Mit dem Minicomputer zum Zukunftswald
Philipp Fluhr will als Beratungsförster Chancen und Risiken aufzeigen, um den Wald fit für den Klimawandel zu bekommen. Neben vielen Informationsangeboten ist auch ein Preis geplant
Landkreis Augsburg Philipp Fluhr kann in die Zukunft schauen: Mit seinem Toughpad kann der 29-Jährige in Sekundenschnelle hochrechnen, welchen Einfluss das Klima auf die schwäbischen Wälder haben könnte und welche Baumarten sich in einigen Jahrzehnten für welchen Standort am besten eignen. Mit den Prognosen, seinem Wissen und seiner Erfahrung berät er dann Waldbesitzer – Fluhr ist der neue Projektmanager am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg, der sich in der Region um den Zukunftswald kümmert.
Wie beispielsweise die Zukunft auf der Fläche nördlich von Reutern bei Welden auf den mäßig wechselfeuchten Feinlehmböden einmal aussieht, lässt sich bestenfalls erahnen. Im Augenblick sind nur die Stellen zu erkennen, an denen früher einmal Fichten standen. Doch dann kam der Käfer. Und damit war’s vorbei mit dem Nadelbaum, der schnellstens aus dem Wald musste. Wie es in dem Waldstück weitergeht, ist noch offen. Das muss der Besitzer selbst entscheiden. Er solle allerdings alle Informationen an die Hand bekommen, erklären Philipp Fluhr und Abteilungsleiter Ralf Gang beim Vorort-Termin. Ob wieder Fichten gepflanzt werden? Eher nicht. Das jedenfalls ergibt sich aus der Prognose, die Fluhr aus seinem Laptop holt. Ein roter Streifen hinter der Fichte zeigt dem studierten Forstwissenschaftler, dass es die Baumart ab 2071 wohl eher schwer haben wird im Holzwinkel.
Früher galt die Fichte als unkompliziert: schnell wachsend, guter Ertrag, wenig Sorgen. Heute ist es anders: Wärme und Trockenheit machen den Fichten zu schaffen. Und Wetterextreme sorgen für große Schäden. Jüngstes Beispiel war der Orkan Kolle, der bei Passau für Verwüstungen sorgte. Nicht zu vergessen die Käfer.
„Sie werden gnadenlose Verfolger der Fichte sein“, prophezeit Fluhr. Für Waldbesitzer heißt das: Sie müssen häufiger nach dem Rechten schauen. Experten rechnen bereits mit einer vierten Buchdrucker-Generation in diesem Jahr, die damit die Massenvermehrung des Schädlings noch einmal beschleunigt. Auch ohne die vierte Generation sind im Bereich des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Fors- ten schon 70 000 Festmeter Käferholz angefallen, im Vorjahr waren es 50 000 . Dieser Mengenanstieg bedeutet gleichzeitig, dass rund 150 Hektar wieder aufgeforstet werden müssen. Das ist die Chance für den Umbau im Wald.
Den neuen Herausforderungen werden in Zukunft aber nur standortsund klimaangepasste Mischbestände gewachsen sein – darüber sind sich die Experten einig. „Die Verantwortung für unsere zukünftigen Wälder tragen wir heute“, sagt Ralf Gang.
Über die Chancen und Risiken will Philipp Fluhr beraten. Er wird das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten außerdem mit verschiedenen Projekten unterstüt- zen. Vor Ort sind zum Beispiel Waldthemenabende geplant. Die nächsten Termine werden in Biberbach und Dinkelscherben stattfinden. Angeboten werden außerdem Waldbesitzer-Lehrfahrten, Waldpraxistage und Projekte mit Schulen. Auch ein „Zukunftswaldpreis“mit 500 Euro wird ausgelobt. Ihn erhält, wer sich vorbildlich mit dem Thema auseinandersetzt.
Wer will, kann sich von Fluhr auch einen Waldpflegeplan erstellen lassen: Er soll eine Orientierung über die notwendigen Arbeiten im Wald geben. „Wir wollen Optionen aufzeigen. Wir sagen aber nicht, was der jeweilige Waldbesitzer tun soll“, sagt Fluhr. Das große Ziel: Schritt für Schritt und mit vertretbaren Mitteln den Wald umbauen. Das ist ein langwieriger Prozess: „Von heute auf morgen funktioniert das nicht“, sagt der 29-Jährige. Tempo ist freilich gefragt, wenn der Käfer kommt. „Dann muss schnell und effizient gehandelt werden“, erklärt Fluhr. Sonst hat der Käfer einen kaum aufholbaren Vorsprung.
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