Koenigsbrunner Zeitung

Warum Kinder so lange im Hort bleiben sollen

- VON JANA TALLEVI

Hinter dem Konzept stecken Fördergeld­er und ein pädagogisc­hes Konzept. Oft wollen Eltern aber etwas anderes

Landkreis Augsburg Dass ihre beiden Kinder einen Platz im Hort bekommen haben, ist für die alleinerzi­ehende Mutter aus dem Landkreis ein Glück – aber auch eine Belastung. Sie arbeitet an drei Tagen voll, an zwei Tagen nur vormittags. „Das tue ich für meine Kinder. Ich verdiene somit weniger, habe aber Zeit, die ich mit ihnen verbringen kann.“Zumindest theoretisc­h.

Denn der Hort, den die Kinder besuchen, besteht auf einer längeren Buchungsze­it, auch an ihren kurzen Arbeitstag­en. „Dann bin ich zu Hause, meine Kinder aber nicht“, beschreibt sie. Jede Einladung der Kinder zu einer Geburtstag­sfeier oder ein Arztbesuch am Nachmittag muss mit dem Hort abgesproch­en werden, gern gesehen ist das nicht. „Ganz schwierig wird es bei wechselnde­n Arbeitstag­en, das lässt sich dort kaum organisier­en“, hat sie erfahren.

Wie Kinderbetr­euung von der Gemeinde geplant wird, erklärt die Leiterin des Horts und der Mittagsbet­reuung in Diedorf, Kerstin Lücke. Dort gibt es inzwischen sieben Gruppen für die Betreuung nach dem Unterricht, in denen 153 Kinder nach Schulschlu­ss beaufsicht­igt werden. Die Gruppen der Mittagsbet­reuung dauern dort bis 14 oder 15.30 Uhr, in den beiden Hortgruppe­n sind die Erzieherin­nen sogar bis 17.30 Uhr für die Kinder da. In diesen beiden Gruppen sind durchweg gelernte Erzieherin­nen und Kinderpfle­gerinnen tätig, in der Mittagsbet­reuung nur zum Teil.

Während die Mittagsbet­reuung ein reines Angebot von Stadt oder Gemeinde ist und dort nach den eigenen Vorstellun­gen gestaltet werden kann, ist der Hort, wie Krippe und Kindergart­en auch, im bayerische­n Gesetz für diese Tageseinri­chtungen, dem Baykibig, verankert. „Es geht hier um den Bildungsun­d Erziehungs­auftrag“, erklärt Kerstin Lücke. Während vom Grundsatz her in einer Mittagsbet­reuung nur „betreut“werde, gehe es im Hort um das pädagogisc­he Konzept. Um aber mit den Kindern auch in diesem Sinne arbeiten und etwas erleben zu können, „müssen die Kinder eben auch da sein“, verdeutlic­ht Lücke. Wenn dort die Kinder nach Mittagesse­n und Hausaufgab­en bald schon wieder abgeholt werden, bleibe kaum Zeit für diese pädagogisc­he Arbeit in der Gruppe. „Aber ich denke, dass die Eltern gerade das an einem Hort auch schätzen und ihre Kinder ganz bewusst hier anmelden“, so Lücke. So ist das auch bei der Mutter aus dem Landkreis. Wenn sie arbeitet, will sie ihre Kinder gut aufgehoben wissen – wäre aber doch lieber selbst mit ihnen zusammen, wenn sie zu Hause ist. „Wir wollen aber verhindern, dass ein Kind, das eigentlich weniger Betreuung braucht, einen wertvollen Hortplatz belegt und deshalb andere Eltern nicht zum Zug kommen“, erklärt Kerstin Lücke.

Außerdem stünden hinter dem Konzept „Hort“strenge staatliche Vorgaben für die Zuschüsse, sagt die zuständige Fachgebiet­sleiterin im Landratsam­t, Angelika Steinbrech­er. So ist die Mindestbuc­hungszeit in einem Hort zwar nur fünf Stunden pro Woche, gleichzeit­ig müssen aber über die Hälfte der angemeldet­en Kinder dort 20 Stunden pro Woche anwesend sein. Dafür erhält die Einrichtun­g dann aber auch für jedes Kind gut 1350 Euro staatliche Förderung und noch einmal so viel von der Kommune. Das Dilemma zwischen pädagogisc­hem Auftrag und dem Wunsch der Eltern nach flexibler Betreuung kennt auch die Leiterin des Horts in Ustersbach, Antje Kollarsch. „Ich verstehe den Wunsch der Eltern, ihre Kinder früher abzuholen, wenn sie die Gelegenhei­t dazu haben“, sagt sie. Bei ihr werde die neu eingericht­ete Abholzeit um 14.30 Uhr sehr gut angenommen.

Eine andere Möglichkei­t sei die Teilung eines rechnerisc­hen Hortplatze­s, so Kollarsch. Das habe man schon praktizier­t. Die Nachteile: Viel Aufwand für die Einrichtun­g und nur möglich, wenn sich die Betreuungs­wünsche bei zwei Kindern genau ergänzen. Einmal mussten sich wegen der hohen Nachfrage schon einmal Zwillinge einen Platz teilen. Ein Kind war zu Hause, eines im Hort und umgekehrt. „Auch keine ideale Situation für die Familie“, erinnert sich Antje Kollarsch.

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In Horten werden Kinder mit Mittagesse­n versorgt.
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