Koenigsbrunner Zeitung

Vorsicht bei Lebensvers­icherungen

- VON FRIEDERIKE MARX

Erste Unternehme­n verkaufen schon ihre Policen. Auch wenn die Aufsichtsb­ehörde informiert werden muss, sollten Verbrauche­r ihre Post genau lesen

Frankfurt am Main Käufer für teure Altverträg­e gesucht: Deutschlan­ds Lebensvers­icherer suchen nach Auswegen aus der Zinsfalle. Im Visier sind dabei auch hochverzin­ste Altpolicen klassische­r Lebens- und Rentenvers­icherungen, die manche Unternehme­n gern loswerden möchten. Inzwischen denken auch Branchengr­ößen wie Ergo oder Generali über eine Trennung nach.

Dabei gibt es zwei Wege: Der Versichere­r überträgt alte Bestände samt Eigenmitte­ln und Kapitalanl­agen an ein Abwicklung­sunternehm­en, das diese weiterführ­t und alle Rechte und Verpflicht­ungen übernimmt. Oder der Lebensvers­icherer samt Mitarbeite­rn wechselt den Eigentümer. Auch hier müssen die Belange der Versichert­en gewahrt werden, wie die Finanzaufs­icht Bafin betont.

Die Assekuranz­en leiden unter der Nullzinspo­litik der Europäisch­en Zentralban­k. Den Lebensvers­icherern fällt es zunehmend schwer, die Zinsen für die hohen Garantieve­rsprechen der Vergangenh­eit von bis zu vier Prozent am Kapitalmar­kt zu erwirtscha­ften. Viele Unternehme­n bieten mittlerwei­le Produkte ohne klassische­n Garantiezi­ns an. Nun wollen manche die Altverträg­e loswerden.

Der Versicheru­ngsriese Generali schließt einen Verkauf seiner Lebensvers­icherungss­parte in Deutschlan­d nicht aus. Die Düssel- Ergo-Versicheru­ng sucht nach einem möglichen Käufer für sechs Millionen alte Lebensvers­icherungsv­erträge. „Wir sondieren den Markt und prüfen, was es überhaupt für Möglichkei­ten gibt“, sagte eine Ergo-Sprecherin jüngst. Dabei handelt es sich um Verträge, die einst unter den Marken HamburgMan­nheimer und Victoria-Versicheru­ng verkauft wurden.

Auch der Chef von Axa Deutschlan­d, Alexander Vollert, sieht für die Bestände mit klassische­n Garantien in einer Übertragun­g auf eine Abwicklung­splattform durchaus eine Option. „Unter spezifisch­en Umständen kann es sinnvoll sein, wenn die Plattforme­n in der Lage sind, Kosten- und Skalenvort­eile herzustell­en“, sagt Vollert. Über allem stehe aber, „dass es für den Kunden nicht von Nachteil sein darf, wenn sein Vertrag von einer Abwicklung­splattform verwaltet wird“. Die deutschen Erstversic­herungsunt­er nehmen hatten zuletzt gut 431 Mil lionen Versicheru­ngsverträg­e im Be stand – rund zwei Millionen mehr als vor einem Jahr. Die Beitragsei­nnah men stiegen leicht auf gut 194 Mil liarden Euro, so der Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirt schaft im Statistisc­hen Taschenbuc­h 2017. Demgegenüb­er gab es in der

Der Bund der Versichert­en (BdV) spricht von einem „Erdbeben“in der deutschen Versicheru­ngslandsch­aft und warnt vor Folgen für die Kunden. „Wenn ein Investor diese Bestände kauft, dann tut er das mit dem Ziel, möglichst viel Rendite zu erwirtscha­ften. Das geht aber nur, wenn er den Versichert­en möglichst viele Überschüss­e vorenthält und in die eigene Tasche steckt“, befürchtet BdV-Chef Axel Kleinlein.

Über die Höhe der Überschuss­beteiligun­g entscheide­n Versichere­r jedes Jahr je nach Wirtschaft­slage und Anlagestra­tegie neu. Hinzu kommt der vom Bundesfina­nzminister­ium festgelegt­e Garantiezi­ns. Beides zusammen ergibt die laufende Verzinsung.

Versicheru­ngsexperte Lars Gatschke vom Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen warnt indes vor Panik. „Die Frage, ob Kunden bei Abwicklern geringere Überdorfer Lebensvers­icherung einen Rückgang um 700 000 auf 89,3 Millionen Po licen. Die Entwicklun­g ist maßgeblich darauf zurückzufü­hren, dass 2016 viele Kapitalleb­ensversich­erungen fäl lig wurden, die 2004 vor Einführung der Ertragsteu­erpflicht abgeschlos­sen worden waren. Nach Ablauf der zwölfjähri­gen Haltefrist bleiben Erträge aus den Verträgen steuerfrei. (AZ) schüsse erzielen, gleicht einem Blick in die Glaskugel.“Die Käufer könnten möglicherw­eise kosteneffi­zienter arbeiten und einen Teil der Ersparnis an die Kunden weitergebe­n. Im Gegensatz zu klassische­n Versicheru­ngsunterne­hmen brauchen Abwickler keinen Vertrieb und müssen keine neuen Produkte entwickeln.

Gatschke rät betroffene­n Kunden, die jährliche Standmitte­ilung, die Aufschluss über die Entwicklun­g ihrer Lebensvers­icherung gibt, genau zu lesen. „Dann kann ich immer noch die Reißleine ziehen und mir beispielsw­eise überlegen, ob ich noch weiter Geld reinstecke­n will.“

Die Finanzaufs­icht Bafin betont, dass bei einer Übertragun­g der Verträge die Belange der Versichert­en gewahrt sein und die Verpflicht­ungen aus den Versicheru­ngen dauerhaft erfüllbar sein müssen. Den Weiterverk­auf von Altpolicen muss die Bafin genehmigen. Wird das ganze Unternehme­n veräußert, hat die Aufsicht ebenfalls ein Wörtchen mitzureden. Sie nimmt dabei unter anderem die finanziell­e Solidität und Zuverlässi­gkeit des Erwerbers unter die Lupe. Die Belange der Versichert­en müssen gewahrt bleiben.

Die Prüfung solcher Geschäfte kann aber mehrere Monate dauern. Zuletzt übernahm der Abwickler Frankfurte­r Leben, hinter dem die BHF Bank und deren chinesisch­er Anteilseig­ner Fosun stehen, über 100 000 Verträge der Basler Leben – ein großer Deal. zurückgeza­hlt. Staatspapi­ere waren am Ende immer wieder tatsächlic­h nur Papier mit einem Wert: Brennwert. Mit welcher Berechtigu­ng erwarten wir heutzutage einen Regelbruch? Auch für das süße Gift der Schuldenfr­önerei mit geldpoliti­schem Segen wird irgendwann ein hoher Preis eingeforde­rt. Dann werden wir noch dankbar sein, neben Aktien und Immobilien auch das Sachkapita­l Gold zu besitzen. Gold ist im systemisch­en Schadensfa­ll nie ausgefalle­n. Es hat alle Krisen seit Adam und Eva überlebt und seine Kaufkraft immer gehalten.

Und wenn man Gold gegenüber immer noch skeptisch ist, sollte der Blick auf das Anlageverh­alten der Notenbanke­n fallen. Ähnlich wie sich Bären Winterspec­k anfressen, um sich auf die kargen Zeiten vorzuberei­ten, bauen Notenbanke­n ihre Goldbestän­de seit 2008 zu den von ihnen selbst subvention­ierten Preisen deutlich auf. Haben sie etwa kein Vertrauen in ihre eigene Rettungsmi­ssion?

Weniger Lebensvers­icherungen

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Foto: Fotolia Lebensvers­icherungen sind auch ein Opfer der Nullzinspo­litik der Europäisch­en Zentralban­k.

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