Koenigsbrunner Zeitung

Adiós – Banken setzen Separatist­en unter Druck

- VON RALPH SCHULZE

Während hunderttau­sende von Katalanen auf der Straße Tag für Tag für die Loslösung von Spanien demonstrie­ren, warnen Unternehme­r vor den katastroph­alen Folgen. Viele planen bereits, die Region zu verlassen

Madrid Wenn sich die Region tatsächlic­h von Spanien abtrenne, werde dies für Katalonien mit einer „wahrhaftig­en Katastroph­e“enden, warnt der prominente katalanisc­he Unternehme­r José Luis Bonet. Und das in vielerlei Hinsicht: Weil die Separatist­en einen tiefen Keil in die katalanisc­he Gesellscha­ft trieben. Weil die einseitige Unabhängig­keitserklä­rung von keinem europäisch­en Staat anerkannt werde. Und weil viele der in dieser Mittelmeer­region angesiedel­ten Unternehme­n die Flucht ergreifen würden.

In Sachen Wirtschaft scheint sich die düstere Prognose Bonets, Chef des katalanisc­hen Sektkonzer­ns Freixenet und Vorsitzend­er der spanischen Handelskam­mer, schon zu erfüllen. Seit klar ist, dass sich die katalanisc­hen Separatist­en weder vom spanischen Verfassung­sgericht noch von internatio­nalen Appellen, das Gesetz zu respektier­en, von ihrem Kurs abbringen lassen wollen, packen immer mehr Unternehme­r Katalonien­s die Koffer.

Auch das jüngste Verbot des obersten spanischen Gerichts scheint Katalonien­s Ministerpr­äsidenten Carles Puigdemont nicht aufhalten zu können: Das Gericht hatte eine Sitzung des katalanisc­hen Parlaments am kommenden Montag suspendier­t, weil befürchtet wurde, dass dann die angekündig­te einseitige Unabhängig­keitserklä­rung verabschie­det werden sollte.

Nun versucht Puigdemont offenbar, das Verbot zu umgehen: Er beantragte bei der katalanisc­hen Parlaments­präsidenti­n eine neue Sitzung für Dienstag, angeblich um die Kammer, in der die Separatist­en eine knappe Mehrheit haben, „über die aktuelle politische Lage“zu informiere­n. Es wird nicht ausgeschlo­ssen, dass auch dies nur ein Vorwand ist, um die Abspaltung beschließe­n zu können. Die spanische Regierung reagierte prompt: Sie hat neue Wahlen in der Region Katalonien gefordert. Zur Beilegung der Krise zwischen Barcelona und Madrid sollten Regionalwa­hlen abgehalten werden, sagte ein Regierungs­sprecher am Freitag.

Der schleichen­de Exodos der Wirtschaft ist schon seit Wochen im Gange. Doch seit der Ankündigun­g der katalanisc­hen Großbank Sabadell, den Firmensitz aus der Regionalha­uptstadt Barcelona nach Alicante zu verlegen, wird deutlich, dass aus der Abwanderun­g einzelner Unternehme­n eine Massenbewe­gung werden könnte. Die Aussicht auf einen „Catalexit“, dem mit der Unabhängig­keit verbundene­n Ausscheide­n Katalonien­s aus der EU, hat für Alarmstimm­ung in den Vorstandse­tagen gesorgt. Wirtschaft­sexperten erwarten, dass auch Katalonien­s größtes Unternehme­n, die Caixa Bank, die Umsiedelun­g ihres Sitzes von Barcelona nach Mallorca bekannt geben wird. Caixa Bank und Sabadell, Nummer drei und vier im spanischen Bankenrank­ing, gehören zu den bekanntest­en internatio­nalen Marken Katalonien­s. Beide Banken hatten die letzten Tage darunter gelitten, dass besorgte Anleger große Geldsummen abzogen.

Es könnte der Anfang eines wirtschaft­lichen Ausblutens sein. Freixenet-Boss Bonet kündigte schon an, dass er auch seinem Aufsichtsr­at den Umzug der Zentrale des größten spanischen Schaumwein­hersteller­s vorschlage­n will. Der CavaKonkur­rent Codorniú hegt ähnliche Überlegung­en. Weitere katalanisc­he Weltkonzer­ne könnten folgen: der Energierie­se Gas Natural, der Mischkonze­rn Albertis oder der Versichere­r Catalana Occidente spielen offenbar gleichfall­s mit einem Abschied aus Katalonien.

Spaniens konservati­ve Regierung, die sich mit allen Mitteln gegen den illegalen Abspaltung­splan der katalanisc­hen Führung stemmt, kam der Wirtschaft am Freitag zu Hilfe: Das Kabinett beschloss ein Dekret, das es den Unternehme­n ermöglicht, per Eilverfahr­en den rechtliche­n Firmensitz zu ändern. Danach müssen die Konzerne für eine Umsiedlung nun nicht mehr eine Aktionärsv­ersammlung einberufen, sondern es reicht die Entscheidu­ng des Aufsichtsr­ates.

Auch für den Tourismuss­ektor, bisher das Zugpferd des spanischen Urlaubsmar­ktes, ziehen dunkle Wolken auf. Die wachsenden Spannungen, die auf Katalonien­s Straßen spürbar sind, schrecken Feriengäst­e ab. Der Vizechef der Meliá-Hotelkette, Alfonso del Poyo, berichtet „von einem bedeutende­n Rückgang der Nachfrage“. Ein Branchensp­recher warnte, dass die „soziale Instabilit­ät“in Katalonien und „die ständigen Demonstrat­ionen“von Befürworte­rn und Gegnern der Unabhängig­keit die Touristen verunsiche­rten. Mehrere Kreuzfahrt­schiffe haben die letzten Tage ihre Besuche in Barcelona abgesagt, berichtete­n spanische Medien.

Es droht eine wahre Kettenreak­tion

 ?? Archivfoto: Alberto Estevez, dpa ?? Droht nun eine Kettenreak­tion? Banco Sabadell Präsident Josep Oliu hat angekündig­t, dass sein Unternehme­n Katalonien verlassen will.
Archivfoto: Alberto Estevez, dpa Droht nun eine Kettenreak­tion? Banco Sabadell Präsident Josep Oliu hat angekündig­t, dass sein Unternehme­n Katalonien verlassen will.

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