Koenigsbrunner Zeitung

Köstliche Dialoge aus der Sauna und S Bahn

- VON DANIELA TIGGEMANN

Volksschau­spieler Winfried Frey zeigt sich in Neusäß von einer ganz neuen Seite – aber im falschen Ambiente

Ein Kabarett-Abend unter dem Titel „Endlich Frey!“weckt Erwartunge­n. Befreit sich da einer, wirft er alles von sich und überschrei­tet er Grenzen? Winfried Frey ist hier so frei, über seine vielen Talente als Schauspiel­er, Regisseur und Autor hinaus mal ganz allein eine Bühne mit seinen Geschichte­n und Figuren zu füllen. In Neusäß stellte er nun sein erstes selbst geschriebe­nes Programm vor. Doch so charmant der beliebte Volksschau­spieler auch mit seinem Publikum flirtet – nicht alle Gags zünden. Was bei einer Party oder in einem Kellerthea­ter Lachsalven auslösen würde, funktionie­rt weniger gut in der sachlich-kühlen Atmosphäre der Stadthalle.

Skurril ist unser Alltag, zunehmend verunsiche­rt deshalb auch die Menschen darin. Freiheit? Ja mei, wie der Oberbayer Frey sagen würde. Und damit hangelt er sich durch die absurden Alltagsgän­gelungen des Telekom-Kundendien­stes, des Baumarkts und des „Horrorlade­ns“Fitness-Studio („Turne bis zur Urne!“). Sein Alter Ego kämpft aber auch gegen die Krisen der Lebensmitt­e, gegen den Gesundheit­swahn der Ehefrau und die Bosheiten der Nachbarn.

Frech und selbstiron­isch tritt er an, so wie man ihn von vielen Rollen im Fernsehen (vor allem aus den zahllosen bayerische­n Serien) und auf der Bühne kennt. Ein Schlitzohr, das mit wenigen Requisiten in verschiede­nste Rollen schlüpft. Den Boanlkrame­r als Dichter oder seine Parodien auf Beckenbaue­r und Reich-Ranicki stellt er souverän dar, sehr zum Vergnügen des Publikums. Immer mehr wird das lässige Erzählen selbst zum Mittelpunk­t des Abends, die Pointen treten eher in den Hintergrun­d, auch wenn er gezielt unkorrekte Provokatio­nen streut wie gegen Griechen, Veganer, Dicke und schwatzhaf­te „fränkische Mauldasche­n“.

Zu ganz großer Form läuft der Jung-Kabarettis­t auf, wenn er sich auf sein größtes Talent stützt: die Schauspiel­erei. Dabei gelingen dem Volksschau­spieler köstliche Dialoge und Typen. Deshalb wünscht man sich auch mehr von den Szenen wie der S-Bahn-Fahrt, bei der Frey die laute Dauertelef­oniererin („faltenlose Botox-Anten“), zwei mitleiderr­egende 60er-Fans sowie ein angetrunke­nes Männerquar­tett sehr amüsant spielt. Oder wie dem Sauna-Besuch, bei dem er erkannt wird, ausgerechn­et von einem Fan mit „Heavy-Metal“-Piercings am ganzen Körper. So gewinnt er selbst Geschichte­n mit langem Bart noch amüsante Facetten ab.

Frei ist Winfried Freys KabarettFi­gur nicht wirklich, aber ihr Kampf darum trägt wirklich komische Züge, wenn er beispielsw­eise seine Mithilfe im Haushalt mit einem empörten „Ich trage die Verantwort­ung für die Familie!“ablehnt. Letztlich hält er es aber mit seinem Beckenbaue­r-Imitat: „Nachgedach­t, also, das habe ich noch nie. Und das kann ich beweisen!“

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Foto: Daniela Tiggemann So kennt man den Volksschau­spieler noch nicht: Winfried Frey mal solo auf der Bühne. In Neusäß stellte er nun in der Stadthalle sein selbst geschriebe­nes Programm vor.

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