Rechtsruck
Es war einmal ein Bundespräsident, der wollte, dass ein Ruck durch Deutschland geht. Vielleicht dachte Roman Herzog, der gebürtige Landshuter, an ein bayerisches Wirtshaus und die Aufforderung an den Stammtisch: „Leut, ruckt’s z’sam!“Das würde heißen: Auf eurer Bank ist durchaus noch Platz für weitere Gäste. Zusammenrücken schafft Nähe, man geht auf Tuchfühlung und kriegt unmittelbar mit, was die Nachbarn so alles treiben. Das nötigt allemal zu Kommunikation, und sei’s auch nur ein unwilliges „Öha!“, wo es dann doch ein bisserl zu eng wird. Dabei könnte ein Rempler fällig werden, der aber keinen Ruck auslöst. Bestenfalls entsteht Solidarität miteinander, wo man zusammenrückt. Schließlich soll keiner auf der Bank hinten runterfallen.
Ein anderer Ruck geht bei den Holzfällern durch den Wald. Liegt der Baum erst einmal am Boden, muss der Stamm irgendwie aus dem Forst herausgezogen werden, eben gerückt werden. Dabei gilt es höllisch aufzupassen, dass sich der Stamm nicht unkontrolliert in Bewegung setzt und anstatt zu ruckeln und zu zuckeln, auf einmal mit voller Wucht dahin schießt. Ob er dabei nach rechts driftet oder nach links oder stabil in der geraden Bahn verharrt, hängt vom Gelände ab.
Deutschland scheint derzeit ein abschüssiges Gelände zu sein, wo sich einiges willkürlich verrückt – vorzüglich nach rechts. Parteien rätseln noch, warum ausgerechnet dorthin ein so starkes Gefälle besteht. Und sie hoffen darauf, dass ihre Stammwähler nur ausnahmsweise verrückt spielen. Wenngleich sich der Ruck mitunter in die Parteien hinein fortpflanzt und Stühle rücken müssen, vornehmlich derer, die unverrückbar schienen.