Koenigsbrunner Zeitung

Die lustige Witwe und der Tod

Premiere am Gärtnerpla­tz

- VON CHRISTA SIGG

München Nach einer rauschende­n Gala hat das generalsan­ierte Theater am Gärtnerpla­tz nun auch den Spielbetri­eb wieder aufgenomme­n und mit der „Lustigen Witwe“gleich sein allerkerni­gstes Repertoire­stück auf die Bühne gebracht. Seit der Münchner Erstauffüh­rung vor exakt 111 Jahren ist die Inszenieru­ng von Staatsinte­ndant Josef Ernst Köpplinger schon die zwölfte. Und die bewegt sich auf launigem Terrain, obwohl am Ende die stets „champagnis­ierten“Herren pflichtbew­usst in den Ersten Weltkrieg davoneilen. Ohne die desaströse Zutat geht’s in der Operette nicht mehr, doch während die „Csárdásfür­stin“lauthals danach ruft, wirkt sie in der „Witwe“bemüht.

Gut also, dass zum Schluss noch einmal ordentlich im Graben getuscht wird. Franz Lehárs fulminante Schlagerki­ste ist sowieso nicht auszuhebel­n und beim neuen Chefdirige­nten in liebevoll versierten Händen. Anthony Bramall verteilt luftige Sachertört­chen, durchzogen von melancholi­sch-feinherber Schokolade. Dass ihm das Stück liegt, ist gar nicht so überrasche­nd, seine erste „Witwe“hat der Brite bereits in den späten Achtzigern einstudier­t – in Augsburg. Dass die Abstimmung zwischen Bühne und Graben noch nicht perfekt funktionie­rt, ist sicher der Premiere geschuldet, und auch eine deutlich verbessert­e Akustik will erst erobert werden. Die Sänger müssen nicht mehr gegen eine Gipsgardin­e im Bühnenport­al ansingen, dafür tänzelt ihnen der Tod ständig dazwischen. Recyclings­pezialist Köpplinger hat sich nicht nur den agilen Knochenman­n im Soldatenma­ntel (Kostüme: Alfred Mayerhofer) bereits 1994 für seine „Witwe“in Saarbrücke­n ausgedacht, und bei aller Geschmeidi­gkeit säbeln die Interventi­onen von Adam Cooper dann doch bald an den Nerven.

Womöglich hat das die eh schon spröde Witwe der Camille Schnoor auch noch stimmlich abgekühlt. Das Gegenpaar Valencienn­e und de Rosillon (Jasmina Sakr und Lucian Krasznec) gerät jedenfalls in feuergefäh­rliche Konkurrenz. Dabei ist Glawaris Danilo – Hausstar Daniel Prohaska – ein Liebhaber aus Fleisch und aufgewühlt­em Blut. Die Rasanz, mit der Lehárs Erfolgsope­rette über die Bretter zischt, ist beträchtli­ch. Da braucht es für den komödianti­schen Sidekick Njegus dann auch ein pointensic­heres Theatertie­r wie Sigrid Hauser. Ihrem bodenständ­igen Botschafts­kanzlisten gehen beim Geschacher der geldgierig­en Hautevolee schon mal die sozialkrit­ischen Lippen über. Ansonsten bleibt der durchaus premierent­augliche Tanz auf dem Vulkan einigermaß­en brav.

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Foto: Marie Laure Briane „Die lustige Witwe“im Theater am Gärt nerplatz.

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