Damit alle Augsburger am Alltag teilhaben können
Viele Menschen mit Behinderung stoßen in der Stadt noch immer auf Hürden. Jeder kann dazu beitragen, dass sich dies ändert. Die Stadt hat eine Aktion gestartet, an der alle Bürger teilnehmen können
Augsburg ist an vielen Stellen nicht barrierefrei. Wo gibt es Handlungsbedarf? Andrea Bayer: An vielen Orten wird derzeit etwas getan. Die Stadtwerke richten immer mehr barrierefreie Haltestellen ein, das Standesamt erhält einen Aufzug, der Bahnhof wird barrierefrei. Wo es noch hakt, will die Stadt derzeit durch eine Bürgerbeteiligung und eine Bürgerwerkstatt in Erfahrung bringen.
Suchen Sie dort weitere Beispiele, wo etwas getan werden muss. Bayer: Ja, zum einen schon. Es gibt viele Orte in Augsburg, an denen Menschen mit Behinderung oder Menschen, die nicht gut zu Fuß sind, Probleme haben – etwa am Hofgarten. Es gibt seitlich einen barrierefreien Eingang, wo auch Rollstuhlfahrer hineinfahren können. Doch der Gehweg ist oft durch Fahrräder versperrt. Dort kommt dann kein Rollstuhlfahrer mehr vorbei. Wir wollen bei der Erstellung des Aktionsplans etwas über die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung erfahren.
Woran denken Sie da genau? Bayer: Es gibt verschiedene Gruppen. Wir wollen herausfinden, was eine werdende Mutter braucht, die erfahren hat, dass ihr Kind wahr- scheinlich mit einer Behinderung auf die Welt kommen wird. Was benötigen Menschen mit Behinderung, die zwischen 20 und 40 sind, die von ihren Eltern ausziehen, einen Beruf ergreifen und eine Familie gründen wollen? Natürlich haben auch ältere Menschen mit Handicap besonderen Bedarf.
Der Aktionsplan geht nicht nur Menschen mit Behinderung etwas an. Wer fällt noch in die Zielgruppe?
Statistik In Augsburg leben insge samt 32 700 Personen mit einer Be hinderung. Davon sind 24 900 Frauen, Männer und Kinder schwerbehin dert, das entspricht acht Prozent aller Einwohner. Davon haben 13 600 Personen eine schwere Gehbehinde rung, 380 Personen sind blind. Rund 2900 Personen werden als hilflos beschrieben, 6600 Personen haben die Berechtigung zu einer Begleitper son. Rund 14 100 Menschen mit ei ner Behinderung sind älter als 65 Jah re.
Fragebogen Die Stadt will gemein sam mit den Bürgern den Aktions plan Inklusion erarbeiten. Deshalb können seit Mitte September bis Bayer: Schnell kann es passieren, dass man beispielsweise nicht so laufen kann, wie man will. Das kann an einer Operation liegen oder an einem Bandscheibenvorfall. Diese Personen freuen sich dann natürlich auch über Barrierefreiheit.
Die Erstellung eines Aktionsplans Inklusion ist in einem Stadtratsbeschluss begründet. Wie kam es dazu? Bayer: 2006 wurde die UN-Behindertenrechtskonvention verabschie- Ende November alle Augsburger mit und ohne Behinderung einen Frage bogen ausfüllen. Er ist online unter: www.augsburg.de/inklusion abruf bar. Ihn gibt es auch in Papierform – dabei sowohl in leichter Sprache als auch in Alltagssprache. Der Fragebo gen liegt in den Bürgerbüros, Bür gerinformation und Stadtbücherei aus.
Bürgerwerkstatt Das öffentliche Beteiligungsverfahren mündet in ei ner Bürgerwerkstatt am Samstag, 14. Oktober, ab 9.30 Uhr, im Kongress am Park. Wer teilnehmen möchte, kann sich im städtischen Sozialreferat unter Telefon 0821/324 4333 oder per E Mail unter: sozialplanung@ augsburg.de anmelden. (ziss) det. 2008 ist sie in Kraft getreten. Sie besagt unter anderem, dass Voraussetzungen geschaffen werden müssen, damit Menschen mit Behinderung die Teilhabe an einem Leben ermöglicht wird, das Menschen ohne Behinderung als normal ansehen. Das betrifft alle Lebensbereiche wie Leben, Wohnen, Arbeiten, Familie. Es wurden daraufhin auch in Deutschland auf unterschiedlichen Ebenen Gremien gegründet, die sich dieser Aufgabe widmen. Der Augsburger Stadtrat beschloss 2014, einen städtischen Aktionsplan zu erarbeiten. Dafür wurde meine Stelle geschaffen.
Was haben Sie vorher gemacht? Bayer: Ich war bei der Caritas in der Seniorenfachberatung und in der allgemeinen Sozialberatung beschäftigt. Seit dem 1. Juli 2016 bin ich im städtischen Sozialreferat in der Fachstelle Inklusion tätig.
Was ist bislang passiert? Bayer: Es wurde ein Beraterkreis gegründet, dem Vertreter aus Politik, Verwaltung, verschiedenen Trägern von Beratungsstellen angehören. Insgesamt sind das 35 Personen, die sich regelmäßig getroffen haben und an dem Aktionsplan arbeiten. Seit Mitte September gibt es einen Fragebogen, der sowohl im Internet zu finden ist, als auch in Papierform ausgefüllt werden kann (siehe Info).
Was wird dort beispielsweise erfragt? Bayer: Ob es gute Wohnbeispiele für Menschen mit Behinderung gibt, welche Wünsche es in Sachen Mobilität und Bildung in der Stadt gibt, ob man sich sozial gut eingebunden fühlt ...
Was passiert in der Bürgerwerkstatt und für wen ist sie gedacht? Bayer: Jeder interessierte Bürger mit und ohne Behinderung kann daran teilnehmen. Bei der Bürgerwerkstatt wird beispielsweise Autor Florian Sitzmann einen Vortrag halten. Er ist Leistunssportler am Handbike. Es wird Arbeitsgruppen zu den Handlungsfeldern Wohnen und Leben, Mobilität, Gesundheit, Bildung und Lernen, Kultur und Freizeit und Arbeit und Beschäftigung geben. Den musikalischen Abschluss bildet das inklusive Duo Tiefenbacher und Weh.
Menschen mit Behinderung in Augsburg
Interview: Miriam Zißler