Giftige Matratzen sind in den Handel gelangt
Chemie Industrie Die BASF hat 7500 Tonnen eines belasteten Kunststoffs verkauft. Doch unklar ist, wie viel von dem Stoff bereits Endkunden erreicht hat
Ludwigshafen Nach der Auslieferung eines mit Dichlorbenzol belasteten BASF-Kunststoffprodukts für Autositze und Matratzen ist das Ausmaß des Problems völlig unklar. Man könne derzeit nicht sagen, wie viel von dem verarbeiteten Produkt bereits beim Endverbraucher angekommen sei, sagte der Geschäftsführer des Fachverbandes Schaumkunststoffe und Polyurethane, Klaus Junginger, am Mittwoch. Klar ist nur: Es sind mit giftigem Schaum belastete Matratzen in den Handel gelangt. Das bestätigte der Fachverband der Matratzen-Industrie auf seiner Internetseite.
Dichlorbenzol kann Haut, Atemwege und Augen reizen und steht im Verdacht, Krebs zu verursachen. „Es ist für alle Beteiligten – inklusive natürlich Endverbraucher – ein Riesenproblem“, ergänzte Junginger, dessen Verband weltweit etwa 160 Unternehmen vertritt. Nach seinen Angaben haben französische Hersteller, die das BASF-Produkt verwenden, wegen des Falls bereits am Dienstag die Schaumproduktion gestoppt (wir berichteten). „Bei uns hören sie auch auf“, sagte Junginger.
Der Chemiekonzern hat zwischen dem 25. August und dem 29. September 7500 Tonnen des Kunststoffgrundprodukts Toluoldiisocyanat (TDI) hergestellt, die eine deutlich erhöhte Konzentration an Dichlorbenzol aufwiesen. TDI ist ein Ausgangsstoff für den Kunststoff Polyurethan, der zur Herstellung von Matratzen sowie für Polsterungen benutzt wird. In der Autoindustrie wird er für Sitzpolster verwendet. Nach Angaben einer BASF-Sprecherin hatte ein Kunde des Unternehmens auf die erhöhte DichlorbenzolBelastung aufmerksam gemacht.
Bei den betroffenen Produkten wurde nach ihren Angaben ein Dichlorbenzol-Anteil von mehreren hundert ppm (parts per million – Anteile pro Million) gemessen, normalerweise liege das Level unter drei ppm. BASF selbst mache normalerweise einmal im Monat eine Probe bei dem Kunststoffgrundprodukt TDI, ergänzte sie. Das entspreche den Anforderungen der Kunden. Die betroffene Lieferung von 7500 Tonnen TDI ging nach Angaben der Sprecherin an 50 Kunden.
Junginger sagte, die Flüssigkeit werde aber auch weiterverkauft. Von einem der 50 Abnehmer könne sie an 300 weitere gehen. Es sei ein Problem herauszufinden, wo eine Matratze oder ein Kopfkissen erzeugt worden sei. Auch wisse man nicht, welche Werte die Produkte enthielten; das sei nicht leicht zu messen. Außerdem seien in der Zwischenzeit möglicherweise schon Autos mit belasteten Sitzen auf dem Weg in die USA, wo Schadenersatzklagen anders funktionierten als hierzulande.
Am Mittwochabend teilte die BASF mit, zwei Drittel der 7500 Tonnen, also rund 5000 Tonnen, seien noch nicht weiterverarbeitet. Sie würden zurückgeholt. Zudem will das Unternehmen auf eigene Kosten nicht verarbeitete Schaumblöcke einsammeln, die im fraglichen Zeitraum mit dem TDI hergestellt wurden. Am Dienstag hatte der Chemiekonzern erklärt, bei bereits verarbeiteten Produkten sollten die Kunden sicherheitshalber testen, ob die Grenzwerte der verschiedenen Industrien eingehalten würden. Ein Team von 75 Spezialisten unterstütze die Abnehmer bei den Tests.
In einem Allgäuer Betrieb ruht die Produktion
Das Problem trifft auch Hersteller in unserer Region. Wie der Bayerische Rundfunk berichtet, sei auch das Unternehmen Metzeler Schaum in Memmingen von BASF über das Problem informiert worden. „Die Produktion von Blockschaum stehe derzeit still und es sei auch nicht absehbar, wann sie wieder aufgenommen wird“, heißt es in einem Bericht.