Koenigsbrunner Zeitung

So urteilen Gerichte beim Laub

Wann müssen die Blätter vom Gehweg gefegt sein? Und wer ist zuständig, wenn die Blätter des Nachbarbau­ms auf das eigene Grundstück fallen? Sieben Richterspr­üche, die jeder kennen sollte

- VON SASCHA BOROWSKI

Augsburg Es schaut zwar schön aus, wenn die Blätter im Oktober gelb glänzen. Aber wenn sie fallen, wird das Laub immer wieder ein Fall für die Justiz. Mal rutscht jemand auf den Blättern aus und fordert Schadenser­satz, mal streiten Nachbarn darum, wer für die Entsorgung der Blätter verantwort­lich ist. Wie so oft im Recht gilt auch beim Streit ums Laub: Es kommt auf den Einzelfall an. Hier eine Auswahl von Urteilen rund um die Blätter im Herbst:

Morgens um sieben Uhr muss Laub noch nicht entfernt sein Fußgänger können nicht erwarten, dass morgens um sieben Uhr die Bürgerstei­ge schon vom Laub befreit sind. Wer zur frühen Stunde unterwegs ist, muss selbst darauf achten, nicht auszurutsc­hen. (Landgerich­t Frankfurt a.M. – AZ: 2/23 O 368/98)

Laub vom Nachbarn muss hinge nommen werden Grundstück­sbesitzer müssen es hinnehmen, wenn vom Nachbargru­ndstück Laub herüberfäl­lt. Zwar kann man von seinem Nachbarn unter Umständen einen angemessen­en Geldausgle­ich verlangen, wenn von dessen Grundstück störende Einwirkung­en ausgehen, die über das zumutbare Maß hinausgehe­n. Blätter vom Baum des Nachbarn sind aber hinzunehme­n, wenn die Bepflanzun­g mit Laubbäumen dem Charakter der Gegend entspricht. (Amtsgerich­t München – Az. 114 C 31118/12)

Grundstück­seigentüme­r müssen Gehweg nicht ständig säubern Grundstück­seigentüme­r müssen die Gehwege vor ihrem Haus nicht ständig vom Laub befreien. Das entschied das Landgerich­t Coburg. Fußgänger müssten sich darauf einstellen, dass es im Herbst durch Blätter rutschig wird. Eine Reinigung der Wege durch Grundstück­sbesitzer könne nur im Rahmen des Zumutbaren verlangt werden. Weil die Beklagte den Bürgerstei­g an den Tagen zuvor mit einem Laubbläser gereinigt hatte, war sie ihren Pflichten nachgekomm­en, so der Richter. (LG Coburg – Az.: 14 O 742/07)

Kein Schadenser­satz, wenn Ei cheln das Auto beschädige­n Wer sein Auto im Herbst unter einem Kastanienb­aum oder einer Eiche parkt, ist selbst schuld. Dass im Herbst Früchte vom Baum fallen können, gehört zum „allgemeine­n Lebensrisi­ko“. Wenn dabei ein geparktes Auto beschädigt wird, kann vom Besitzer des Baumes kein Schadenser­satz verlangt werden. Das hat das Oberlandes­gericht Hamm entschiede­n (OLG Hamm – Az. 9 U 219/08). „Insbesonde­re kann sich der Verkehrste­ilnehmer auf dieses bekannte Risiko leicht einstellen, indem er das Parken unter hohen früchtetra­genden Bäumen in der betreffend­en Jahreszeit vermeidet“, so die Richter in ihrem Urteil.

Laub vor Grundstück muss ent fernt werden – auch wenn die Bäume der Gemeinde gehören Grundstück­sbesitzer müssen den Gehweg vor ihrem Haus im Herbst von herabgefal­lenen Blättern befreien. Das gilt auch, wenn das Laub von Bäumen stammt, die eigentlich der Gemeinde gehören, hat das Ver- waltungsge­richt Lüneburg entschiede­n. Eine Kommune dürfe die entspreche­nde Straßenrei­nigungspfl­icht auf Anlieger übertragen, wenn sie das Laub einfach entfernen können. (VG Lüneburg – Az. 5 A 34/07)

Kein Amtshaftun­g, wenn man sich durch rutschige Blätter verletzt Wenn man auf Laub ausrutscht und sich dabei verletzt, kann man die betroffene Gemeinde nicht in Amtshaftun­g nehmen. Dies hat das Kammergeri­cht Berlin entschiede­n. In dem Fall hatte ein gestürzter Fußgänger das Land Berlin auf Schmerzens­geld verklagt – und scheiterte. Der Gehweg sei einige Tage vor dem Sturz gereinigt worden. „Dass in der Zwischenze­it bis zum Unfall vom 29. Oktober 2002 erneut Laub von den Bäumen herabfiel, ist jahreszeit­lich bedingt und kann die Beklagte (...) nicht dazu verpflicht­en, außerplanm­äßige Reinigungs­einsätze nach Bedarf zu veranlasse­n“, hieß es im Urteil. (Kammergeri­cht Berlin – Az. 9 U 134/04)

Kein Schmerzens­geld bei Sturz über Hindernis Wer stürzt, weil er auf einer laubbedeck­ten Straße über ein Hindernis stolpert, hat keinen Anspruch auf Schmerzens­geld. Zu diesem Schluss kam das Oberlandes­gericht Frankfurt. Der durchschni­ttliche Fußgänger müsse sich darüber im Klaren sein, dass sich unter Laub auf Straßen auch Hinderniss­e wie Vertiefung­en oder Stufen verbergen können (OLG Frankfurt – Az. 1 U 301/07).

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Foto: Smileus, Fotolia Wenn im Herbst die Blätter fallen, sieht das nicht nur hübsch aus, es macht auch jede Menge Arbeit. Denn das Laub muss von Gehwegen, Treppen und Straßen entfernt wer den. Die Frage ist nur, wann und wie oft eigentlich? Und wer haftet, wenn doch mal was...

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