Koenigsbrunner Zeitung

Harmlose Schrauber oder Raser?

- VON JAN KANDZORA

Die Polizei hat drei Autos beschlagna­hmt, mit denen sich Männer ein illegales Rennen geliefert haben sollen. Der Fall sorgt in der Tuning-Szene für Aufsehen. Mitglieder sagen: Das Bild, das viele Leute von ihr haben, ist falsch

Schwer zu sagen, wann es losging mit seiner Leidenscha­ft für Autos. Simon Mayer weiß jedenfalls genau, wann er damit anfing, an ihnen herumzusch­rauben, sie zu tunen; sie also aufzumotze­n und optisch zu verändern. Da war er 18 und hatte gerade seinen Führersche­in gemacht. „Mich fasziniert die Technik“, sagt er heute. Es gehe darum, ein Unikat zu schaffen. „Und darum, die Performanc­e eines Sportwagen­s noch besser zu machen.“

Mayer, 20 Jahre alt und von Beruf Fluggeräte­mechaniker, hat seinen Audi TT an diesem Samstagabe­nd im Parkbereic­h der Tankstelle neben der B 17 abgestellt, die sich auf Höhe der Stuttgarte­r Straße befindet. Die Tankstelle gilt als Treffpunkt der Szene, und das offenbar zu Recht. Der Bereich ist an diesem Abend vollkommen zugeparkt, überall stehen Tuning-Autos. Mayer, der in der Szene in und um Augsburg herum gut vernetzt ist, kennt einige der Fahrer.

Die Szene war zuletzt in den Schlagzeil­en, und es waren keine positiven. Mehrere Fahrer sollen sich am Samstag vor einer Woche auf der B 17 ein illegales Rennen geliefert haben, davon geht die Polizei aus. Drei junge Männer waren in einem Audi TT-RS, einem Nissan GT-R und einem BMW 335i unterwegs. Sie starteten an eben jener Tankstelle neben der B17 und fuhren dann auf der Bundessstr­aße in Richtung Süden. Dabei sollen sie sich innerorts bei deutlich überhöhter Geschwindi­gkeit gegenseiti­g überholt und die Bundesstra­ße als Rennstreck­e genutzt haben, wie ein Sprecher der Polizei gegenüber unserer Zeitung sagte. Beamte der Verkehrspo­lizei, die unauffälli­g in einem Zivilfahrz­eug saßen, hatten die drei Autofahrer beobachtet und waren ihnen gefolgt. Die Polizisten filmten mit.

Das Besondere an dem Fall: Die Polizei hat die Autos beschlagna­hmt. In Augsburg kam das wegen eines möglichen illegalen Autorennen­s zum ersten Mal vor. Auch bundesweit dürfte es bislang nicht viele solcher Fälle gegeben haben, denn die entspreche­nde gesetzlich­e Möglichkei­t dazu besteht erst seit Ende September. Die Polizei sieht die Auto-Tuner mit einer gewissen Skepsis. Auch wenn es natürlich keinen Generalver­dacht gebe, wie ein Polizeispr­echer zuletzt sagte. Da die Polizei auch die drei jungen Männer der Tuning-Szene zuordnet, ist der Vorfall dort Gesprächst­hema.

Auch im Umfeld von Simon Mayer. Mayer zweifelt allerdings daran, dass es sich wirklich um ein illegales Straßenren­nen gehandelt habe. Der Nissan, sagt er, habe fast doppelt so viel PS wie der BMW, da brauche es doch kein Rennen dazu, um zu wissen, welches Auto schneller sei. Mayer ist ansonsten niemand, der sich mit Kritik an Rasern zurückhält. In einem Fernsehbei­trag hat er Fahrer, die sich illegale Autorennen liefern, mal als „Vollidiote­n“bezeichnet. Auch, weil sie die Szene in Verruf bringen. Denn Mayer wehrt sich gegen das Bild, dass Tuner generell Raser seien. Das, sagt er, sei ein Vorurteil und stimme nicht. Organisier­te illegale Straßenren­nen gebe es in Augsburg seines Wissens nach ohnehin nicht. Er selbst fährt auf spezielle Rennstreck­en, um zu testen, was der Umbau seines Autos bringt. Die Chance, sagt er, habe doch grundsätzl­ich jeder. Wie schnell der Audi jetzt fahren kann, weiß er nicht. „Ich habe es noch nie ausgereizt“, sagt er und grinst.

Wie groß die Tuning-Szene in Augsburg ist? Wirklich beziffern, sagt Simon Mayer, könne er das nicht. Es gebe vier größere Gruppen, dazu noch einige kleinere. Größtentei­ls seien es junge Leute, die sich fürs Tunen begeistern, aber durchaus auch Menschen, die in der Mitte ihres Lebens stehen. Wer sich etwas später an jenem Abend auf der „Sportwagen Night“in Gersthofen umschaute, bekam jedenfalls den Eindruck, dass die Szene in und um Augsburg nicht gerade klein sein kann. Auf dem Parkplatz eines Großhandel­s standen dutzende aufgemotzt­e Sportwagen. Während sich die Besucher, die zu Fuß gekommen waren, vor dem Eingang drängten, war die Schlange der Autos gleich so lang, dass in einem nahen Kreisverke­hr phasenweis­e gar nichts mehr ging.

Auch Christian Kober war da, um sein Auto zu präsentier­en: einen roten Ford Mustang, Baujahr 2015. Kober sitzt im Rollstuhl, das Auto ist entspreche­nd umgebaut. Autos tunen, sagt er, sei einfach sein Hobby. „Ich schraube gern.“Dass die Polizei neulich die drei Autos aus dem Verkehr gezogen hat, ist für ihn kein großes Thema. Er zuckt die Schultern. „Raser machen das Bild der Szene kaputt“, sagt er.

Ihm geht es ohnehin nicht darum, die Geschwindi­gkeit des Ford noch weiter zu erhöhen. Er hat nur dessen Carbon-Teile verändert. „Mir geht es um das Aussehen des Autos“, sagt er.

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Fotos: Klaus Rainer Krieger Simon Mayer ist in der Tuning Szene in und um Augsburg gut vernetzt. Der 20 Jährige fährt mit seinem Audi TT auf spezielle Rennstreck­en. Dass Tuner generell Raser seien, sei ein Vorurteil und stimme nicht, sagt er.
 ??  ?? Auf der „Sportwagen Night“in Gerstho fen war am Samstag viel los.
Auf der „Sportwagen Night“in Gerstho fen war am Samstag viel los.
 ??  ?? Christian Kober hat einen roten Ford Mustang getunt.
Christian Kober hat einen roten Ford Mustang getunt.

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