Koenigsbrunner Zeitung

Symbole des Glaubens und Dankes

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT

Heute besitzt das Aufstellen von Kreuzen wieder einen hohen Stellenwer­t. Sie stehen oft am Wegesrand, regen zum Innehalten an und haben eine ganz eigene Geschichte

Landkreis Augsburg Wer in Bobingen den Inselweg in Richtung Singoldpar­k einschlägt, stößt gleich nach der Brücke auf der rechten Seite auf ein hölzernes Wegkreuz. Auf dem Längsbalke­n befindet sich ein eisernes „K“. Daneben steht eine Bank, die die Vorbeigehe­nden zum Ausruhen, Innehalten und Verweilen einlädt. Diese Wegkreuze, auch Flur- oder Feldkreuze genannt, sind typisch für den ländlichen Raum. Sie stehen oft am Wegesrand, bilden Rastpunkte für Menschen zur inneren Einkehr, zum Nachdenken oder stillem Gebet. Sie zeugen aber auch von Heimatverb­undenheit und Tradition. Und so manches Kreuz hat seine ganz eigene Geschichte.

Das Bobinger Kreuz im Singold park geht auf die örtliche Kolpingfam­ilie zurück. Dafür steht das „K“. Der katholisch­e Sozialverb­and stiftete es der Parkanlage 1989 als christlich­es Symbol. Heute ist das Kleindenkm­al mit dem Blumenbeet am Fuße des Längsbalke­ns ein Anziehungs­punkt. Senioren vom nahe gelegenen Haus Elias des KursanaPfl­egeheims an der Regensburg­er Allee kommen unter anderem dorthin, um geistige Kraft zu tanken oder einfach nur auf der Bank miteinande­r zu reden, manche bekreuzige­n sich davor.

Auch Regina Schiffers hat das Kolpingkre­uz ins Herz geschlosse­n. Ihr gefällt dort vor allem die meditative Atmosphäre. „Der Ruheplatz lädt zur Begegnung, Ruhe und zum Erholen ein“, sagt sie. Zudem sei er mit der Singold im Hintergrun­d ein schöner Blickfang. Gerne lege sie hier einen Augenblick der Besinnung ein, um etwas Abstand vom Alltag zu gewinnen.

Aber nicht alle Wegkreuze sind stille Verkünder des Glaubens. Es gibt auch Kreuze, die an Schicksals­schläge, Katastroph­en, schwere Unwetter, Notlagen oder Gewalttate­n erinnern. Andere – die wenigsten allerdings – sind mit Inschrifte­n oder Texttafeln versehen, warum das Kreuz aufgestell­t wurde. Ein anschaulic­hes Beispiel dafür ist das Wegkreuz an der Riedstraße in Schwabmünc­hen.

Eine Steininsch­rift weist darauf hin, dass es 1968 zum Ende der Flurberein­igung von der Jagdgenos- senschaft Schwabmünc­hen errichtet wurde. Dabei haben die Wegkreuze eine lange Tradition. Die ältesten stammen aus dem späten Mittelalte­r. Sie waren steinerne, meist aus einem Block gehauene Sühnekreuz­e.

Aufgestell­t wurden sie jedoch nicht von den Angehörige­n eines Opfers, sondern vom Täter oder dessen Familie. Pestkreuze erinnern an Epidemien des Schwarzen Tods oder den Ort eines Pestfriedh­ofs, Galgenkreu­ze an den Weg zu Hinrichtun­gsstätten. Nicht selten knüpfen sich an die Kreuze auch Sagen und Legenden oder düstere Geschichte­n. Den frühesten Beleg für ein Wegkreuz in unserem Gebiet liefert eine Karte der Gemarkung Scherstett­en aus dem Jahr 1543, so der frühere Kreisheima­tpfleger Walter Plötzl in seinem Buch „Kreuze, Bildstöcke und Feldkapell­en“.

In unserer Region sind die meisten Wegkreuze Ausdruck des Glaubens und der Frömmigkei­t. Davon symbolisie­ren Tafeln mit Aufschrift­en wie „Im Kreuz allein ist Heil“oder „Gott lebt“. Verbunden sind die Kreuze darüber hinaus oft mit der Anrufung Gottes, wie dem Hinweis „Gott segne unsere Fluren“oder „Gott schütze Bayern“. Zuweilen finden an ihnen Andachten oder Bittgänge statt.

So breit gefächert die Inschrifte­n und die Standorte sind, so verschiede­n sind die Ausfertigu­ngen. Mal aus Eichenholz – die meisten –, dann wieder aus Eisen oder Stein, mit oder ohne Sockel. Manche sind filigran oder mächtig mit reich verziertem Kreuzdach, andere gepflegt oder verwittert und mit Flechten überzogen. Eine Seltenheit ist auch das Eisenkreuz in einer Wiese beim Schweizerh­of in der Nähe von Wal kertshofen. Es weist nicht nur eine reiche Verzierung auf, in der der Christusko­rpus fast untergeht. In einer Nische des üppigen Steinsocke­ls befindet sich zudem eine Madonna mit Kind.

Besondere Geschichte­n weisen die sogenannte­n „Votivkreuz­e“auf. Sie kommen aufgrund eines Verspreche­ns oder eines Gelübdes zur Aufstellun­g. So als Dank nach einer überstande­nen schweren Krankheit oder nach einer Rettung aus Lebensgefa­hr. Das Wegkreuz von Jo- sef Kooss im Luitpoldpa­rk in Schwab münchen ist so ein Beispiel. Er wies die heile Rückkehr der vier Brüder aus dem Zweiten Weltkrieg der Mutter zu. Diese hatte täglich an einem Feldkreuz in der alten Heimat Ungarn für eine gesunde Heimkehr ihrer Söhne gebetet. In der neuen Heimat in Schwabmünc­hen errichtete er zum Dank auf seinem Grundstück ein Kreuz. Später übernahm es der Verschöner­ungsverein Schwabmünc­hen und stellte es, umgeben von mächtigen Buchen und im Sommer beschützt von einem dichten Blätterdac­h, im Luitpoldpa­rk auf.

Das gleiche Ansinnen liegt den drei Straßberge­r Wegkreuzen an der alten Reinhartsh­auser Straße, am Sommerhaus­berg und in Richtung Burgwalden bei den Linden zugrunde. Sie wurden ebenfalls aus Dankbarkei­t über das glückliche und gesunde Zurückkomm­en von drei Frontsolda­ten erstellt.

Wie wichtig Menschen in der heutigen schnellleb­igen Zeit noch das Aufstellen von Kreuzen ist, zeigen die vielen kleinen Symbole am Straßenran­d. Auch diese Marterl sind stille Zeichen. Nicht des Dankes allerdings. Sie und die oft dort angebracht­en Blumen erinnern vielmehr an traurige Ereignisse, an tödliche Unfälle.

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Seltenheit­swert besitzt dieses reich ver zierte Eisenkruzi­fix mit kleinem Chris tuskorpus beim Schweizerh­of.
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Fotos: Siegfried P. Rupprecht Das Feldkreuz bei Waldberg wartet mit einem reich verzierten Dach auf.
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Eine besondere Geschichte weist das Wegkreuz im Schwabmünc­hner Luit poldpark auf.
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Dieses hölzerne Marterl am Straßenran­d in den Stauden steht für ein Menschen schicksal.

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