Grün im Lot
Ausgleichsflächen schaffen unter anderem eine Harmonie aus Leben und Arbeiten. Wie das funktionieren kann, zeigt ein Ortsbesuch
Ausgleichsflächen schützen Lebensräume, schaffen Infrastruktur und bieten Naherholung für Menschen. Damit wird auch die Grundlage für die Harmonie von Leben und Arbeiten an einem Ort geschaffen.
Mit der Aufstellung eines Bebauungsplans startet zugleich die Planung für die bundesgesetzlich erforderlichen Ausgleichsflächen, die in der Regel naturschutzfachlich angelegt werden. Was hierbei alles zu beachten ist und wie Mensch, Natur und Infrastruktur von Anfang an zusammen gedacht werden, hat Armin Baur vom Amt für Grünordnung, Naturschutz und Friedhofswesen als Ansprechpartner für die Bauleitplanung der Stadt Augsburg der Regio Augsburg Wirtschaft in einem VorOrt-Termin anschaulich erklärt.
Zuvorderst soll ein Eingriff durch eine Bebauung nicht gravierend sein. Biotope sollten bewahrt bleiben, Klimaschneisen freigehalten, Bäume erhalten und der Abstand zu Gewässern eingehalten werden. Experten rechnen aus, welche Defizite für die Natur übrig bleiben würden und legen anhand dessen den Schlüssel für den Anteil an Ausgleichsflächen fest.
Wie verträglich dies mit den infrastrukturellen Planungen eines Gewerbegebiets ist, zeigt ganz aktuell der Augsburg Innovationspark. Zunächst versucht man, die Ausgleichsflächen innerhalb eines Bebauungs- in den Biotop-Verbund zu integrieren. So wurde die FlugplatzHeide – das ehemalige Messerschmitt-Areal – mithilfe von Magerrasen des Innovationsparks mit den künftigen Wiesenflächen der Hochterrasse verbunden. Bereits vorhandener, alter Samenbestand aus dem Untergrund wurde dafür transferiert – ob so ein Plan „aufgeht“, zeigt sich dafür mitunter erst nach drei bis sieben Jahren.
Diese Verbindungslinie und sogar die daneben verlaufenden Straßenbahngleise werden von Tieren als Wege genutzt. An den Seitenwällen wurde beispielsweise Saatgut mit einem Nass-Ansaatverfahren angeklebt oder an anderer Stelle Mähgut aus Spenderflächen mit den darin enthaltenen Samen übertragen. Gefährdete Pflanzenarten der LechHeiden können so verbreitet und deren Überleben gesichert werden.
Auch für Tiere findet sich genügend Lebensraum vor Ort. In Sandhaufen können Eidechsen Eier legen und im Jahr 2016 war zum Beispiel der Flussregenpfeifer zu Gast, der dort brütete. Kleine Himmelsteiche weiter hinten im Parkareal dienen als Wasserreservoir für die dort lebenplans den Tierarten. Durch diese Verbindungen schafft man es zudem, dass Tiere nicht aussterben. Eine studentische Projektarbeit soll diese natürlichen Beziehungen aufzeigen und als praktischen Projektteil Wildrosen anpflanzen. Die historische, natürliche Hangkante des Lechs aus dem Urstromtal blieb in den ökologischen Ausgleichsflächen auch erhalten.
Die Wegeverbindungen (Gehwege, Radwege, ÖPNV) wurden im Augsburg Innovationspark von Anfang an zusammengedacht und von der Stadt Augsburg gut strukturiert geplant. Die Gabionen sind nicht nur Lebensraum für Kleintiere, sondern lenken zukünftig auch die Besucher durch den Park mittels daneben liegender Wege.
Mithilfe von Grünflächen und Wegen werden die Tangenten Ost-West und Nord-Süd miteinander verbunden. So können die Universität Augsburg, Messe Augsburg, das FußballStadion und die Tramhaltestellen gut erreicht werden. Hierfür wurden die Wege nach Süden bis zur WWKArena eigens verlängert. Im Endergebnis bieten die Grünflächen Plätze für die Naherholung der Menschen, die den Campus mit Leben füllen.
Die nächsten Entwicklungsschritte im Augsburg Innovationspark sind der Straßenbau mit Straßenbegleitgrün. Darauf folgen Plätze, Wege, Radweganlagen und Parkanlagen – jedoch in einem jetzt noch nicht definierten Zeitraum. Die Vergabe zur Umsetzung öffentlicher Grünanlagen folgt in der Regel über eine Ausschreibung.
Die Ausgleichsflächen des 70 Hektar großen Augsburg Innovationspark betragen 16 Hektar. Davon liegen lediglich vier im Parkareal selbst, sieben auf der Hochterrasse und die restlichen fünf Hektar sind an der Singold angesiedelt. Weitere Ausgleichsflächen, die sich aktuell im Rahmen größerer Projekte in der Ausführung befinden, liegen im Gewerbegebiet Südtiroler Straße. In der Planung befinden sich Grünflächen nördlich der Derchinger Straße und neue Ausgleichsflächen im FCA-Bebauungsplan 856 und 832 Grabenweg. Bereits fertig gestellt sind die Ausgleichs flächen inder Bürgerme ist er-Wegele Straße oder demGVZ Region Augsburg.
Zuletzt haben im GVZ drei Grundschulklassen gemeinsam mit der Umweltstation Augsburg 70 selbst gebastelte Insektenhotels installiert. Anlass war die Einweihung von In format ions tafeln zu Fauna und Flora, die ab jetzt als „Grüner Pfad“durch die 40 Fußballfelder großen Ausgleichs flächen führen. Ein weiteres spannendes Projekt findet aktuell im Kobelcenter-Süd statt. Auf Basis einer städtischen Ausschreibung wird ein externes Architekturbüro dort Holz skulpturen als Ausgleichs maßnahme umsetzen. In einer Größe von 20 auf 20 Metern wird eine quasi schwebende Skulptur in Form eines Sterns aus Rundhölzern mit Dohlenkästen gebaut. Weitere Objekte mit Robinienstämmen sind geplant.
Einen jährlich aktuellen Überblick über die geplanten und abgeschlossenen Projekte bietet dasKompensations maßnahmen programm, das per öffentlichen Beschluss verabschiedet wird. Die neueste Fassung ist vom März 2017, die nächste erscheint voraussichtlich im April 2018.