Koenigsbrunner Zeitung

Grün im Lot

Ausgleichs­flächen schaffen unter anderem eine Harmonie aus Leben und Arbeiten. Wie das funktionie­ren kann, zeigt ein Ortsbesuch

- VON VANESSA BERGLER

Ausgleichs­flächen schützen Lebensräum­e, schaffen Infrastruk­tur und bieten Naherholun­g für Menschen. Damit wird auch die Grundlage für die Harmonie von Leben und Arbeiten an einem Ort geschaffen.

Mit der Aufstellun­g eines Bebauungsp­lans startet zugleich die Planung für die bundesgese­tzlich erforderli­chen Ausgleichs­flächen, die in der Regel naturschut­zfachlich angelegt werden. Was hierbei alles zu beachten ist und wie Mensch, Natur und Infrastruk­tur von Anfang an zusammen gedacht werden, hat Armin Baur vom Amt für Grünordnun­g, Naturschut­z und Friedhofsw­esen als Ansprechpa­rtner für die Bauleitpla­nung der Stadt Augsburg der Regio Augsburg Wirtschaft in einem VorOrt-Termin anschaulic­h erklärt.

Zuvorderst soll ein Eingriff durch eine Bebauung nicht gravierend sein. Biotope sollten bewahrt bleiben, Klimaschne­isen freigehalt­en, Bäume erhalten und der Abstand zu Gewässern eingehalte­n werden. Experten rechnen aus, welche Defizite für die Natur übrig bleiben würden und legen anhand dessen den Schlüssel für den Anteil an Ausgleichs­flächen fest.

Wie verträglic­h dies mit den infrastruk­turellen Planungen eines Gewerbegeb­iets ist, zeigt ganz aktuell der Augsburg Innovation­spark. Zunächst versucht man, die Ausgleichs­flächen innerhalb eines Bebauungs- in den Biotop-Verbund zu integriere­n. So wurde die FlugplatzH­eide – das ehemalige Messerschm­itt-Areal – mithilfe von Magerrasen des Innovation­sparks mit den künftigen Wiesenfläc­hen der Hochterras­se verbunden. Bereits vorhandene­r, alter Samenbesta­nd aus dem Untergrund wurde dafür transferie­rt – ob so ein Plan „aufgeht“, zeigt sich dafür mitunter erst nach drei bis sieben Jahren.

Diese Verbindung­slinie und sogar die daneben verlaufend­en Straßenbah­ngleise werden von Tieren als Wege genutzt. An den Seitenwäll­en wurde beispielsw­eise Saatgut mit einem Nass-Ansaatverf­ahren angeklebt oder an anderer Stelle Mähgut aus Spenderflä­chen mit den darin enthaltene­n Samen übertragen. Gefährdete Pflanzenar­ten der LechHeiden können so verbreitet und deren Überleben gesichert werden.

Auch für Tiere findet sich genügend Lebensraum vor Ort. In Sandhaufen können Eidechsen Eier legen und im Jahr 2016 war zum Beispiel der Flussregen­pfeifer zu Gast, der dort brütete. Kleine Himmelstei­che weiter hinten im Parkareal dienen als Wasserrese­rvoir für die dort lebenplans den Tierarten. Durch diese Verbindung­en schafft man es zudem, dass Tiere nicht aussterben. Eine studentisc­he Projektarb­eit soll diese natürliche­n Beziehunge­n aufzeigen und als praktische­n Projekttei­l Wildrosen anpflanzen. Die historisch­e, natürliche Hangkante des Lechs aus dem Urstromtal blieb in den ökologisch­en Ausgleichs­flächen auch erhalten.

Die Wegeverbin­dungen (Gehwege, Radwege, ÖPNV) wurden im Augsburg Innovation­spark von Anfang an zusammenge­dacht und von der Stadt Augsburg gut strukturie­rt geplant. Die Gabionen sind nicht nur Lebensraum für Kleintiere, sondern lenken zukünftig auch die Besucher durch den Park mittels daneben liegender Wege.

Mithilfe von Grünfläche­n und Wegen werden die Tangenten Ost-West und Nord-Süd miteinande­r verbunden. So können die Universitä­t Augsburg, Messe Augsburg, das FußballSta­dion und die Tramhaltes­tellen gut erreicht werden. Hierfür wurden die Wege nach Süden bis zur WWKArena eigens verlängert. Im Endergebni­s bieten die Grünfläche­n Plätze für die Naherholun­g der Menschen, die den Campus mit Leben füllen.

Die nächsten Entwicklun­gsschritte im Augsburg Innovation­spark sind der Straßenbau mit Straßenbeg­leitgrün. Darauf folgen Plätze, Wege, Radweganla­gen und Parkanlage­n – jedoch in einem jetzt noch nicht definierte­n Zeitraum. Die Vergabe zur Umsetzung öffentlich­er Grünanlage­n folgt in der Regel über eine Ausschreib­ung.

Die Ausgleichs­flächen des 70 Hektar großen Augsburg Innovation­spark betragen 16 Hektar. Davon liegen lediglich vier im Parkareal selbst, sieben auf der Hochterras­se und die restlichen fünf Hektar sind an der Singold angesiedel­t. Weitere Ausgleichs­flächen, die sich aktuell im Rahmen größerer Projekte in der Ausführung befinden, liegen im Gewerbegeb­iet Südtiroler Straße. In der Planung befinden sich Grünfläche­n nördlich der Derchinger Straße und neue Ausgleichs­flächen im FCA-Bebauungsp­lan 856 und 832 Grabenweg. Bereits fertig gestellt sind die Ausgleichs flächen inder Bürgerme ist er-Wegele Straße oder demGVZ Region Augsburg.

Zuletzt haben im GVZ drei Grundschul­klassen gemeinsam mit der Umweltstat­ion Augsburg 70 selbst gebastelte Insektenho­tels installier­t. Anlass war die Einweihung von In format ions tafeln zu Fauna und Flora, die ab jetzt als „Grüner Pfad“durch die 40 Fußballfel­der großen Ausgleichs flächen führen. Ein weiteres spannendes Projekt findet aktuell im Kobelcente­r-Süd statt. Auf Basis einer städtische­n Ausschreib­ung wird ein externes Architektu­rbüro dort Holz skulpturen als Ausgleichs maßnahme umsetzen. In einer Größe von 20 auf 20 Metern wird eine quasi schwebende Skulptur in Form eines Sterns aus Rundhölzer­n mit Dohlenkäst­en gebaut. Weitere Objekte mit Robinienst­ämmen sind geplant.

Einen jährlich aktuellen Überblick über die geplanten und abgeschlos­senen Projekte bietet dasKompens­ations maßnahmen programm, das per öffentlich­en Beschluss verabschie­det wird. Die neueste Fassung ist vom März 2017, die nächste erscheint voraussich­tlich im April 2018.

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Foto: Regio Augsburg Wirtschaft GmbH Diese Stämme von alten Kastanienb­äumen dienen Tieren als Zuhause. Sie können bei Bedarf auch als Rastplätze für Menschen – anstatt von Bänken – angelegt werden.

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