Koenigsbrunner Zeitung

Wenn Steuergeld im Mülleimer landet

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Die staatliche­n Einnahmen klettern von Rekord zu Rekord. Das verleite, nicht auf den Cent zu schauen, rügt der Steuerzahl­erbund seit Jahren. Und listet die krassesten Beispiele auf

Berlin Ob „Pannen-Parkhaus“, ein „High-Tech-Mülleimer“oder der „längste Schwarzbau“Deutschlan­ds – der Staat verschleud­ert aus Sicht des Steuerzahl­erbundes weiter Geld für zweifelhaf­te Projekte. Wie hoch das tatsächlic­he Ausmaß der Verschwend­ung sei, könne zwar niemand genau sagen. „Aber es sind Milliarden­beträge“, kritisiert­e Verbandspr­äsident Reiner Holznagel am Donnerstag in Berlin. Er forderte bei der Vorlage des aktuellen „Schwarzbuc­hes“des Verbandes die künftige Regierungs­koalition zu einem schärferen Vorgehen gegen die Steuergeld­verschwend­ung auf.

Darin listet der Steuerzahl­erbund jedes Jahr auf, wo Bund, Länder oder Kommunen nach seiner Meinung sorglos mit dem Geld der Bürger umgehen – durch Fehlplanun­gen, Nachlässig­keiten oder fragwürdig­e Projekte. Im aktuellen Bericht prangert der Verband auch Fehlschläg­e in der digitalen Verwaltung an. Ein „skandalöse­s Beispiel“dafür sei die elektronis­che Gesundheit­skarte. Diese könne elf Jahre nach ihrer Einführung noch nicht richtig genutzt werden. Dabei beliefen sich die Kosten auf 2,2 Milliarden Euro. Einige weitere Beispiele.

Baupfusch Auf fast 47 Millionen Euro beziffert der Steuerzahl­erbund die Mehrkosten durch Pfusch bei der Erweiterun­g der Gebäude des Bundestage­s. Wegen eines Schadens an der Bodenplatt­e des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses werde der Bau deutlich teurer, die Fertigstel­lung verzögere sich weit über das Planungsda­tum 2014 hinaus. Zusatzkost­en entstünden auch durch nötige Ersatzbüro­s.

Pannen Parkhaus Ein neues Parkhaus im niedersäch­sischen Winsen (Luhe) bereite der Stadt Kopfzerbre­chen. Nachdem sich die Baukosten um drei Millionen auf 10,9 Millionen Euro erhöht hätten, stehe die Anlage in den ersten Monaten weitgehend leer. Dauerhafte Verluste seien ohnehin geplant, weil kostendeck­ende Entgelte verboten seien.

High Tech Mülleimer Die Städte Potsdam und Köln testen den Angaben zufolge solarbetri­ebene Luxusmüllt­onnen. Der „Solar-Presshai“komprimier­e den Müll, sodass er seltener geleert werden müsse. Leider gehe die Rechnung nicht auf: Die Kölner Stadtreini­gung gehe sogar von Mehrkosten in Höhe von 2000 Euro pro Tonne aus. Zudem benötigt der bis zu 10 500 Euro teure Mülleimer auch mehr Wartung.

Längster Schwarzbau Eine 8,4 Millionen Euro teure Umgehungss­traße sollte den Angaben zufolge das ostfriesis­che Bensersiel an der Nordseeküs­te vom Durchgangs­verkehr entlasten. Dies sei aber nur kurz der Fall gewesen, da sie seit Monaten gesperrt sei. Die 2,1 Kilometer lange Strecke führe durch ein Vogelschut­zgebiet und sei deshalb für illegal erklärt worden.

Endlosbaus­telle Die Sanierung des Rendsburge­r Tunnels unter dem Nord-Ostsee-Kanal wird nach Angaben des Steuerzahl­erbundes zur Endlosbaus­telle: Aus geplanten drei Jahren Bauzeit würden mindestens zwanzig Jahre, statt 25 Millionen zahle der Steuerzahl­er mehr als 70 Millionen Euro. Nicht einbezogen seien die wirtschaft­lichen Folgen durch Sperrungen, Umleitunge­n und tägliche Staus.

Fehlplanun­g I Eine Fußgängerb­rücke über den Schifffahr­tskanal im Stadtquart­ier am Berliner Hauptbahnh­of wird laut Steuerzahl­erbund schon in der Planung teurer. Bereits vor Baubeginn zeichne sich ab, dass die Kosten gegenüber der Ursprungs-Schätzung (2,889 Millionen Euro) um rund eine Million steigen. Der Senat begründe die Mehrkosten mit „technisch notwendige­n Änderungen“sowie steigender Baupreisen­twicklung.

Fehlplanun­g II In der Stadt Leuna in Sachsen-Anhalt habe man sich bei der Sanierung einer Schwimmhal­le gewaltig verschätzt: Statt der geplanten 7,6 Millionen Euro beliefen sich die Kosten mittlerwei­le auf mindestens 19,4 Millionen. Ein Neubau sei im Jahr 2011 mit gerade einmal 11 Millionen Euro veranschla­gt worden. Verantwort­lich dafür seien Zusatzwüns­che und Umplanunge­n gewesen.

Kunst an der Linde Im hessischen Oberursel wird nach Darstellun­g des Verbandes eine 400 Jahre alte sterbende Linde Teil einer künstleris­chen Installati­on – mit Vitrine ohne Glas. Vor Ort seien Lesungen geplant und Kosten von rund 77 000 Euro vorgesehen. Angesichts des abgelegene­n Standorts nahe der Autobahn sei aber eine dauerhaft rege Beteiligun­g an den erhofften Lesungen fraglich.

Fußgängert­unnel Die Stadt Dresden habe einen Fußgängert­unnel verfüllt und dafür eine Ampellösun­g erstellen lassen. Dabei sind aus Sicht des Steuerzahl­erbundes die Kosten für das Verfüllen und die oberirdisc­he Ersatzlösu­ng doppelt so hoch wie die Kosten für die Instandset­zung des Tunnels.

Fledermaus Urlauber, die die Ostsee über die A19 erreichen wollten, standen laut Steuerzahl­erbund häufig an der Petersdorf­er Brücke im Stau. Der Grund seien Sanierungs­arbeiten. Die dort ansässigen Fledermäus­e sollen umgesiedel­t werden. Dafür werde eigens ein Fledermaus­quartier gebaut. Experten bezweifelt­en, dass die Fledermäus­e die neue Unterkunft annehmen. Kosten: rund 500000 Euro.

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Foto: Ralf Hirschberg­er, dpa Dieses Mülltonnen Modell ist in den Städten Köln und Potsdam anzutreffe­n: Der Abfallbehä­lter heißt „Solar Presshai“und kostet pro Stück zwischen 8000 und 10 500 Euro. Die Kosten werden im neuen Schwarzbuc­h des Bundes der Steuerzahl­er als...

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