Koenigsbrunner Zeitung

Festival

- VON ALOIS KNOLLER Programm unter www.lab30.de, Tickets im Kulturhaus Abraxas, Tel. 0821/3 24 63 55 und an der Tageskasse.

Elektronik verbindet sich mit Tanz

Das Augsburger Lab.30 überrascht mit einer Reihe von Deutschlan­d-Premieren. Wie Kuratorin Barbara Friedrichs nicht nur Party macht, sondern Medienkuns­t präsentier­t

Mit einer doppelten Premiere legt das 16. Augsburger Medienkuns­tfestival Lab.30 vom 26. bis 29. Oktober los. Erstmals verbindet eine Darbietung Tanz und Projektion – und dies als deutsche Erstauffüh­rung der spanischen Tänzerin Rocio Berenguer. „Seit Jahren hielt ich Ausschau danach, denn unser Theater ist prädestini­ert für Tanz. Aber es war ganz schön schwierig“, sagt Kuratorin Barbara Friedrichs. Nun hat ein Augsburger Künstler die spanische Kollegin auf einem Festival in Casablanca gesehen.

Ebenfalls als Erstauffüh­rung baut Eric Rayneud sein „Vector Field“als mathematis­che Performanc­e auf. Und noch etwas Überrasche­ndes hat sich ergeben: Ein Medienküns­tler aus der japanische­n Partnersta­dt Amagasaki hat sich angesagt. Eine Augsburger Delegation hatte ihn auf Lab.30 neugierig gemacht. Barbara Friedrichs schätzt die lebendige Szene für elektronis­che Kunst in Japan: „Ich bin gespannt, was das für die kommenden Jahre heißt …“

2017 wird in Augsburg zunächst Asmus Tietchens glänzen. Der 1947 geborene Komponist und Musiker aus Hamburg ist einer der wichtigste­n deutschen Wegbereite­r der experiment­ellen elektronis­chen Musik. Seit Jahrzehnte­n befasst er sich damit. „Asmus Tietchens schlägt leise, doch intensive Töne an, wohl überlegt organisier­t er seine Musik und jedes Konzert wird zu einer besonderen Premiere“, steht im Programmhe­ft. Am Samstagabe­nd gibt er ein Konzert im Abraxas.

Durchs gesamte Kulturhaus sind zum Festival wieder Ausstellun­gen verstreut. Kritisch mit heutiger Social-Media-Wirklichke­it setzt sich das Projekt „Gifgun“auseinande­r. Kevin Mendzies (Bremen) stellt eine Kamera in Gestalt einer Pistole bereit. Besucher können kurze Videoschle­ifen filmen, die sofort als Animatione­n mit aktuell populären Hashtags ins Netz geladen werden. Jeder Schuss kann ein Hype werden, zugleich aber befragt die Gifgun die ständige mediale Selbstverl­iebtheit.

Nicht weniger zeit- und medienkrit­isch ist „Sleepingsq­uad“(Schlafende Truppe) der Berlinerin Maja Ebert. Die 9-Kanal-Videoinsta­llation zeigt im Live-Stream Aufnahmen von Schlafende­n und offenbart nicht nur, dass man mit Intimität mehr denn je Sensations­lust weckt und Klicks generiert, sondern auch, dass die Menschen in der vernetzten Gesellscha­ft ihre intimsten Rückzugsor­te freiwillig aufgeben.

Mit der Hochschule Augsburg intensivie­rt sich der Austausch: Sieben Studierend­e im Zweig „Interaktiv­e Medien“laden in „Skyline“dazu ein, mit einem Gleitschir­m virtuell durch eine futuristis­che Stadt zu fliegen. Durch den schwebende­n Zustand und die analoge Steuerung des Gleitschir­ms haben die Nutzer das Gefühl, mittendrin zu sein.

An den interaktiv­en Projekten haben vor allem Familien und Kinder Spaß. „Es ist Kunst zum Anfassen. Erst haben die Leute ein Fragezeich­en im Gesicht, dann kommt das große Aha“, weiß Gerald Fiebig, der das Abraxas leitet. Workshops animieren ausdrückli­ch zum Selbermach­en. Tina Tonagel aus Köln baut am Samstag die „Elektro Murmel City“. Das sind Papphäusch­en mit Lichtschra­nke. Wenn eine Murmel durch das Tor rollt, erklingt eine Zufallsmel­odie. Am Sonntag leitet Tina Tonagel dazu an, sich ein funktionsf­ähiges Musikinstr­ument zu zeichnen – das Graphit-Keyboard. Es braucht einen kleinen Verstärker und eine Bleistiftl­inie, schon lässt sich eine Melodie spielen.

Lab.30 geht auch hinaus. In der Pfarrkirch­e St. Thaddäus wird am Freitagabe­nd Lukas Lauermann, der sich als Cellist in Wien im Pop einen Namen gemacht hat, sein neues Solo-Album zwischen E- und U-Musik vorstellen. In der KradHalle macht sich das Duo „Strwüü“hörbar. Sechs ausrangier­te Drucker werden in unterschie­dlichen Tempi betrieben und erzeugen damit einen Klangteppi­ch tanzbarer Grooves.

Bei all den Performanc­es und Late-Night-Partys brennt Lab.30 aber kein viertägige­s Feuerwerk ab und danach kehrt wieder Ruhe ins Abraxas ein. Gleich ab 6. November bestückt Gerald Fiebig den Hörraum Loop30 mit neuer akustische­r Medienkuns­t. Der britische Künstler Robin Storey hat dafür eigens die atmosphäri­sch dichte AmbientKla­ngskulptur „Grasslands Dream of Electric Sheep“geschaffen.

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Foto: Wolfgang Diekamp Barbara Friedrichs und Gerald Fiebig bereiten im Endspurt das 16. Augsburger Me dienkunstf­estival Lab.30 vor. Die Besucher des Abraxas erwartet eine ungewohnte Freiheit, denn kürzlich ist der hohe Kasernenza­un mit den massiven Toren gefallen. Ein...

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