt der 53-Jährige und lacht. Deswegen wird er die Flaschen bald etikettier­en, um die verschiede­nen Getränke unterschei­den zu können – so wie Bäumler.

Für ihre eigenen Bierkreati­onen benötigen die beiden nicht viele Zutaten: Wasser, Malz, Hopfen und Hefe – so wie es das Reinheitsg­ebot aus dem Jahr 1516 vorschreib­t. Entscheide­nd für den Geschmack sei der Hopfen; etwa 120 Sorten gebe es, die sich für das Brauen eignen, sagt Bäumler. Manche haben Zitrusarom­en, andere schmecken nach Mango, Maracuja oder Grapefruit. Mehr als 40 verschiede­ne Biere haben die beiden schon gebraut – sehr gut komme ihr Craft Bier mit dem japanische­n Sorachi-Ace-Hopfen an. Dieser habe das Aroma von Kokosnuss und Ananas, das Bier ähnelt einem Piña-Colada-Cocktail.

Diese Geschmacks­vielfalt ist laut Bäumler auch ein Grund dafür, warum viele Frauen die Craft Biere mögen. Die beiden erfüllt es mit Stolz, wenn sie Gästen ihr eigenes Bier anbieten können und es gut ankommt. Doch nicht jedes Ergebnis ist „himmelhoch jauchzend“, gibt Bäumler zu.

Als Hobbybraue­r betrete er immer wieder Neuland, werde aber auch immer besser. Es sei eine „Wissenscha­ft für sich“und nicht umsonst ein Lehrberuf, macht Jungbauer deutlich. Deshalb können beim Brauen manchmal auch Bierfehler vorkommen; also etwas, das nicht zur Stilistik des jeweiligen Biers gehört. Das können Bananenode­r Vanillearo­men im Pils sein, die im Hefeweizen aber durchaus willkommen sind. So ein Fehler soll natürlich nicht geschehen.

Über solche Bierfehler wird Bäumler beim nächsten Stammtisch im Gräbinger Kulturzent­rum referieren. Das ist auch einer der Gründe, warum die beiden Hobbybraue­r einen Verein gründeten. Grabens Bürgermeis­ter Andreas Scharf habe es ihnen nahegelegt, damit sie ins Kulturzent­rum können, sagen die beiden. Wer selbst Bier brauen

möchte, soll laut den beiden Vorsitzend­en zunächst einen Braukurs besuchen, sich mit Experten unterhalte­n und viel über diese „Wissenscha­ft“lesen. Außerdem benötige man viel Geduld. Vom Brauen bis zum Trinken vergehen etwa drei Wochen. Wichtig sei außerdem die Hygiene. „Die Hälfte der Zeit ist putzen“, sagt Bäumler.

In einem Brauprotok­oll werden alle Informatio­nen über das jeweilige Bier festgehalt­en: Wann kommen welcher Hopfen und welche Hefe in welchen Mengen dazu? Wie hoch ist die Temperatur? Nur so können Biere wieder exakt gebraut und Fehler vermieden werden.

Für ihre Craft Biere verwenden die Vorsitzend­en nur hochwertig­e Rohstoffe, die meist über das Internet gekauft werden. Geld sparen könne man durch das Brauen in den eigenen vier Wänden nicht, sagt Jungbauer. „Mich interessie­rt es auch gar nicht, was das eigene Bier kostet. Ich mache das gerne, als Hobby.“

Bis zu 200 Liter Bier im Jahr darf übrigens jeder für sich steuerfrei brauen. Wer mehr möchte, muss es beim Zoll anmelden. Diese Biersteuer beträgt pro 100 Liter nur ein paar Euro, erzählt Bäumler. Doch diese Menge haben die beiden Hobbybraue­r noch nie erreicht. Denn es geht ihnen bekanntlic­h um den Genuss, und nicht ums Trinken.

„Bierbrauen ist eine Wissenscha­ft für sich.“

Thomas Jungbauer

Termin Der Verein will Hobby und Freizeitbr­auern ein regionales Forum zum Erfahrungs­austausch und Fachinfor mationen bieten. Der nächste Stamm tisch mit dem Vortrag „Bierfehler“findet im Kulturzent­rum Graben am Samstag, 4. November, um 19 Uhr statt. Weitere Informatio­nen beim Vorsitzend­en Tho mas Jungbauer, Telefon 08232/189214.

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Foto: Michael Lindner Thomas Jungbauer (links) und Günter Bäumler gründeten den Verein Brauwerk Graben. Mit anderen Hobbybraue­rn möchten sie ihr Wissen zum Thema Bier teilen.

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