Koenigsbrunner Zeitung

So lernen Senioren den richtigen Umgang damit

Die Verkehrswa­cht zeigt Senioren in Schwabmünc­hen, wie die Gehhilfe optimal genutzt wird. Mit kleinen Tricks kann so manche Herausford­erung sicher gemeistert werden

- VON CHRISTIAN KRUPPE

Schwabmünc­hen Rund 25 Senioren stehen im Hof der Seniorenwo­hnanlage an der Schwabmünc­hner Falkenstei­nstraße. Mit dabei ihr vielleicht wichtigste­r Helfer: ein Rollator. Für beide stehen nun zwei besondere Stunden an. Zusammen mit der Verkehrswa­cht Augsburg führt die Sozialstat­ion Schwabmünc­hen, zuständig auch für weitere betreute Wohnanlage­n in Schwabmünc­hen und Fischach, ein Sicherheit­straining mit dem Rollator durch. An verschiede­nen Stationen bekommen die Senioren wichtige Tipps zum Umgang mit ihrer „Mobilitäts­garantie“. Für Marianne Birkle von der Verkehrswa­cht sind die Rollatoren eine tolle Sache. Doch die Schwabmünc­hnerin, die dieses Training konzipiert hat, warnt: „Rollatoren können auch gefährlich sein.“

„Wir wollen den Senioren den sicheren Umgang mit ihrem Helfer zeigen und erklären, wie sie Kraft sparen und ihr Fahrzeug schonend nutzen“, erklärt Birkle. Vor allem die Körperhalt­ung sei oft ein Problem. „Viele Rollatoren sind falsch eingestell­t, die Nutzer laufen dadurch über den Rollator gebückt“, sagt sie. Kein Wunder, dass dann Rücken und Handgelenk­e schmerzen und das Schieben richtig viel Kraft koste. Daher ist auch eine der fünf Stationen eine Prüfstelle und mit zwei Experten aus der Branche besetzt. Und sie haben alle Hände voll zu tun.

Bei der Bilanz stellen sie fest, dass nur drei der Fahrzeuge mängelfrei waren. Ein großer Teil war in der Höhe falsch eingestell­t. „Die Senioren müssen aufrecht direkt hinter den Rädern stehen, dann passt es“, erläutert Birkle. Bei vielen Rollatoren sind auch die Bremsen ein Problem. Als Grund dafür sehen die Experten die mangelnde Wartung. „Da heißt es dann, dass die Oma ja eh nicht so viel läuft“, erklärt ein Mitglied des Mit einer Palette wird das Überwinden einer Bord steinkante simuliert. Mari anne Birkle (rechts) gibt dabei wichtige Tipps zur Überwindun­g dieser Gefah renstelle. Doch eine regelmäßig­e Wartung sei bei Rollatoren genauso wichtig wie bei jedem anderen Verkehrsmi­ttel. Für mehr Sicherheit sorgten die weiteren Stationen.

Aufstehen Diese Station ist eine Gartenbank. Hinsetzen und Aufstehen heißt die Übung. Was einfach klingt, birgt viel Gefahr. Vergessen die Fahrer, die Bremse festzustel­len und stützen sich dann auf ihrem Gefährt auf, ist die Gefahr groß, dass sich der Rollator schnell selbststän­dig macht. Ein Sturz wäre fast schon vorprogram­miert.

Wendigkeit Zuerst geht es durch einen kleinen und recht engen Slalomparc­ours, dann soll auf engem Raum – wie in einem Supermarkt­gang – abgebogen werden. Der Trick dabei: Die Feststellb­remse des Rades in der Kurveninne­nseite nutzen. So lässt es sich fast auf der Stelle abbiegen. Dem folgt das, was auch manchen Autofahrer Nerven kostet: rückwärts ein- und ausparken. Abschließe­nd führt der Weg noch über verschiede­n hohe Fußabstrei­fer. „So simulieren wir Türschwell­en und Ähnliches“, erklärt Birkle.

Buseinstie­g Rudolf ist seit fast vier Jahrzehnte­n Busfahrer und wartet nun auf die älteren Fahrschüle­r. Denn der Zustieg in einen Linienbus ist nicht immer einfach. „Eigentlich müssen alle Fahrgäste vorne einsteigen. Aber Menschen im Rollstuhl, mit Rollatoren oder Kinderwage­n können das nicht, die müssen den hinteren Einstieg nutzen“, erklärt Rudi. Das hat seine Tücken.

Steht ein moderner Niederflur­bus an einer Haltestell­e, bei der ein sogenannte­s Kassler Sonderbord verbaut wurde, ist die zu überwinden­de Schwelle gering, wenn der Busfahrer nah genug an den Rand fährt. Sind die Gegebenhei­ten nicht so perfekt, muss der Fahrer helfen. Der klappt eine spezielle Rampe aus, mit der es dann in den Bus geht. Dies wurde dann auch intensiv geübt. Dabei war dem Busfahrer eines ganz wichtig: „Lassen sie sich Zeit. Hetzen ist gefährlich“, sagte er immer wieder.

Bordsteink­anten Bei der letzten Station zeigen sich die meisten Defizite der Senioren auf. Mit einer Palette wird ein Bordstein simuliert. Die meisten Senioren heben den Rollator – teils mithilfe des Knies – einfach hoch. „Das geht

gar nicht“, erklärt Birkle. Für viele bedeute dies eine ziemliche Kraftanstr­engung, die meist um die sechs Kilo schweren Gefährte hochzuhiev­en.

Noch gefährlich­er ist aber das Nachsteige­n der Senioren. Denn kaum einer denkt daran, die Bremse festzustel­len. Die Bremse nur zu ziehen, genüge nicht. „Stolpern sie, lassen sie auch die Bremse los. Der Wagen rollt weg und sie stürzen“, erklärt Birkle. Es richtig zu machen, sei relativ einfach.

Viele Rollatoren haben eine Kipphilfe – eine Verlängeru­ng des Holmes zum Hinterrad, versehen mit einer Gummikappe. „Stellen sie da den Fuß drauf, dann kippt der Rollator leicht nach hinten“, sagt Birkle. Die Senioren staunen, viele wussten das nicht.

Kein Wunder, dass die Kursteilne­hmer am Ende begeistert waren. „Ich habe viele tolle Tipps bekommen“, freut sich Isolde Walter. Denn der Rollator sei wichtig für sie. „Ohne den könnte ich meine Wohnung kaum alleine verlassen.“An schönen Tagen laufe sie dann auch mal zwei oder drei Kilometer. Ohne Rollator wäre das nicht möglich.

So wie Isolde Walter geht es vielen Senioren. Mit dem Rollator steigern sie ihre Mobilität und somit ihre Lebensqual­ität. Doch der Umgang mit den Gehwagen ist nicht ungefährli­ch: Günstige Geräte erfüllen nicht immer die notwendige­n Qualitätss­tandards. ProWartung­steams. blematisch werde es auch, wenn die Geräte innerhalb einer Familie „weitervere­rbt“werden. Auch da gibt es keine Einweisung.

Daher rät Birkle zum Kauf eines Rollators beim Fachhandel: „Dort gibt es Beratung und Einweisung.“Zudem haben die Fachleute einen Überblick über die inzwischen beachtlich­e Vielfalt auf dem Markt. Zwar sind diese Fahrzeuge meist teurer, „aber an Sicherheit und Komfort sollte man nicht sparen“, so die einhellige Meinung der Profis. Zumal es von den Krankenkas­sen einen Kostenzusc­huss von rund 80 Euro gibt. »Kommentar

Bei der Bilanz stellen sie fest, dass nur drei der Fahrzeuge mängelfrei waren

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Fotos: Christian Kruppe Auch ohne Stoppuhr war die Fahrt durch den engen Slalom durchaus eine sportliche Angelegenh­eit.
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Der Einstieg in einen Bus ist mit dem Rollator eine Herausford­erung und will geübt sein.

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