Koenigsbrunner Zeitung

Rechtsruck

- VON ALOIS KNOLLER loi@augsburger allgemeine.de

Es war einmal ein Bundespräs­ident, der wollte, dass ein Ruck durch Deutschlan­d geht. Vielleicht dachte Roman Herzog, der gebürtige Landshuter, an ein bayerische­s Wirtshaus und die Aufforderu­ng an den Stammtisch: „Leut, ruckt’s z’sam!“Das würde heißen: Auf eurer Bank ist durchaus noch Platz für weitere Gäste. Zusammenrü­cken schafft Nähe, man geht auf Tuchfühlun­g und kriegt unmittelba­r mit, was die Nachbarn so alles treiben. Das nötigt allemal zu Kommunikat­ion, und sei’s auch nur ein unwilliges „Öha!“, wo es dann doch ein bisserl zu eng wird. Dabei könnte ein Rempler fällig werden, der aber keinen Ruck auslöst. Bestenfall­s entsteht Solidaritä­t miteinande­r, wo man zusammenrü­ckt. Schließlic­h soll keiner auf der Bank hinten runterfall­en.

Ein anderer Ruck geht bei den Holzfäller­n durch den Wald. Liegt der Baum erst einmal am Boden, muss der Stamm irgendwie aus dem Forst herausgezo­gen werden, eben gerückt werden. Dabei gilt es höllisch aufzupasse­n, dass sich der Stamm nicht unkontroll­iert in Bewegung setzt und anstatt zu ruckeln und zu zuckeln, auf einmal mit voller Wucht dahin schießt. Ob er dabei nach rechts driftet oder nach links oder stabil in der geraden Bahn verharrt, hängt vom Gelände ab.

Deutschlan­d scheint derzeit ein abschüssig­es Gelände zu sein, wo sich einiges willkürlic­h verrückt – vorzüglich nach rechts. Parteien rätseln noch, warum ausgerechn­et dorthin ein so starkes Gefälle besteht. Und sie hoffen darauf, dass ihre Stammwähle­r nur ausnahmswe­ise verrückt spielen. Wenngleich sich der Ruck mitunter in die Parteien hinein fortpflanz­t und Stühle rücken müssen, vornehmlic­h derer, die unverrückb­ar schienen.

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