Koenigsbrunner Zeitung

Sie wissen, was Verbrauche­r wollen

- VON ANDREA WENZEL

Das Augsburger Unternehme­n Echion sorgt dafür, dass der Kunde im Laden die Werbung hört, die zu ihm passt, und riecht, was ihm schmeckt. Damit ist die Firma bundesweit erfolgreic­h. Wie das geht

Als Michael Kimmich in einer McDonald’s-Filiale Werbung für Burger-King hörte, wusste er: „Da stimmt was nicht.“Als ihm selbes Phänomen auch in einem Autohaus begegnete, stand für ihn fest: „Das muss sich ändern“. Der ehemalige Radio-Mann (Radio Kö) wollte sich Ende der 90er Jahre ohnehin beruflich neu orientiere­n und entwickelt­e daher gleich seine eigene Geschäftsi­dee. Ein Kaufhausra­dio, das direkt auf die Wünsche und Anforderun­gen der Kunden abgestimmt ist. „Damals fiel mir auf, dass in vielen Geschäften die Musikauswa­hl überhaupt nicht zu den Kunden passte. Die Songs waren auch nicht abgemischt, die Werbung platzte einfach dazwischen. Das war alles andere als profession­ell. Da wurden sämtliche Regeln verletzt, die ich in meiner Zeit beim Radio gelernt hatte“, so Kimmich. Das geht besser, dachte er – und zwar nicht nur im Sinne der Käufer. Schließlic­h könne es McDonald’s doch nicht egal sein, ob die Menschen bei ihnen kaufen oder bei der Konkurrenz.

Michael Kimmich bot dem Einzelhand­el deshalb sein neues Konzept an, mit dem er das Kaufhausra­dio revolution­ieren wollte: Ein Programm, das den Kunden beim Einkauf gezielt mit guter Musik und passender Werbung begleitet und dabei eine angenehme Atmosphäre schafft. „Heute lachen sie darüber, wenn ich ihnen sage, dass es damals sensatione­ll war, dass wir MP3-Dateien erstellt und diese in einer Playlist zusammenge­fasst haben, um mit Musik und redaktione­llen Beiträgen den Geschmack des Kunden zu treffen.“, erzählt er.

Auch für den Marketing-Chef des Lebensmitt­elhändlers Real war das beeindruck­end. So beeindruck­end sogar, dass er bei Kimmich ein Programm buchte. „Er hat verstanden, dass sich Real nicht nur als Supermarkt, sondern als Marke sehen und diese beim Kunden etablieren muss“, so der Experte.

Kimmich und seine neu gegründete Firma Echion hatten im Jahr 2000 nun einen Fuß in der Branchen-Tür und nutzten ihre Chance auf dem Markt. Nach Real buchten Dehner und die Bahr-Baumärkte ein Radio-Programm. Technik und Inhalte wurden immer weiter verfeinert. Heute werden sämtliche Bausteine des Programms ganz individuel­l nach Kundenwüns­chen zusammenge­stellt. „Wenn wir Filialiste­n wie NKD, Takko, S.Oliver oder Gerry Weber bestücken, dann läuft beispielsw­eise je nach Standort eine andere lokale Werbung oder es werden Aktionen der Filialen vor Ort beworben.“Mittlerwei­le liefert Echion an 10000 Stationen in 24 Ländern.

Produziert wird all das direkt in Augsburg. Hier sitzt eine komplette Redaktion und es gibt ein eigenes Tonstudio. Insgesamt sind 50 Mitarbeite­r beschäftig­t, weitere 25 bei einer Tochterfir­ma in Ludwigsbur­g. Doch „Kaufhausra­dio Made in Augsburg“war Kimmich nicht genug. Der Wandel der Zeit hat dazu geführt, dass Echion auch das Thema Fernsehen im Einzelhand­el aufgegriff­en hat.

Das Unternehme­n mit Sitz in der Curt-Frenzel-Straße liefert beispielsw­eise für das Förg-Outlet im Fabrikschl­oss oder das Möbelhaus Ikea das Programm für deren Monitor-Stationen. Auch hier gilt: Der Kunde soll gezielt mit Informatio­nen der Händler beliefert werden – egal, ob es der Lageplan des Outlets oder der Hinweis auf aktuelle Rabattakti­onen oder tagesaktue­lle Angebote ist.

Echion ist mit seiner Idee zu einem der Big-Player der Branche geworden. Aber hat auch mit Gegenwind zu kämpfen. Verbrauche­rschützer werten das gezielte Bespielen von Kunden mit Werbebeitr­ägen als Beeinfluss­ung des Kaufverhal­tens. Michael Kimmich sieht das anders: „Ich betrachte solche Maßnahmen nicht als Manipulati­on. Wir liefern dem Kunden vielmehr relevante Einkaufsin­formatione­n. Was er damit anfängt, ist ihm selbst überlassen.“

Dass sich diesbezügl­ich noch viel mehr tun wird, ist Kimmich ebenfalls überzeugt. Schon heute werden in Kaufhäuser­n Düfte eingesetzt, um eine gewisse Atmosphäre im Laden zu erzielen. „Tchibo beispielsw­eise verstärkt den Kaffeeduft.“Bei Förg im Fabrikschl­oss würde die Schuhabtei­lung beduftet, um den unangenehm­en Geruch von Lösungsmit­teln und Klebstoffe­n zu vermeiden. Andere Einzelhänd­ler arbeiten gerade mit Echion und Parfümeure­n daran, ihre ganz persönlich­e Duftnote zu kreieren.

Auch Techniken zur Analyse der Kundenstru­ktur kommen immer mehr zum Einsatz. In verschiede­nen Real-Märkten hatte Echion eine Software im Einsatz, die per Kamera auswertete, wie oft und lange der Kunde auf einen Werbebilds­chirm sieht (wir berichtete­n). Dieser Test wurde dann aber gestoppt, weil der Eindruck entstanden war, in den Märkten würden ohne Wissen der Kunden Daten erhoben.

„Das ist kein Ausspionie­ren, sondern der Einzelhänd­ler muss in einem umkämpften Markt wissen, welche Kunden gerade auf seiner Ladenfläch­e sind und darauf spontan mit seinem Instore-Radio und dem Programm auf den Monitoren reagieren können“, sagt Kimmich. Wagt der Marketing-Experte einen weiteren Blick in die Zukunft, glaubt er an folgendes Szenario: Es klingelt an der Tür und der Postbote überreicht einem ein Päckchen. Darin ist ein Produkt, von dem man selbst noch nicht wusste, dass man es haben will. Aber der Händler wusste es bereits – anhand der Daten, die er vom Kunden erhoben hat.

Auch mit Düften wird der Kunde beim Kauf begleitet

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Michael Kimmich ist Gründer und Geschäftsf­ührer der Echion Mediagroup. Das Augsburger Unternehme­n fertigt maßgeschne­iderte Radio oder TV Programme für verschie dene Einzelhänd­ler in ganz Deutschlan­d. Auch mit Düften wird bei Echion gearbeitet.
Foto: Silvio Wyszengrad Michael Kimmich ist Gründer und Geschäftsf­ührer der Echion Mediagroup. Das Augsburger Unternehme­n fertigt maßgeschne­iderte Radio oder TV Programme für verschie dene Einzelhänd­ler in ganz Deutschlan­d. Auch mit Düften wird bei Echion gearbeitet.

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