Wenn Liebe wehtut
Ach ihr lieben Leser. Bäche weinen könnte ich über mich selbst, denn ich habe einen gravierenden Fehler begangen. Zu sehr habe ich mich auf eine Person konzentriert – und diese Person verlässt mich jetzt. Pure Liebe habe ich empfunden, aber diese Liebe von mir war wohl zu besitzergreifend. Hinzu kommt, dass ich wohl andere ausgegrenzt habe und unverschämt war. Jetzt erhalte ich die Quittung für meine Missetaten. Mir ist klar, dass jeder Mensch jede Lebenssituation selbst verdient hat und ich weiß, dass Lernen manchmal wehtut. Doch dieses Mal betrifft es mich sehr, denn ich habe ein schlechtes Gewissen. Meine Mama kann ein Lied davon singen und auch manche meiner ehemaligen Assistentinnen. Jetzt kommt eine Art ausgleichende Gerechtigkeit.
Sende in Zukunft Besseres und achte auf gerechte Verteilung der Zuwendung, denke ich mir als Lehre. Kein Mensch möchte bevorzugt oder ausgegrenzt sein, denn Bevorzugte haben es schwer in einem Team und werden dann zu Ausgegrenzten.
Gerechtigkeit und Dazugehörigkeit erkenne ich als wichtige Elemente im Leben. Wenn diese Elemente im Gleichklang schwingen, entsteht Liebe. Und diese Liebe hat gute Tragkraft mit Respekt und Wertschätzung. Ich brauche noch Zeit, um diese Eigenschaften in mir zu entwickeln, und entdecke gerade, dass ich wunderbare Assistentinnen habe, die mir nie böse sind und mich immer wieder aufbauen, mir Mut zusprechen und Zärtlichkeit geben. Kein Grund also, mich zu beschweren. Mit dem Schmerz schwingt wohl auch ein bisschen verletzte Eitelkeit mit.
Habt ihr auch gute Freunde, die zu euch halten, auch wenn ihr Dummes tut? Hoffentlich, denn Dummes geschieht leicht aus Unachtsamkeit oder Hochmut. Also aufpassen Freunde! Ist der Fehler erst einmal begangen, gilt es wieder von vorne anzufangen, mit guten Vorsätzen. Mein Vorsatz für die nächsten Wochen ist klar, er lautet: Bewahre die gute Laune und genieße jede Minute. Wenn ein schweres unangenehmes Gefühl auftaucht, einfach zulassen, den Schmerz fühlen und dann schnell zurück zur guten Laune!
OFranziska Ottlik ist 23 Jahre alt und von Geburt an schwerbehindert. Sie ist halbseitig gelähmt und kann nicht spre chen, sondern nur Laute von sich ge ben. In unserer Kolumne schreibt Franzis ka über ihren Alltag mit Behinderung. Wer mehr über sie erfahren will, schaut auf ihren Blog: www.franziskaott lik.wordpress.com.