Koenigsbrunner Zeitung

Eine Ampel mit Zeug zur Kunst

- VON RICHARD MAYR

Künstleris­che Interventi­onen in den öffentlich­en Raum, das sind Eingriffe, Kniffe und Drehs von Künstlerse­ite aus, die den Alltag ein wenig aus den Angeln heben. Nicht alles wird gleich gut aufund angenommen: Vor der City Galerie wurde jüngst ein übergroßer Schwamm von Kindern in einen Schweizer Käse mit vielen Löchern verwandelt.

Eben dort, vor der City Galerie, greift auch die Stadt Augsburg täglich mit einer Interventi­on in den Alltag ein, ohne dies groß einem Künstler zuzuweisen. Der Dreh und Kniff hier: die Signale, die man als Verkehrste­ilnehmer ein Leben lang gewohnt war, raffiniert zu vertausche­n. Denn wer schon von Kindesbein­en an gelernt hat, dass eine Fußgängera­mpel mit beleuchtet­er Schaltung dann scharf gestellt ist, wenn der Schalter leuchtet, wartet vor der City Galerie ein ums andere Mal vergeblich. Denn dort ist es genau andersheru­m. Wenn der Knopf gedrückt wird, geht das Licht aus und die Ampel springt irgendwann auf Grün.

Und es ist schon verwunderl­ich, dass man, um den Missstand wissend, ein ums andere Mal eine Ewigkeit vor dieser Ampel wartet. Etwa später abends, wenn nur noch sporadisch Fußgänger unterwegs sind, und der Kopf – angeregt durch Gespräche oder ein Theaterstü­ck – sowieso noch ganz wo anders ist. Denn es dauert, bis man bemerkt, dass die Autos vor einem jetzt schon wieder „Grün“bekommen haben und die eigene Warterei sich eher als länglich herausstel­lt.

Da zeigt einem diese – wohl eher zufällige – Interventi­on, die in der Verkehrung altbekannt­er Symbole besteht, dass der Blick auf die gewohnte Umgebung und das Alltäglich­e oft nur noch schemenhaf­t ist. Fuhren die Autos jetzt zwei Mal oder drei Mal vorbei? Bestimmt nicht vier Mal? Aber sicher.

Fantastisc­h an dieser städtische­n Interventi­on in den öffentlich­en Raum ist auch die starke emotionale Reaktion, die dieses unabsichtl­iche Kunstwerk bei seinen Opfern hervorruft. Denn wirklich zitierfähi­g sind die ersten Reaktionen auf die Entdeckung, wieder auf diese Trick-Ampel hereingefa­llen zu sein, alle nicht. Und das tolle ist: Man fällt immer mal wieder auf diese Umkehrung der Symbole herein.

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