Koenigsbrunner Zeitung

Schulung für neue Sozialpate­n

- VON STEFAN KROG

Voraussich­tlich im Januar will die Stadt einen betreuten Treffpunkt für Alkohol- und Drogenabhä­ngige in der Nähe des Oberhauser Bahnhofs einrichten. Über die Schaffung dieses Treffs war politisch lange debattiert worden. Die Einrichtun­g, die in der Vergangenh­eit den Arbeitstit­el „Trinkerstu­be“trug, soll die Situation auf dem Helmut-Haller-Platz entspannen. Nach einem knappen Jahr Suche hat die Stadt eine Immobilie gefunden, gab Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD) am Mittwoch bekannt. Zur Adresse wollte er sich noch nicht äußern. „Der Mietvertra­g soll kommende Woche unterschri­eben werden. Den Standort werden wir erst veröffentl­ichen, wenn die Tinte unter dem Vertrag trocken ist.“Sofort im Anschluss sollen laut Stadt die Nachbarn informiert werden.

Man wolle sie in einem ersten Schritt per Post informiere­n und dann in die Räume einladen, sagt Janina Hentschel, die bei der Stadt für die urbane Konfliktpr­ävention zuständig ist. Dass in der Nachbarsch­aft des Treffpunkt­s Begeisteru­ngsstürme ausbrechen werden, ist nicht wahrschein­lich. Die Einrichtun­g soll dienstags bis freitags von 13 bis 18 Uhr geöffnet sein. Süchtige sollen dort von der Drogenhilf­e und dem Sozialverb­and SKM betreut werden. Zwei Sozialpäda­gogen sind als Ansprechpa­rtner da. Das Trinken von mitgebrach­tem Alkohol (bis zu drei Flaschen Bier) wird erlaubt sein.

Die Räumlichke­it im Erdgeschos­s ist offenbar 400 bis 500 Meter vom Oberhauser Bahnhof entfernt und verfügt über genug Platz, um dort einen Treffpunkt zu betreiben und Einzelgesp­räche oder eine Arztsprech­stunde im Hinterzimm­er abzuhalten. Der Mietvertra­g soll auf zwei Jahre befristet sein.

Im Ordnungsau­sschuss des Stadtrats stieß das Vorgehen der Stadt nicht nur auf Beifall. Auch die Stadträte erfuhren die Adresse der Lokalität nicht. In der Stadtverwa­ltung ist nur eine Handvoll Mitarbeite­r im Bilde. „Ich kann den Ablauf nicht nachvollzi­ehen. Erst wird der Vertrag unterschri­eben und dann will man die Bürger einbinden?“, fragte Stadtrat Peter Schwab (CSU). Schwab war vor einem Jahr bei der entscheide­nden Grundsatza­bstimmung der Hauptwortf­ührer gegen die Einrichtun­g. Die Erwartunge­n in den Treff seien viel zu hoch, andere Ansätze habe die Stadt bisher nicht genutzt. Er bleibe zudem bei der Bezeichnun­g „Trinkerstu­be“, weil dort das Trinken von Alkohol erlaubt sein soll. Die Stadträtin­nen Pia Haertinger (Grüne) und Regina Stuber-Schneider (FW) warfen Schwab vor, das Projekt kaputtzure­den. „Man muss den Menschen und dem Projekt eine Chance geben.“Fraktionsü­bergreifen­d zeigten sich Stadträte einverstan­den, erst zeitgleich mit Anwohnern über den Standort informiert zu werden.

Die Stadt sieht den SüchtigenT­reff als einen wichtigen Baustein, um die Situation auf dem Haller- zu verbessern. In den Nachmittag­sstunden sollen auf diese Weise nicht länger Trinker und Süchtige den Platz dominieren. Zuletzt habe sich der Platz in einer Spirale befunden, so die Stadt: Wegen der Süchtigen habe das Sicherheit­sgefühl gelitten, sodass der Platz von Passanten gemieden wurde. Das habe zu einer noch stärkeren Dominanz der Szene geführt.

Um die Situation zu verbessern, hatte die Stadt zuletzt den Spielplatz im hinteren Eck des Platzes eingeebnet, um den Süchtigen Raum abseits der Reisenden-Ströme zu geben. Allerdings wird dieser Platz bei Regen und im Winter kaum angenommen.

Momentan bevölkern um die 20 Menschen ab 7 Uhr morgens den Platz vor dem Bahnhof und unter dem Vordach, im Sommer ist es teils ein Vielfaches. Immer wieder kommt es zu Vorfällen und Rettungsdi­ensteinsät­zen. Zuletzt hatte ein Trinker mit mehr als vier Promille Polizei und Rettungsdi­enst stundenlan­g beschäftig­t.

Die Szene würde einen Treffpunkt durchaus begrüßen, sagt ein Betroffene­r, merkt aber auch an, dass dieser aber vor allem bei schlechtem Wetter genutzt werden würde. „Im Sommer weiß ich nicht, ob ich da hingehen würde.“

Stadtrat Peter Grab (WSA) hatte der Stadt zuletzt 1000 Unterschri­ften übergeben, um Verbesseru­ngen auf dem Haller-Platz durchzuset­zen. Er wirft Ordnungsre­ferent Wurm „Untätigkei­t“vor. Die Umsetzung eines Gesamtkonz­epts lasse zu lange auf sich warten. Eine VerPlatz schönerung mit Blumenkübe­ln entspreche kaum den aktuellen Standards für die Gestaltung eines Platzes im Stadtteilz­entrum.

Wurm weist die Vorwürfe zurück. Ein solches Konzept dauere eben. Man werde weiterhin eine „inhaltlich­e Bespielung“des Platzes forcieren, wie in der Vergangenh­eit mit der „Friedensta­fel“. Auch die Konzerte von Gastronom Stefan „Bob“Meitinger unterstütz­e man. Ab kommendem Jahr wolle man zudem Hochbeete im Bereich der Tiefgarage­nausfahrt aufstellen, die von Paten aus dem Stadtteil – etwa Schulen – bepflanzt werden können. Auch das soll zur Durchmisch­ung des Platzes beitragen. „In einem Jahr werden wir sehen, wo wir stehen und was die Maßnahmen gebracht haben.“»Kommentar Sozialpate­n sind engagierte Bürger, die sich für Menschen in finanziell­er oder sozialer Notlage einsetzen. Als Einführung in die Arbeit der Sozialpate­n bietet das Freiwillig­enZentrum in Zusammenar­beit mit dem Amt für Soziale Leistungen der Stadt Augsburg eine Schulung an. Der Kurs startet am Freitag, 13. Oktober. Der Teilnahme an dem Angebot ist kostenlos und verpflicht­et nicht zu einer Mitarbeit als Sozialpate. Weitere Informatio­nen und Anmeldung zum Kurs unter Tel. 0821/45042211.

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