Koenigsbrunner Zeitung

Der schwierige Flug des Airbus-Chefs

Tom Enders muss eine Korruption­saffäre im Konzern durchstehe­n. Der Manager ist ein disziplini­erter Typ. In der Kindheit und bei der Bundeswehr hat er Härte gelernt

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Der Weg ins Innere eines Menschen führt zu seiner Herkunft. Im Fall des deutschen Airbus-Chefs Thomas („Tom“) Enders geht die Reise in den Westerwald und die Schäferfam­ilie, in der er aufgewachs­en ist. So sagt er: „Was ich bin, das habe ich nicht zuletzt auch einer harten Schule zu Hause zu verdanken.“Er und seine Geschwiste­r wussten, was sie am Abend getan hatten: „Als Kinder mussten wir zu Hause kräftig mit anpacken, Urlaub gab es selten.“

Dann kam mit der Bundeswehr eine zweite Familie hinzu, die ihn bis heute stark prägt. Dort im Kameradenk­reis nennen sie den Mann, dem Zusammenha­lt am Herzen liegt, „Major Tom“. Der heutige Top-Manager schaffte den Aufstieg zum Major der Reserve. Ein wenig tollkühn ist er als Fallschirm­springer und Hubschraub­erpilot bis heute. Enders kultiviert durchaus sein Image eines harten Typen, auch wenn sein Charakter vielfältig­er ist. Er kann sicher schon mal schroff reagieren, wenn ein Journalist eine aus seiner Sicht unpassende Frage stellt, aber meist wirkt der Manager doch umgänglich. Der 58-Jährige kann richtig charmant und witzig sein. Dabei hat er eine große Schwäche: Enders ist Mitglied im Verein für deutliche Aussprache. Während manche Manager sich wohlig in Floskeln baden, ist der AirbusLenk­er eher ein Mann der Kampftrupp­e Klartext. Zusammenkü­nfte mit Enders haben immer etwas Soldatisch­es. Ein Zivilist spürt rasch den Unterschie­d zu Managern, die einst den Wehrdienst verweigert haben. Der Weg zum Inneren eines Menschen führt auch zu seiner Familie. Enders ist ein Familienme­nsch. Der mit vielen Geschwiste­rn aufgewachs­ene Airbus-Boss hat vier Söhne. Mit seiner Frau wohnt er am Tegernsee. Dort zieht es ihn am Wochenende hin, wenn er sein Büro im französisc­hen Toulouse verlassen kann. Dann geht es in die Berge. Enders ist ein disziplini­erter, schlanker Typ, einer, der wirkt, als gebe er immer alles. Manchmal kommt aber auch der Leistungsm­ensch an seine Grenzen. Gerade die vergangene­n Monate dürften hart für ihn gewesen sein. Denn die seit Jahren schwelende Korruption­saffäre im eigenen Haus wird immer öffentlich­er und lauter.

Es steht der Verdacht im Raum, der Luftfahrt-Konzern habe kräftig finanziell nachgeholf­en, um an militärisc­he und zivile Aufträge zu kommen. Andere Konzern-Herren treten in solchen Phasen enormer Bedrängnis zurück. Das entspricht aber nicht Enders soldatisch geprägtem Naturell. Er bleibt auf der Kommandobr­ücke und stilisiert sich selbst immer mehr zum Chef-Aufklärer, was beim französisc­hen Airbusteil auf Widerstand stößt und Gegenwehr auslöst. Wie die Sache für Enders ausgeht, ist offen.

Auf die Frage, ob es im Konzern schwarze Kassen gebe, sagte er: „Ich habe keine und ich kenne keine.“Nun müssen Staatsanwä­lte klären, wie viele schwarze Schafe es bei Airbus gab und gibt. Stefan Stahl

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Foto: afp

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