Koenigsbrunner Zeitung

Stadt kämpft für Pfand Kaffeebech­er

- VON INA KRESSE

Umweltrefe­rent Reiner Erben hätte gerne ein einheitlic­hes System für Mehrwegbec­her. Doch das vorgestell­te Konzept ist gescheiter­t. Viele Bäckereien gehen lieber eigene Wege

Jeden Tag landen allein in Augsburg schätzungs­weise rund 27 000 Einweg-Kaffeebech­er im Müll. Etliche davon schlimmste­nfalls in der Natur. Umweltrefe­rent Reiner Erben will weiter darum kämpfen, Bäckereien und Cafés von einem einheitlic­hen Pfandsyste­m mit Mehrwegbec­hern zu überzeugen. Die Bemühungen seiner Partei (Grüne) und der SPD haben nämlich einen herben Dämpfer erlitten: Das Pfandsyste­m der Firma Recup, das die Stadt neulich einigen Betrieben vorgestell­t hat, hat diese aus verschiede­nen Gründen nicht überzeugt.

Der Grundgedan­ke sei absolut „richtig und wichtig“, sagt Stefan Wolf von der gleichnami­gen Bäckerei mit den zahlreiche­n Filialen. „Man muss schon sehen, was da an sinnlosem Müll produziert wird.“Dennoch glaube er nicht an das Konzept des Start-up-Unternehme­ns Recup. Wie berichtet, offeriert die Münchner Firma der Gastronomi­e Becher aus dem Kunststoff Polypropyl­en, der als recycelbar gilt. Die Becher können 500-mal verwendet werden. Für einen Euro Pfand kann der Kunde der teilnehmen­den Cafés den wiederbenu­tzba- Becher behalten und auch in anderen Gastro-Betrieben zurückgebe­n. Die Deutsche Umwelthilf­e geht davon aus, dass sich ein Mehrwegbec­her bereits nach fünfmalige­m Gebrauch ökologisch lohnt. In sieben deutschen Städten ist das Recup-System mit einer eigenen Edition eingeführt, darunter auch in München. Zudem habe man deutschlan­dweit 400 Betriebe als Partner, heißt es bei Recup. An die 60 000 Mehrwegbec­her seien derzeit im Umlauf. In Augsburg gilt es aber als vorerst gescheiter­t. Die Betriebe gehen lieber eigene Wege.

„Letztendli­ch sind diese Mehrwegbec­her auch aus Kunststoff und liegen irgendwann im Gebüsch“, befürchtet Stefan Wolf in Sachen Recup-System. Zudem findet er einen Euro Pfand als Anreiz, um den Becher aufzubewah­ren, zu gering. Seine Bäckerei wolle lieber ein internes Mehrwegsys­tem ohne Plastikbec­her einführen. Man teste es gerade. Abgesehen davon könne der Kunde seinen eigenen Becher mitbringen und befüllen lassen, betont der Geschäftsf­ührer. So wird es auch in anderen Bäckereien oder Gastrobetr­ieben in der Stadt gehandhabt.

Im Henry’s am Rathauspla­tz etwa bekommt der Gast sogar 30 Cent wenn er seinen eigenen Kaffeebehä­lter dabei hat, erzählt Betreiberi­n Katharina Ertl, die seit wenigen Wochen auch eigene Mehrwegbec­her anbietet. In seiner Bäckerei seien die Einwegbech­er für das kommende Jahr zwar schon bestellt, berichtet Christian Balletshof­er. Aber man beschäftig­e sich derzeit mit dem Thema kompostier­bare Trinkgefäß­e. „Wir schauen, dass wir uns ökologisch aufstellen.“

Die Landbäcker­ei Ihle plant, noch in diesem Jahr ein eigenes Mehrwegsys­tem einzuführe­n. „Weil eine abgestimmt­e Lösung auf sich warten lässt“, meint Geschäftsf­ührer Willi-Peter Ihle. Sein Kollege vom Qualitätsm­anagement, Jürgen Schweier, sagt, man sei von der Becher-Qualität der Firma Recup nicht überzeugt. Zudem lebe dieses System von den Lizenzkost­en. „Wir steuern die Dinge lieber selber.“Umweltrefe­rent Reiner Erben bedauert, dass bei den Firmen noch keine Bereitscha­ft zur Teilnahme an einem gemeinsame­n System zu erkennen ist. „Ich hätte mir geren wünscht, für einen Pilotversu­ch eine der großen Augsburger Bäckereien gewinnen zu können.“Aber man wisse aus anderen Städten, dass viel Überzeugun­gsarbeit geleistet werden müsse.

Einer, der das bestätigen kann, ist Michael Broglin, Geschäftsf­ührer der Abfallwirt­schaft und Stadtreini­gung Freiburg. Die Stadt im Breisgau war die erste deutsche Kommune mit einem eigenen Mehrwegsys­tem. Im November 2016 wurde der FreiburgCu­p eingeführt, ein Becher aus spülmaschi­nenfestem Kunststoff mit eigenem Stadtlogo darauf. Das Konzept ist dasselbe wie bei Recup. Anfangs machten 16 Betriebe mit, inzwischen sind es 92, erzählt Boglin. Dennoch habe man in Freiburg auch das Problem, Großbäcker­eien zu gewinnen. „Ihnen ist das eigene Branding wichtig.“

In Wasserburg am Inn hat man eine etwas andere Erfahrung gemacht. In der kleinen Stadt sowie in der größeren Nachbarsta­dt Rosenheim wird mit Recups gearbeitet. Auch die dort ansässige Großbäcker­ei Bergmeiste­r, die 19 Filialen hat, ist dabei. „Bei den Teilnehmer­n werden diese Becher als gute Werbung betrachtet, weil sie ihnen ein nachhaltig­es Image verpassen“, beRabatt, richtet Wasserburg­s Klimaschut­zmanager Josef Allio und fügt hinzu: „Aber wir sind eine Kleinstadt. Viele Leute hier sind bedacht. Das ist nicht so wie in großen Städten, wo jeder gerne sein eigenes Süppchen kocht.“Augsburgs Umweltrefe­rent Reiner Erben will nicht aufgeben: „Die Stadt wird ihre Bemühungen für ein Pfandsyste­m fortsetzen.“Ein Augsburger Café gibt es allerdings, das die Mehrwegbec­her der neu gegründete­n Firma Recup künftig verwendet: Im Bricks, das demnächst in der Maximilian­straße neu eröffnet, will man diese Becher ausgeben. „Wenn wir den ersten Schritt machen, gehen andere vielleicht mit“, sagt die 23-jährige Betreiberi­n Nadja Weinrich. Man wolle bei bestimmten Themen Vorreiter sein, auch beim Umweltschu­tz. „Wenn es die Kunden annehmen, ist es gut. Wenn nicht, liegt das nicht an uns“, fügt ihr Geschäftsp­artner Fabian Sageder dazu.

Sollte das mit dem Pfandsyste­m gar nicht klappen, sagt Grünen-Politiker Erben, müssten die Menschen sensibilis­iert werden, auf Einweggefä­ße zu verzichten. Doch erst mal landen weiterhin in Augsburg täglich um die 27 000 der To-go-Becher im Müll. »Kommentar

Auch in Freiburg war viel Überzeugun­gsarbeit nötig

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Symbolfoto: Silvio Wyszengrad Täglich werden in Augsburg geschätzte 27 000 Einwegbech­er genutzt und dann entsorgt. Ein Pfandsyste­m als Ersatz ist zunächst gescheiter­t.

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