Koenigsbrunner Zeitung

Magische Welten im Museum

Im Museum der Augsburger Puppenkist­e geht es jetzt in magische Welten. Auch Eberzahn, Amulett und Pentagramm braucht’s im Reich der Hexen, Feen und Zauberer

- VON ALOIS KNOLLER

Ach, hätte sich Jakob nicht so vorwitzig über das Kräuterwei­blein auf dem Markt belustigt! Ein Dasein als Zwerg Nase wäre ihm erspart geblieben. Aber auch die hohe Kochkunst, die ihn das Weiblein in sieben Jahren Dienst lehrte, und die Bekanntsch­aft mit der verzaubert­en Gans im Herzogshof, die eigentlich ein hübsches Fräulein ist. Die ganze Geschichte auf einem Blick erzählt nun das Eingangsbi­ld der gestern eröffneten neuen Ausstellun­g des Museums der Augsburger Puppenkist­e. Vom Wünschen und Verwünsche­n handelt die Schau und führt in bezaubernd­e und verzaubert­e Welten.

Alle sieben Bilder der Inszenieru­ng des grimmschen Märchens von 1959 zeigt die Installati­on; sogar hinter die Schlosskul­isse darf der Besucher in die Küche des Zwergs und in seinen Vorratskel­ler lugen. Wo könnte sich die Fantasie eines Puppenspie­lers mehr ausleben als im Reich des Magischen? Hier ist die Welt der Gesetze der Physik enthoben, hier können wunderlich­e Gestalten auftreten. Etwa Aladin mit seiner Wunderlamp­e und einem fliegenden Teppich. Oder die sieben Todsünden aus dem „Faust“, darunter die gemästete Gefräßigke­it in Schweinche­nrosa oder der spindeldür­re giftgrüne Geiz.

Dornrösche­n ist der Klassiker unter den Verwünschu­ngen – die eine, missgünsti­ge Fee, die nicht an die Wiege der kleinen Prinzessin gebeten wurde, und ihr den hundertjäh­rigen Schlaf einbrockte. Viele Puppenthea­ter hätten der „Kiste“Figuren zu Dornrösche­n angeboten. Doch Theaterlei­ter Klaus Marschall bestand auf Vielfalt. „Ich habe sehr darum gebeten, etwas mehr ins Ausland zu schauen“, berichtet er.

So kam ein buntes Panoptikum zustande. Ein Dornrösche­n aus Italien ist darunter mit einer bitterböse­n Fee und einer bezaubernd­en Prinzessin; ganz fein sind die Köpfe geschnitzt und aufwendig die Puppen eingekleid­et. Aus Österreich gelangten zartgliedr­ige Figuren des Marionette­ntheaters Schloss Schönbrunn und federleich­te, pludrige Ballettfig­uren in die Vitrinen. Aus Norvich kam very british eine dramatisch­e Inszenieru­ng „Die Schöne und das Biest“. Und aus Spanien ein Papierthea­ter.

Schon die mittelalte­rlichen Heldensage­n und Volksbüche­r lieben es, die Schicksalm­ächte auftreten zu lassen. Held Fortunatus zieht mit einem spendablen Geldsack und dem Wunschhut aus. Guerrino Meschino („der Klägliche“), von Piraten entführt, muss erst die eigene edle Abkunft wiederentd­ecken, ehe er der Prinzessin am Hof von Konstantin­opel seine Liebe zu gestehen wagt. Die verwegenen Seemänner auf dem Fliegenden Holländer sind auf ewig dazu verdammt, im rauen Meer zu schippern und andere Schiffe ins Unglück zu stürzen.

Stets einen Hoffnungss­chimmer verbreiten indes die Märchen. Wünschen weist in die Zukunft, dafür genügt manchmal schon ein Boot aus Pappe, worin sich zwei Großstadtk­inder auf die Suche nach ihrem Traumkonti­nent aufmachen. Der Hexenzaube­r verpufft, wo sich eine gute Seele zeigt. Der böse Fluch wird gebrochen. Oder er dient der Besserung eines Bösewichts, wie die großen Ohren, die der kleine Muck dem Sultan verpasst. Doch es gilt auch, sich das Richtige zu wünschen und nicht unmäßig zu werden wie des Fischers Frau. Oder wie die gierigen Bürger, die an der goldenen Gans kleben bleiben.

Zur Volkskunde, die in den Ausstellun­gen der Puppenkist­e immer vermittelt wird, zählt diesmal eine Vitrine mit Amuletten, Neidfeigen, Pentagramm­en, Eberzahn und Nagel aus dem Hexenarchi­v des Volkskunde­museums Hamburg. Auf afrikanisc­he Zaubertrad­ition verweist die 100 Jahre alte Kraftfigur eines Hundes mit zackig gestelltem Rückenhaar aus dem Kongo. Ihren eigenen Zaubertran­k dürfen die Kinder in der Hexenküche brauen, allerlei Tinkturen, Mäuse und Spinnen, Schlangen und Skorpione liegen bereit. Vielleicht sind ein paar Harry Potters darunter, die ihr Vor- bild als modelliert­e Marionette­n von Florian Moch entdecken. Etliche Hexen warten im Teufelsofe­n auf kindliche Erkundung.

Einem guten Zweck dienen die Wunschpunk­te des Sams: Die Puppenkist­e animiert damit zu Spenden für die Kartei der Not, das Leserhilfs­werk unserer Zeitung, um Kindern in prekären Verhältnis­sen ein paar Wünsche zu erfüllen – 10 Euro für einen Kinobesuch, 50 Euro für Fußballsch­uhe … O Die

Kiste, Augsburg, Spitalgass­e 15; Laufzeit bis 18. März, geöffnet täglich außer Montag von 10 bis 19 Uhr. Führun gen: Tel. 08 21/450 34 50, Homepage: www.puppenkist­e.com Zur Ausstellun­g gibt es Aktionen im Museum, z. B. Zau berworksho­ps mit Richie dem Britannier

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Fotos: Fred Schöllhorn Einen Figurensat­z für Harry Potters Zauber Welt modelliert­e der junge Augsburger Florian Moch.
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Max und Aishe, zwei verlorene Wiener Großstadtk­inder, genügt es schon, im Hinter hof in ihrem Boot aus Pappe den siebten Kontinent zu suchen.
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Wie hässlich verwandelt sich doch Zwerg Nase nach dem Fluch des Kräuterwei­bs.

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