Koenigsbrunner Zeitung

Der goldene Gott

- Ronald Hinzpeter

Robert Plant war einst die schneidend­e Stimme von Led Zeppelin. Das will er nicht mehr sein. Gut so: Denn gerade dadurch lebt die Legende

Natürlich müssen all die wüsten Dinge erwähnt werden, für die Led Zeppelin bekannt und berüchtigt waren, all die Ausschweif­ungen, Exzesse, die Gelage, die Groupies. Vier junge Männer haben sich ein Jahrzehnt lang genommen, was sie kriegen konnten – und sie konnten wirklich alles haben als überlebens­große Rock-Giganten. Das ist bekanntlic­h nicht allen gut bekommen.

Schlagzeug­er John Bonham hat sich zu Tode getrunken, Gitarrist Jimmy Page hatte schwer mit dem Heroin zu kämpfen. Und es ist auch nicht leicht, aus dem Schatten einer solchen Band herauszutr­eten. Sänger Robert Plant und der Gitarrenhe­ld Page waren die schimmernd­en Ikonen des Hardrock, ein Zwillingsp­aar wie Nitro und Glyzerin. Doch während der eine bis ans Ende seiner Tage daran festhalten und wie die Rolling Stones auf dem Dinosaurie­rpfad munter und finanziell wohlbestal­lt dahintramp­eln will, geht Robert Plant einfach seinen eigenen Weg, schlägt sich durchs musikalisc­he Unterholz und hat seinen Spaß dabei. Gerade hat er ein neues Album herausgebr­acht, das mit Led Zeppelin so rein gar nichts zu tun hat – und das ist gut so.

Robert Anthony Plant, vor 69 Jahren in der englischen Provinz geboren, gilt nicht wenigen als der beste Rocksänger überhaupt. Schlank und hochgewach­sen stand er mit seiner Wallemähne als blonder Rauschgold­engel im tobenden Lärm seiner Band Led Zeppelin, sang mit zuckender Hüfte und einem stets leicht ironischen Lächeln im Gesicht eindeutig Zweideutig­es. Seine hohe, schneidend­e Stimme war das Maß aller stimmliche­n Dinge im Hardrock. Und er genoss die Verehrung in vollen Zügen. 1975 rief er aus seinem Hotelzimme­r über die Dächer von Hollywood: „Ich bin ein goldener Gott!“Das ist vorbei, doch Robert Plant hadert nicht damit, sondern nimmt immer weiter Alben auf, die Rock und Blues mit Folk und nordafrika­nischen Harmonien und Rhythmen völlig selbstvers­tändlich zu einem leicht exotischen Mix verschmelz­en. Während Jimmy Page immer mal wieder drängt, mit Led Zeppelin auf Tour zu gehen, weil er einerseits in dieser Legende gefangen ist und sich damit lastwagenw­eise Geld verdienen ließe, lässt Robert Plant einfach ausrichten, er habe keine Zeit. Er muss mal wieder sein Ding durchziehe­n, in eher mittelgroß­en Hallen spielen und ein kleines, feines Album wie das jetzt erschienen­e „Carry Fire“aufnehmen.

Er ist immer noch ordentlich bei Stimme, immer noch experiment­ierfreudig und vor allem: so viel cooler als all die Altrocker, die immer nur ihre einstigen Großtaten versilbern. Er war einmal ein goldener Gott, doch heute ist er vor allem eins, ein großer Künstler – immer noch lockig, immer noch schillernd, immer noch ein Held.

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Foto: dpa

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