Sie wissen, was Verbraucher wollen
Das Augsburger Unternehmen Echion sorgt dafür, dass der Kunde im Laden die Werbung hört, die zu ihm passt, und riecht, was ihm schmeckt. Damit ist die Firma bundesweit erfolgreich. Wie das geht
Als Michael Kimmich in einer McDonald’s-Filiale Werbung für Burger-King hörte, wusste er: „Da stimmt was nicht.“Als ihm selbes Phänomen auch in einem Autohaus begegnete, stand für ihn fest: „Das muss sich ändern“. Der ehemalige Radio-Mann (Radio Kö) wollte sich Ende der 90er Jahre ohnehin beruflich neu orientieren und entwickelte daher gleich seine eigene Geschäftsidee. Ein Kaufhausradio, das direkt auf die Wünsche und Anforderungen der Kunden abgestimmt ist. „Damals fiel mir auf, dass in vielen Geschäften die Musikauswahl überhaupt nicht zu den Kunden passte. Die Songs waren auch nicht abgemischt, die Werbung platzte einfach dazwischen. Das war alles andere als professionell. Da wurden sämtliche Regeln verletzt, die ich in meiner Zeit beim Radio gelernt hatte“, so Kimmich. Das geht besser, dachte er – und zwar nicht nur im Sinne der Käufer. Schließlich könne es McDonald’s doch nicht egal sein, ob die Menschen bei ihnen kaufen oder bei der Konkurrenz.
Michael Kimmich bot dem Einzelhandel deshalb sein neues Konzept an, mit dem er das Kaufhausradio revolutionieren wollte: Ein Programm, das den Kunden beim Einkauf gezielt mit guter Musik und passender Werbung begleitet und dabei eine angenehme Atmosphäre schafft. „Heute lachen sie darüber, wenn ich ihnen sage, dass es damals sensationell war, dass wir MP3-Dateien erstellt und diese in einer Playlist zusammengefasst haben, um mit Musik und redaktionellen Beiträgen den Geschmack des Kunden zu treffen.“, erzählt er.
Auch für den Marketing-Chef des Lebensmittelhändlers Real war das beeindruckend. So beeindruckend sogar, dass er bei Kimmich ein Programm buchte. „Er hat verstanden, dass sich Real nicht nur als Supermarkt, sondern als Marke sehen und diese beim Kunden etablieren muss“, so der Experte.
Kimmich und seine neu gegründete Firma Echion hatten im Jahr 2000 nun einen Fuß in der Branchen-Tür und nutzten ihre Chance auf dem Markt. Nach Real buchten Dehner und die Bahr-Baumärkte ein Radio-Programm. Technik und Inhalte wurden immer weiter verfeinert. Heute werden sämtliche Bausteine des Programms ganz individuell nach Kundenwünschen zusammengestellt. „Wenn wir Filialisten wie NKD, Takko, S.Oliver oder Gerry Weber bestücken, dann läuft beispielsweise je nach Standort eine andere lokale Werbung oder es werden Aktionen der Filialen vor Ort beworben.“Mittlerweile liefert Echion an 10000 Stationen in 24 Ländern.
Produziert wird all das direkt in Augsburg. Hier sitzt eine komplette Redaktion und es gibt ein eigenes Tonstudio. Insgesamt sind 50 Mitarbeiter beschäftigt, weitere 25 bei einer Tochterfirma in Ludwigsburg. Doch „Kaufhausradio Made in Augsburg“war Kimmich nicht genug. Der Wandel der Zeit hat dazu geführt, dass Echion auch das Thema Fernsehen im Einzelhandel aufgegriffen hat.
Das Unternehmen mit Sitz in der Curt-Frenzel-Straße liefert beispielsweise für das Förg-Outlet im Fabrikschloss oder das Möbelhaus Ikea das Programm für deren Monitor-Stationen. Auch hier gilt: Der Kunde soll gezielt mit Informationen der Händler beliefert werden – egal, ob es der Lageplan des Outlets oder der Hinweis auf aktuelle Rabattaktionen oder tagesaktuelle Angebote ist.
Echion ist mit seiner Idee zu einem der Big-Player der Branche geworden. Aber hat auch mit Gegenwind zu kämpfen. Verbraucherschützer werten das gezielte Bespielen von Kunden mit Werbebeiträgen als Beeinflussung des Kaufverhaltens. Michael Kimmich sieht das anders: „Ich betrachte solche Maßnahmen nicht als Manipulation. Wir liefern dem Kunden vielmehr relevante Einkaufsinformationen. Was er damit anfängt, ist ihm selbst überlassen.“
Dass sich diesbezüglich noch viel mehr tun wird, ist Kimmich ebenfalls überzeugt. Schon heute werden in Kaufhäusern Düfte eingesetzt, um eine gewisse Atmosphäre im Laden zu erzielen. „Tchibo beispielsweise verstärkt den Kaffeeduft.“Bei Förg im Fabrikschloss würde die Schuhabteilung beduftet, um den unangenehmen Geruch von Lösungsmitteln und Klebstoffen zu vermeiden. Andere Einzelhändler arbeiten gerade mit Echion und Parfümeuren daran, ihre ganz persönliche Duftnote zu kreieren.
Auch Techniken zur Analyse der Kundenstruktur kommen immer mehr zum Einsatz. In verschiedenen Real-Märkten hatte Echion eine Software im Einsatz, die per Kamera auswertete, wie oft und lange der Kunde auf einen Werbebildschirm sieht (wir berichteten). Dieser Test wurde dann aber gestoppt, weil der Eindruck entstanden war, in den Märkten würden ohne Wissen der Kunden Daten erhoben.
„Das ist kein Ausspionieren, sondern der Einzelhändler muss in einem umkämpften Markt wissen, welche Kunden gerade auf seiner Ladenfläche sind und darauf spontan mit seinem Instore-Radio und dem Programm auf den Monitoren reagieren können“, sagt Kimmich. Wagt der Marketing-Experte einen weiteren Blick in die Zukunft, glaubt er an folgendes Szenario: Es klingelt an der Tür und der Postbote überreicht einem ein Päckchen. Darin ist ein Produkt, von dem man selbst noch nicht wusste, dass man es haben will. Aber der Händler wusste es bereits – anhand der Daten, die er vom Kunden erhoben hat.
Auch mit Düften wird der Kunde beim Kauf begleitet