So lernen Senioren den richtigen Umgang damit
Die Verkehrswacht zeigt Senioren in Schwabmünchen, wie die Gehhilfe optimal genutzt wird. Mit kleinen Tricks kann so manche Herausforderung sicher gemeistert werden
Schwabmünchen Rund 25 Senioren stehen im Hof der Seniorenwohnanlage an der Schwabmünchner Falkensteinstraße. Mit dabei ihr vielleicht wichtigster Helfer: ein Rollator. Für beide stehen nun zwei besondere Stunden an. Zusammen mit der Verkehrswacht Augsburg führt die Sozialstation Schwabmünchen, zuständig auch für weitere betreute Wohnanlagen in Schwabmünchen und Fischach, ein Sicherheitstraining mit dem Rollator durch. An verschiedenen Stationen bekommen die Senioren wichtige Tipps zum Umgang mit ihrer „Mobilitätsgarantie“. Für Marianne Birkle von der Verkehrswacht sind die Rollatoren eine tolle Sache. Doch die Schwabmünchnerin, die dieses Training konzipiert hat, warnt: „Rollatoren können auch gefährlich sein.“
„Wir wollen den Senioren den sicheren Umgang mit ihrem Helfer zeigen und erklären, wie sie Kraft sparen und ihr Fahrzeug schonend nutzen“, erklärt Birkle. Vor allem die Körperhaltung sei oft ein Problem. „Viele Rollatoren sind falsch eingestellt, die Nutzer laufen dadurch über den Rollator gebückt“, sagt sie. Kein Wunder, dass dann Rücken und Handgelenke schmerzen und das Schieben richtig viel Kraft koste. Daher ist auch eine der fünf Stationen eine Prüfstelle und mit zwei Experten aus der Branche besetzt. Und sie haben alle Hände voll zu tun.
Bei der Bilanz stellen sie fest, dass nur drei der Fahrzeuge mängelfrei waren. Ein großer Teil war in der Höhe falsch eingestellt. „Die Senioren müssen aufrecht direkt hinter den Rädern stehen, dann passt es“, erläutert Birkle. Bei vielen Rollatoren sind auch die Bremsen ein Problem. Als Grund dafür sehen die Experten die mangelnde Wartung. „Da heißt es dann, dass die Oma ja eh nicht so viel läuft“, erklärt ein Mitglied des Mit einer Palette wird das Überwinden einer Bord steinkante simuliert. Mari anne Birkle (rechts) gibt dabei wichtige Tipps zur Überwindung dieser Gefah renstelle. Doch eine regelmäßige Wartung sei bei Rollatoren genauso wichtig wie bei jedem anderen Verkehrsmittel. Für mehr Sicherheit sorgten die weiteren Stationen.
Aufstehen Diese Station ist eine Gartenbank. Hinsetzen und Aufstehen heißt die Übung. Was einfach klingt, birgt viel Gefahr. Vergessen die Fahrer, die Bremse festzustellen und stützen sich dann auf ihrem Gefährt auf, ist die Gefahr groß, dass sich der Rollator schnell selbstständig macht. Ein Sturz wäre fast schon vorprogrammiert.
Wendigkeit Zuerst geht es durch einen kleinen und recht engen Slalomparcours, dann soll auf engem Raum – wie in einem Supermarktgang – abgebogen werden. Der Trick dabei: Die Feststellbremse des Rades in der Kurveninnenseite nutzen. So lässt es sich fast auf der Stelle abbiegen. Dem folgt das, was auch manchen Autofahrer Nerven kostet: rückwärts ein- und ausparken. Abschließend führt der Weg noch über verschieden hohe Fußabstreifer. „So simulieren wir Türschwellen und Ähnliches“, erklärt Birkle.
Buseinstieg Rudolf ist seit fast vier Jahrzehnten Busfahrer und wartet nun auf die älteren Fahrschüler. Denn der Zustieg in einen Linienbus ist nicht immer einfach. „Eigentlich müssen alle Fahrgäste vorne einsteigen. Aber Menschen im Rollstuhl, mit Rollatoren oder Kinderwagen können das nicht, die müssen den hinteren Einstieg nutzen“, erklärt Rudi. Das hat seine Tücken.
Steht ein moderner Niederflurbus an einer Haltestelle, bei der ein sogenanntes Kassler Sonderbord verbaut wurde, ist die zu überwindende Schwelle gering, wenn der Busfahrer nah genug an den Rand fährt. Sind die Gegebenheiten nicht so perfekt, muss der Fahrer helfen. Der klappt eine spezielle Rampe aus, mit der es dann in den Bus geht. Dies wurde dann auch intensiv geübt. Dabei war dem Busfahrer eines ganz wichtig: „Lassen sie sich Zeit. Hetzen ist gefährlich“, sagte er immer wieder.
Bordsteinkanten Bei der letzten Station zeigen sich die meisten Defizite der Senioren auf. Mit einer Palette wird ein Bordstein simuliert. Die meisten Senioren heben den Rollator – teils mithilfe des Knies – einfach hoch. „Das geht
gar nicht“, erklärt Birkle. Für viele bedeute dies eine ziemliche Kraftanstrengung, die meist um die sechs Kilo schweren Gefährte hochzuhieven.
Noch gefährlicher ist aber das Nachsteigen der Senioren. Denn kaum einer denkt daran, die Bremse festzustellen. Die Bremse nur zu ziehen, genüge nicht. „Stolpern sie, lassen sie auch die Bremse los. Der Wagen rollt weg und sie stürzen“, erklärt Birkle. Es richtig zu machen, sei relativ einfach.
Viele Rollatoren haben eine Kipphilfe – eine Verlängerung des Holmes zum Hinterrad, versehen mit einer Gummikappe. „Stellen sie da den Fuß drauf, dann kippt der Rollator leicht nach hinten“, sagt Birkle. Die Senioren staunen, viele wussten das nicht.
Kein Wunder, dass die Kursteilnehmer am Ende begeistert waren. „Ich habe viele tolle Tipps bekommen“, freut sich Isolde Walter. Denn der Rollator sei wichtig für sie. „Ohne den könnte ich meine Wohnung kaum alleine verlassen.“An schönen Tagen laufe sie dann auch mal zwei oder drei Kilometer. Ohne Rollator wäre das nicht möglich.
So wie Isolde Walter geht es vielen Senioren. Mit dem Rollator steigern sie ihre Mobilität und somit ihre Lebensqualität. Doch der Umgang mit den Gehwagen ist nicht ungefährlich: Günstige Geräte erfüllen nicht immer die notwendigen Qualitätsstandards. ProWartungsteams. blematisch werde es auch, wenn die Geräte innerhalb einer Familie „weitervererbt“werden. Auch da gibt es keine Einweisung.
Daher rät Birkle zum Kauf eines Rollators beim Fachhandel: „Dort gibt es Beratung und Einweisung.“Zudem haben die Fachleute einen Überblick über die inzwischen beachtliche Vielfalt auf dem Markt. Zwar sind diese Fahrzeuge meist teurer, „aber an Sicherheit und Komfort sollte man nicht sparen“, so die einhellige Meinung der Profis. Zumal es von den Krankenkassen einen Kostenzuschuss von rund 80 Euro gibt. »Kommentar
Bei der Bilanz stellen sie fest, dass nur drei der Fahrzeuge mängelfrei waren