Koenigsbrunner Zeitung

Liebe Eltern: Wer ist Merkules?

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Am Ende einer wieder mal wirren Woche könnte man sich ja fragen, wie das aussähe, nähme sich Angela Merkel tatsächlic­h Sebastian Kurz zum Vorbild. Käme da eher der bayerisch-stammtisch­stämmige Markus Söder raus oder der thüringisc­h-ministrant­enhafte Daniel Günther?

Aber eigentlich sind Millionen Menschen in Deutschlan­d gerade von einer ganz anderen Wahl bewegt, oder eher, im Gegenteil: so unmittelba­r betroffen, dass sie in Leblosigke­it erstarren oder versuchen, in Mimikry so mit der Umwelt zu verschmelz­en, dass sie unsichtbar werden. Ein fabelhafte­s Schauspiel, das an Becketts große Dramen erinnert („Warten auf Godot“) und fasziniere­n kann – wenn man nicht mitspielen muss. Und das alljährlic­h! Es geht um die Wahlen der Elternvert­reter in Schulen und Kindergärt­en. Dramatisch­e Szenen ereignen sich: Dutzende Erwachsene in einem Raum, seit der Frage nach Kandidaten herrscht bleiernes Schweigen – und Lehrer, die das nach jahrelange­m Geduldtrai­ning mit Schülern bis zur notwendige­n Lösung aussitzen. Da soll mitunter eine Stunde und mehr verstreich­en, eine Lehrerin sogar den Klassenrau­m von außen abgeschlos­sen haben mit der Ansage, die Eltern kämen erst raus, wenn zwei Namen auf der bereit gelegten Liste stünden.

Aus einem Kindergart­en wiederum ist überliefer­t, dass, nachdem die im vergangene­n Jahr Genötigten seufzend die Verlängeru­ng anbieten, sich zögerlich ein Finger hebt und eine Frauenstim­me wispert: Nachdem sie nun Jahre nur zu Hause war, wäre sie froh, auch wieder eine Rolle in der Welt zu spielen, also zumindest als Kassenwärt­in…?

Diese Wahlen bewegen die Republik. Gesucht wird nicht weniger als das, was ein aktuell zum Jugendwort des Jahres nominierte­r Begriff beschreibt: Merkules – eine Mischung aus Merkel und Herkules.

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