Dieses Bier ist anders
Auf dem Lechfeld gibt es einen neuen Verein: Brauwerk Graben. Die Getränke schmecken nach Ananas, Mango oder Kokosnuss. Die beiden Vorsitzenden sprechen über ihre (Miss-)Erfolge und Geheimnisse des Bierbrauens
Graben Thomas Jungbauer und Günter Bäumler sitzen an einem großen, achteckigen Esstisch. Darauf stehen eine Bierflasche und zwei Gläser. Es sind aber nicht irgendwelche Biergläser oder gar Maßkrüge; es sind spezielle Sommelier-Biergläser. Jungbauer und Bäumler schenken sich das bereitgestellte Bier ein, aber nur in geringer Menge. Welches Bier es ist, ist für den Außenstehenden nicht zu erkennen – das Etikett fehlt. Nach dem Einschenken riechen Jungbauer und Bäumler an dem Getränk, schwenken das Glas, begutachten die Farbe – und nehmen einen ersten Schluck. Dass sie diesen genießen, sieht man ihnen an. Denn darum geht es den beiden: um Genuss.
Ihre Zielgruppe sind Hobbybrauer und solche, die es werden möchten, betonen die beiden Vorsitzenden des neu gegründeten Vereins Brauwerk Graben immer wieder. „Wir trinken uns keinen an und sind auch kein Trinkerforum“, sagt Bäumler. Er und Jungbauer möchten ihr Wissen über Bier und dessen Zutaten weitergeben, sich einfach mit Gleichgesinnten austauschen. Bäumler ist jemand, der Dinge gerne ausprobiert: Er räuchert, wurstet, backt Brot. „Die traditionelle Form des Haushaltführens ist sehr wertvoll“, sagt er.
Vor sechs Jahren hat Bäumler deshalb mit dem Brauen angefangen, an seinen ersten Versuch erinnert er sich ungern zurück: „Das ist irgendwas geworden, und ich habe es auch getrunken. Aber heute würde ich das nicht mehr probieren“, sagt der 54-Jährige und lacht. Nach dieser wenig erfolgreichen Premiere hörte er für etwa eineinhalb Jahre auf. Dann machte er einen Braukurs, informierte sich bei einer Bekannten und entwickelte Freude an dem anspruchsvollen Hobby. Die Ergebnisse, sprich das Bier, wurden besser und besser.
Vor etwa eineinhalb Jahren infizierte Bäumler seinen Bekannten Thomas Jungbauer mit dem CraftBier-Virus. Spätestens nach einem Braukurs war auch das Interesse des 53-Jährigen an dem handwerklich gebrauten Bier geweckt: Er las viel, unterhielt sich mit Brauern, machte weitere Kurse. „Ich erfahre gerne die Hintergründe und dachte dann: ,Mensch, das mache ich doch selbst.‘ “Von Bäumler lernte er viel, auch wenn er noch nicht all seine Vorschläge umgesetzt hat. Denn noch arbeitet Jungbauer beispielsweise mit Farbpunkten auf den Verschlüssen der Bierflaschen. „Aber langsam gehen mir die Farben aus“, sagt der 53-Jährige und lacht. Deswegen wird er die Flaschen bald etikettieren, um die verschiedenen Getränke unterscheiden zu können – so wie Bäumler.
Für ihre eigenen Bierkreationen benötigen die beiden nicht viele Zutaten: Wasser, Malz, Hopfen und Hefe – so wie es das Reinheitsgebot aus dem Jahr 1516 vorschreibt. Entscheidend für den Geschmack sei der Hopfen; etwa 120 Sorten gebe es, die sich für das Brauen eignen, sagt Bäumler. Manche haben Zitrusaromen, andere schmecken nach Mango, Maracuja oder Grapefruit. Mehr als 40 verschiedene Biere haben die beiden schon gebraut – sehr gut komme ihr Craft Bier mit dem japanischen Sorachi-Ace-Hopfen an. Dieser habe das Aroma von Kokosnuss und Ananas, das Bier ähnelt einem Piña-Colada-Cocktail.
Diese Geschmacksvielfalt ist laut Bäumler auch ein Grund dafür, warum viele Frauen die Craft Biere mögen. Die beiden erfüllt es mit Stolz, wenn sie Gästen ihr eigenes Bier anbieten können und es gut ankommt. Doch nicht jedes Ergebnis ist „himmelhoch jauchzend“, gibt Bäumler zu.
Als Hobbybrauer betrete er immer wieder Neuland, werde aber auch immer besser. Es sei eine „Wissenschaft für sich“und nicht umsonst ein Lehrberuf, macht Jungbauer deutlich. Deshalb können beim Brauen manchmal auch Bierfehler vorkommen; also etwas, das nicht zur Stilistik des jeweiligen Biers gehört. Das können Bananenoder Vanillearomen im Pils sein, die im Hefeweizen aber durchaus willkommen sind. So ein Fehler soll natürlich nicht geschehen.
Über solche Bierfehler wird Bäumler beim nächsten Stammtisch im Gräbinger Kulturzentrum referieren. Das ist auch einer der Gründe, warum die beiden Hobbybrauer einen Verein gründeten. Grabens Bürgermeister Andreas Scharf habe es ihnen nahegelegt, damit sie ins Kulturzentrum können, sagen die beiden. Wer selbst Bier brauen
möchte, soll laut den beiden Vorsitzenden zunächst einen Braukurs besuchen, sich mit Experten unterhalten und viel über diese „Wissenschaft“lesen. Außerdem benötige man viel Geduld. Vom Brauen bis zum Trinken vergehen etwa drei Wochen. Wichtig sei außerdem die Hygiene. „Die Hälfte der Zeit ist putzen“, sagt Bäumler.
In einem Brauprotokoll werden alle Informationen über das jeweilige Bier festgehalten: Wann kommen welcher Hopfen und welche Hefe in welchen Mengen dazu? Wie hoch ist die Temperatur? Nur so können Biere wieder exakt gebraut und Fehler vermieden werden.
Für ihre Craft Biere verwenden die Vorsitzenden nur hochwertige Rohstoffe, die meist über das Internet gekauft werden. Geld sparen könne man durch das Brauen in den eigenen vier Wänden nicht, sagt Jungbauer. „Mich interessiert es auch gar nicht, was das eigene Bier kostet. Ich mache das gerne, als Hobby.“
Bis zu 200 Liter Bier im Jahr darf übrigens jeder für sich steuerfrei brauen. Wer mehr möchte, muss es beim Zoll anmelden. Diese Biersteuer beträgt pro 100 Liter nur ein paar Euro, erzählt Bäumler. Doch diese Menge haben die beiden Hobbybrauer noch nie erreicht. Denn es geht ihnen bekanntlich um den Genuss, und nicht ums Trinken.
„Bierbrauen ist eine Wissenschaft für sich.“
Thomas Jungbauer
Termin Der Verein will Hobby und Freizeitbrauern ein regionales Forum zum Erfahrungsaustausch und Fachinfor mationen bieten. Der nächste Stamm tisch mit dem Vortrag „Bierfehler“findet im Kulturzentrum Graben am Samstag, 4. November, um 19 Uhr statt. Weitere Informationen beim Vorsitzenden Tho mas Jungbauer, Telefon 08232/189214.