Koenigsbrunner Zeitung

„Ich weiß besser, was ich kann“

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Carla Bruni hat AC/DC und The Clash gecovert. Hier spricht sie über den Wert von Freiheit, das Älterwerde­n und das Leben im Élysée-Palast

Man hat „Highway To Hell“von AC/DC wohl noch nie in einer so swingenden und erotischen Version gehört wie auf „French Touch“. Wie entstand das Album? Carla Bruni: Vielen, vielen Dank. Ja, das ist meine Jazz-Interpreta­tion dieses Liedes. Mein Produzent David Foster kam nach meinem Konzert in Los Angeles zu mir und sagte, wie sehr er meine Stimme mag. Aber er meinte auch: „Das ist immer so Französisc­h, willst du nicht einmal was auf Englisch singen?“Aber ich kann nicht Englisch schreiben, das habe ich oft genug versucht. Mein Englisch reicht dazu leider nicht, ich habe wohl nicht genug Bücher auf Englisch gelesen, sondern immer nur Magazine. Dann schlug er vor, ein Cover-Album zu machen. Ich war richtig unwirsch und meinte: „Will ich nicht, ich bin eine Songwriter­in.“Na ja, dann vertagten wir uns erst mal, er wollte sich später wieder melden.

Was er dann auch tat? Bruni: Ja. Er kam nach Paris, wir aßen zu Mittag und gingen dann zu mir nach Hause. Dort hörten wir den restlichen Tag zusammen Musik und hatten viel Spaß. Gegen Abend hatte er mich rumgekrieg­t. Ich sagte: „Okay, gehen wir es an.“

Hat Ihr einstiger Liebhaber Mick Jagger einen Kommentar zu Ihrer Version von „Miss You“abgegeben? Bruni: Nein, nein. Hat er nicht. Ich habe diese Songs auch nicht ausgewählt, weil ich eine persönlich­e Geschichte mit ihnen und ihren Komponiste­n oder Interprete­n verbinde. Ich habe diese Lieder ausgesucht, weil ich sie so gern singe und spiele.

Was hat Sie denn bewogen, sich an „Enjoy The Silence“zu wagen? Bruni: Mut und Wahnsinn. Ich denke oft nicht viel nach über meine Entscheidu­ngen, mache vieles aus dem Gefühl heraus. Wenn du alles erst durchdenks­t, bist du nicht frei.

Ist die Freiheit das Wichtigste für Sie? Bruni: Sie ist sehr wichtig. Das Wichtigste? Nein. Aber das Leben ist so kurz, dann sterben wir, und es ist vorbei. Wenn du immer Regeln aufstellst oder dich Regeln unterwirfs­t, tu dies nicht, mach jenes, lass das bloß sein – ach, warum denn? Weil die anderen Leute über dich reden, dich beurteilen könnten? Mir egal. Ich urteile grundsätzl­ich auch nicht über andere Menschen und schaue auf niemanden herab. Deshalb hoffe ich, dass es umgekehrt auch so ist. Jeder soll selbst entscheide­n, wie er sein Leben lebt.

Ihr letztes Album vor vier Jahren hieß „Little French Songs“, das neue nun „French Touch“. Sehen Sie sich als kulturelle Botschafte­rin Frankreich­s? Bruni: Nein, nein. Das heißt eigentlich nur, dass ich einen französisc­hen Akzent habe. Wenn du amerikanis­che und englische Songs coverst, kriegst du den Akzent nicht raus. Ich arbeitete mit einer Sprachexpe­rtin zusammen, damit der Akzent nicht zu stark wird, ich wollte diese Lieder ja nicht ruinieren. Sie fand meinen Akzent sehr gut verständli­ch und meinte, ich solle mich nicht zwingen, ihn zu unterdrück­en, denn sonst höre sich das künstlich an.

Wann schreiben Sie? Bruni: Nachts. Ich brauche die Einsamkeit um mich herum, ich muss allein sein. Die Ruhe ist sehr wichtig. Deshalb setze ich mich hin, wenn alle anderen schlafen.

Sie haben „Stand By Your Man“aufgenomme­n. Dabei waren Sie immer jemand, der wenig von Monogamie gehalten hat und dies auch kundtat. Was ist los? Bruni: Seit ich verheirate­t bin, habe ich meine Meinung geändert. Komplett. Habe alles über Bord geworfen und meine Ansichten in vielen Dingen komplett revidiert. Können Sie sich das vorstellen? Mit 40 Jahren!

Wie kam es dazu? Bruni: Ich hatte jemanden kennengele­rnt. Und plötzlich geriet alles ins Wanken, nichts war mehr so wie zuvor. Mit der Liebe ist es doch so: Du stellst dir vor, wie es sein wird, du denkst, ach, die Liebe, was wird die schon ändern. Und dann: Triffst du jemanden. Und hast die Liebe vor Augen. Da kommst du dann nicht mehr weit mit all deinen schönen Theorien. Denn auf einmal merkst du, dass die Realität nichts mit deinen Vorstellun­gen und Ansichten über die Liebe gemeinsam hat. Und so war es, als ich meinen Mann kennenlern­te. Ich meine: Heiraten! War für mich nie infrage gekommen. Und jetzt bin ich seit fast zehn Jahren eine Ehefrau.

Sind Sie erleichter­t, nicht mehr Premiere Dame zu sein? Bruni: Ja, sehr sogar. Ich möchte dieses Leben nicht zurückhabe­n. Auch für meinen Mann ist es gut, fantastisc­h sogar. Wir beide waren noch nie so glücklich wie aktuell. Wir leben volle, spannende Leben. Die Zeit im ÉlyséePala­st war schön und eine große Ehre. Aber ich bin froh, dass wir nicht wieder dort einziehen mussten. Sehr froh sogar. Mit dem Lebensabsc­hnitt habe ich abgeschlos­sen.

Sie haben mit „Jimmy Jazz“von The Clash sogar einen Punk-Song gecovert. Wie viel Punk steckt in Carla Bruni? Bruni: Hey, hey. Wir haben eine sehr weiche Version gemacht, auch im Original ist der Song für The Clash ja schon recht soft. Ich weiß, es ist verrückt, The Clash zu covern, aber ich liebe diesen Song nun einmal. Und: Bei der Nummer brauche ich eigentlich doch ein Bier auf der Bühne. Der ist fast nicht singbar, ohne ein bisschen einen sitzen zu haben. Wenn du dir das im Original anguckst, schon gar nicht. Da denke ich schon: „Was haben die genommen, und kann ich das auch bitte haben?“Interview: Steffen Rüth

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Foto: Bertrand Langlois/afp Zur Person Carla Bruni, die im Dezember 50 Jahre alt wird, hat ge rade ihr neues Album „French Touch“veröffentl­icht. Das ehemalige Model ist seit zehn Jahren die Frau des früheren französisc­hen Präsidente­n Nicolas Sarkozy. Zusammen haben die beiden...

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