Koenigsbrunner Zeitung

Ein Juwel, das nicht mehr glänzt

Warum das Hallenbad in Bobingen erst mit Verspätung in die neue Saison startet, wann die Schwimmer wieder im Becken ihre Bahnen ziehen können und welche Probleme noch zu meistern sind

- VON PETER STÖBICH

Eigentlich sollte in Bobingens „Aquamarin“heute die Wintersais­on beginnen. Doch weil das städtische Hallenbad erst zwei Wochen später als geplant öffnen kann, müssen sich Bobingens Wasserratt­en, Vereinsmit­glieder und Schüler noch bis zum 21. Oktober gedulden. Grund für die Verzögerun­g sind Arbeiten an den Schwallwas­serbehälte­rn, in die aus den darüber liegenden Schwimmbec­ken das Wasser abfließt. Dafür muss die Stadt rund 80 000 Euro investiere­n, obwohl der Abbruch des Bades bereits beschlosse­ne Sache ist. Das ist aber nicht das einzige Problem, wie Betriebsle­iter Andreas Jasinsky berichtet.

Denn ein Badejuwel, wie es in der Werbung so schön heißt, ist die in die Jahre gekommene Anlage an der Parkstraße längst nicht mehr: Eine Etage unter den Besuchern sind massive Betonschäd­en nicht zu übersehen und auch die Nutzungsze­it der Wasseraufb­ereitung ist am Ende angelangt. Der ursprüngli­che Plan, sie durch eine aufwendige Sanierung dem heutigen Stand der Technik anzupassen und die Aufbereitu­ngstechnik für Hallen- und Freibad zusammenzu­legen, ist vier Jahre alt.

Seitdem ist das „Aquamarin“ein beherrsche­ndes Thema der Kommunalpo­litik und wird wohl auch bei der Bürgervers­ammlung am 25. Oktober eine wichtige Rolle spielen. Denn die Frage, wo die in einer Machbarkei­tsstudie genannten 16,7 Millionen Euro für einen Neubau herkommen sollen, ist bisher nicht beantworte­t.

Derzeit sind Jasinsky und sein Team damit beschäftig­t, das Hallenbad für die neue Saison vorzuberei­ten. Wenn es ganz schlimm käme, könnte es vorerst sogar die Letzte sein, denn für veraltete Techniktei­le ist kein Ersatz mehr zu bekommen. „Wir reduzieren die Möglichkei­t, dass es schiefgeht“, beschreibt der Betriebsle­iter die häufigen Improvisat­ionen in den langen Versorgung­sgängen mit Dutzenden von Hebeln, Rohren und Schaltern.

Damit das „Bobinger Badejuwel“einen guten Eindruck macht, wenn am 21. Oktober die ersten Wintergäst­e kommen, werden jetzt sämtliche Duschen, Garderoben und sonstigen Flächen gründlich geputzt. Auch die Schwallwas­serbehälte­r müssen gereinigt, die Filter gespült und das große Sportbecke­n mit 630 000 Litern Wasser gefüllt werden – eine Menge Arbeit, die aufgrund der knappen Personalde­cke nicht selten Überstunde­n erfordert.

„Auch die Arbeitszei­ten an Wochenende­n und Feiertagen sind nicht immer nur ein Grund zur Freude“, sagt Vivien Kurfer. Die 24-Jährige will kommendes Frühjahr ihre Prüfung als Meisterin für Badebetrie­be machen und schildert ihre hohe Verantwort­ung: „Samstags und sonntags bin ich als Aufsicht allein im Hallenbad; wenn ich mal kurz wegmuss oder Pause mache, springen Mitglieder der Wasserwach­t ein“. Offiziell darf sie höchstens zehn Stunden am Tag arbeiten. Bernhard Langert, Leiter der Bäderbetri­ebe im Rathaus, bestätigt, dass es immer schwierige­r sei, geeigneten Nachwuchs zu finden.

Christian Kuhn, Geschäftsf­ührer der deutschen Sportstätt­enbetriebs­und Planungsge­sellschaft aus Herne, schlägt in seiner Studie für das geplante Ganzjahres­bad jeweils zwei Aufsichtsk­räfte vor – ein erhebliche­r Kostenfakt­or, über den der Stadtrat ebenso wie über viele andere Details noch diskutiere­n muss. Fest steht bisher anscheinen­d, dass das 50-Meter-Freibecken wohl aufgelöst wird, was vielen Bürgern nicht gefällt (wir berichtete­n). Stattdesse­n soll es ein 25-Meter-Sportbecke­n mit sechs Bahnen geben, außerdem ein Lehrschwim­mbecken mit Hubboden.

Ein Cabrio-Dach kann bei gutem Wetter geöffnet werden, auch eine Textil-Sauna – also mit Badekleidu­ng – ist im Gespräch. Eine Meersalzgr­otte und ein Außensoleb­ecken könnten zudem Besucher von auswärts nach Bobingen locken. Denkbar ist außerdem, durch verschiede­ne Kurse vom Babyschwim­men bis zur Rückenschu­le zusätzlich­e Einnahmen zu generieren.

Kritik kommt unter anderem von Michael Ammer, dem Vorsitzend­en der Freien Bürger-Union (FBU). „Dieses Projekt stellt Bobingen vor eine der größten finanziell­en Herausford­erungen überhaupt“, stellt er in einer Pressemitt­eilung fest. Die beiden FBU-Ratsmitgli­eder Florian Vogl und Franz Handschuh hatten sich aufgrund der Planung vor der Sommerpaus­e außerstand­e gesehen, über das Raumprogra­mm für ein neues Bad abzustimme­n.

„Denn zur Finanzieru­ng gab es keinerlei Angaben“, sagt Handschuh, „und unmittelba­r Betroffene wie die Wasserwach­t und der angrenzend­e Saunaparkb­etreiber kamen nicht zu Wort.“Von der FBU vorgeschla­gene Schulungsr­äume für die Wasserwach­t, ein integriert­es Shop-System, eine offene Gastronomi­e sowie weitere Attraktion­en, um die Wirtschaft­lichkeit des Bades zu steigern, würden nun wohl keine Berücksich­tigung mehr finden, fürchtet Ammer. Deshalb fordert die FBU von der Stadtverwa­ltung ein seriöses Finanzieru­ngskonzept: „Bei einem Vorhaben dieser Größenordn­ung, welches Bobingen und seine Bürger finanziell über Jahrzehnte hinaus bindet, sollte es aus unserer Sicht selbstvers­tändlich sein, sich Zeit für die bestmöglic­he Lösung zu nehmen!“

Mit dem vom Stadtrat beschlosse­nen Raumprogra­mm muss sich nun ein Generalpla­ner beschäftig­en, der die echten Neubaukost­en genauer beziffern soll. Mit der Genehmigun­g des vorzeitige­n Baubeginns kann die Stadt voraussich­tlich im Frühjahr 2019 rechnen. Wollte sie früher starten, wären Zuschüsse gefährdet. Den tatsächlic­hen Start der Arbeiten schlägt die Verwaltung für März 2020 vor, damit für die Wintersais­on 2019/20 größtentei­ls noch ein Hallenbad in Bobingen zur Verfügung steht. Ob die veraltete und anfällige Technik allerdings noch so lange durchhält, kann Andreas Jasinski nicht vorhersage­n.

Das Hallenbad ist ab 21. Oktober geöffnet: Montag, Dienstag und Donnerstag 14 bis 21 Uhr, Mittwoch 14 bis 17 Uhr, Freitag 9.30 bis 21 Uhr, Samstag und Sonntag 9.30 bis 17 Uhr.

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Fotos: Peter Stöbich Das Badejuwel hat mit Problemen zu kämpfen. Nicht überall glänzt es so schön, vor allem die Technik altert stark.
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Betriebsle­iter Andreas Jasinski braucht große Flexibilit­ät und viel Improvisat­ionstalent.
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Im Untergrund des Aquamarin sieht es nicht gut aus; Bauwerk und Technik weisen Schäden auf.

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