Ein kleiner Schritt in eine andere Welt
Einmal im Jahr gehört das Königsbrunner Jugendzentrum den Freunden der japanischen Manga-Comics. Zwei junge Frauen erzählen, was sie daran fasziniert und wie viel Arbeit in den Bildern und Outfits steckt
Königsbrunn Einen Euro Eintritt, einen Stempel auf die Hand, einen Schritt nach vorne über die Türschwelle. Mehr braucht man nicht, um in eine andere Welt einzutauchen. Das gilt zumindest für die Manga-Ausstellung „Akira“in der Königsbrunner Jugendfreizeitstätte Matrix.
Es ist, als wäre man geradewegs in einem Manga – einem der japanischen Comics – gelandet. Nur die Sprechblasen fehlen noch. Eine Seite des Raumes ist von Stellwänden gesäumt, die die unterschiedlichsten Bilder präsentieren. Die meisten zeigen anmutige Kämpfer, die so echt wirken, als könnten sie sich mit einem großen Sprung geradewegs in die Menge werfen. Rund 70 Besucher kamen allein am Sonntag, um die atemberaubenden Cosplays und Zeichnungen der Aussteller zu bewundern.
„Es ist toll, Gleichgesinnte zu treffen, mit denen man sich austauschen kann“, erzählt Nina Raap begeistert. Die 16-Jährige sieht in ihrem bodenlangen schwarzen Kleid und dem dazu passenden Umhang mit Kunstfell beinahe gefährlich aus. Kein Wunder, hinter diesem Kostüm stecken schließlich mehrere Monate Arbeit, in denen sie es mühevoll selbst genäht hat.
Ihrer Freundin Kassandra Stahl blieb diese Arbeit erspart, da sie sich ihr Cosplay über das Internet bestellt hatte. Dafür hat sich die 17-Jährige beim Styling richtig ins Zeug gelegt. „Es ist wichtig, die Augen größer wirken zu lassen und ein figurbetontes Outfit zu tragen, da das typische Merkmale der MangaFiguren sind“, erklärt Kassandra. An diesem Tag habe sie nur drei Stunden gebraucht, bis schließlich auch die Perücke perfekt saß. Für sie ist Cosplay nicht einfach nur eine Verkleidung. Die Figur, die sie verkörpert, stammt nämlich aus einem ihrer Lieblingsanimes und ist ihr sehr ähnlich. „Es ist, als ob ich diese Figur wäre, nur in einer anderen Welt“, versucht Kassandra Stahl das Gefühl zu beschreiben.
Aber nicht nur auf ihre Cosplays, sondern auch auf ihre Zeichnungen sind die beiden Freundinnen ziemlich stolz. Besonders freuen sie sich über die begeisterten Kommentare der Besucher. Es sei toll, dass mehr Leute als nur die Mitglieder der Zeichengruppe die Bilder sehen könnten, schließlich stecke hinter einer Zeichnung stundenlange Arbeit. „Für mein aufwendigstes Bild habe ich ein Dreivierteljahr gebraucht“, erzählt Kassandra stolz. Auch Nina weiß, wie lang das Zeichnen dauern kann. „Nach sieben Stunden war ich zumindest mit den Haaren fertig“, sie und deutet auf das Bild, das sie gerade in der Hand hält. Es zeigt ein Mädchen mit einer gezackten Krone in der regenbogenfarbenen Haarmähne. Trotzdem könne sie sich nichts Schöneres vorstellen, als Mangas zu malen.
Dazu gibt es sogar bei der Ausstellung eine Gelegenheit. An einer langen Zeichentafel in der Mitte des Raumes können sich die Künstler gegenseitig beraten und ihrer Fanta- sie freien Lauf lassen. Auch Besucher sind herzlich eingeladen. Dazu haben Kassandra und Nina aber erst mal keine Zeit. Nicht umsonst ist schließlich ein professioneller Fotoshooting-Bereich aufgebaut. Vor dem schwarzen Hintergrund wirken die Cosplays der Manga- und Animefans sogar noch beeindruckender. Es ist schwer, zu sagen, welches das Schönste ist. Von ausladenden, bauschigen Ballkleidern über blutsagt verschmierte, zerrissene T-Shirts bis hin zu adretten Schuluniformen ist alles dabei. Man kann sich kaum sattsehen.
Bevor es aber zur richtigen Modeschau geht, zwängen sich Nina und Kassandra erst mal an riesigen dunklen Flügeln und hüftlangen blauen Haaren vorbei, um sich an der Bar zu stärken – natürlich mit typisch japanischen Spezialitäten.
Die beiden sind das japanische Ambiente gewöhnt, es ist schließlich nicht die erste Ausstellung, die sie besuchen. Nina war beispielsweise auch schon beim Animexx-Treffen in München.
„Das war natürlich viel größer als hier“, beschreibt sie das Erlebnis begeistert. Dennoch freuen sich die beiden auf jede Veranstaltung und die Ausstellung in Königsbrunn ist auf jeden Fall auch etwas Besonderes.