Koenigsbrunner Zeitung

Von Namibia nach Niedersach­sen

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Porträt Der CDU-Politiker Bernd Althusmann will am Sonntag neuer Ministerpr­äsident in Hannover werden. Nach der letzten Wahl landete der Ex-Minister ungeplant in Afrika

Lange sah es so aus, als sei dem 50-jährigen Bernd Althusmann der Job als nächster Ministerpr­äsident von Niedersach­sen nicht mehr zu nehmen. Doch seit Wochen schmilzt der einstige Vorsprung seiner CDU dahin: Aus den 40 Prozent im August wurden zuletzt 32 Prozent. Ein Institut sieht nun sogar die Sozialdemo­kraten vorn. Aber selbst wenn es dem SPD-Regierungs­chef Stephan Weil gelänge, sein Amt zu verteidige­n: Althusmann hat schon bewiesen, dass er selbst in Momenten der Niederlage weiß, sein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen.

Fast 20 Jahre saß der Oldenburge­r CDU-Mann im Landtag und der niedersäch­sischen Landesregi­erung – zuletzt auf dem wichtigen Posten des Kultusmini­sters –, als 2013 seine Karriere unbarmherz­ig einen tiefen Absturz erlebte: Entgegen aller Umfragen erlitt damals die CDU unter dem populären Ministerpr­äsidenten David McAllister ihr zweitschle­chtestes Ergebnis seit über fünfzig Jahren. Althusmann war nicht nur seinen Job als Minister los. Erstmals flog er als Direktkand­idat auch aus dem Landtag.

Und so kam es, dass der einstige Berufssold­at und Berufspoli­tiker ungeplant in Afrika landete. Die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung bot dem Bildungspo­litiker an, Leiter des Büros für Namibia und Angola zu werden, um dort Demokratie und Rechtsstaa­tlichkeit zu fördern. Getreu seinem Lebensmott­o „Umwege erhöhen die Orientieru­ng“griff Althusmann zu. Er zog nach Windhuk, Namibias Hauptstadt, samt großer Patchwork-Familie: Der evangelisc­he Pfarrersso­hn aus dem Lüneburger Vorort Heiligenth­al ist in zweiter Ehe verheirate­t. Zwei Kinder hat er aus erster Ehe, eins mit seiner neuen Frau, die selbst zwei Kinder aus erster Ehe mitgebrach­t hat. Privat und beruflich kann Althusmann auf sein Pädagogiks­tudium zurückgrei­fen, das er während seiner Offiziersl­aufbahn der Bundeswehr absolviert­e. Auch die zweieinhal­b Jahre Afrika hinterließ­en bei dem kantigen Politiker Spuren: „Ein Stück Fröhlichke­it und Gelassenhe­it habe ich mir auch aus Afrika mitgebrach­t“, sagt er. Althusmann kehrte Mitte 2016 nach Niedersach­sen zurück. Da zeichnete sich bereits ab, dass die Spitzenkan­didatur der jetzt drei Monate vorgezogen­en Landtagswa­hl auf ihn zuläuft: Schon unter McAllister­s Regierungs­zeiten galt er als Kronprinz.

Dem ausgleiche­nden Pragmatike­r war es mit einer souveränen Amtsführun­g und mit unideologi­schen Kompromiss­en gelungen, den Dauerstrei­t um die Schulpolit­ik zu befrieden. Er führte den Schultyp „Oberschule“ein – einen Zusammensc­hluss aus Haupt- und Realschule­n plus möglichem Gymnasialz­weig. Der Bildungsmi­nister überstand 2011 auch unbeschade­t eine Affäre um seinen Doktortite­l: Er durfte ihn trotz gravierend­er Mängel seiner Doktorarbe­it behalten, als sich herausstel­lte, dass er doch nicht abgeschrie­ben hatte. Michael Pohl

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Foto: Imago

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