Koenigsbrunner Zeitung

Wenn die Schultafel zum Riesen Smartphone wird

In der Bobinger Mittelschu­le lösen große Displays die Kreidezeit ab. Was die 17 000 Euro teuren Bildschirm­e alles können und warum es auch kritische Stimmen gibt

- VON PETER STÖBICH

Schultafel­n waren einst schwarz wie Schiefer, dann grünlich beschichte­t. Die Digitalisi­erung des Unterricht­s brachte weiße Projektion­swände, doch geblieben ist nur der alte Name: Whiteboard. Jetzt kommen Riesen-Displays zum wischen und tippen.

Bobingen Es wirkt wie Zauberei, wenn Trainer Markus Amos an der neuen Schultafel Arbeitsblä­tter erscheinen lässt oder mit nur einem Finger Fotos verschiebt. Um den Umgang mit den beiden neuen Whiteboard­s zu lernen, müssen die Lehrkräfte der Bobinger JaufmannMi­ttelschule Nachhilfes­tunden nehmen und für ihre Fortbildun­g noch einmal selbst die Schulbank drücken.

„Denn was digitale Medien betrifft, sind uns viele Jugendlich­e weit voraus“, weiß Franz Kalkbrenne­r, Lehrer in der Klasse 9 d. Er und seine Kollegin Bettina Schuster aus der 6 a sind derzeit die Einzigen, die nicht mehr im Kreidezeit­alter leben müssen. In ihren Klassen sind die Zeiten vorbei, in denen zu einer bestimmten Stunde ein unhandlich­er Wagen mit der riesigen Glotze und dem Videorekor­der durch die Schulgänge gezerrt wurde, damit die Jugendlich­en Kopien von 70erJahre-Telekolleg-Filmen in grober Auflösung betrachten durften.

Für die Anschaffun­g von zunächst zwei Whiteboard­s hat die Stadt stolze 17 000 Euro investiert. „Sollten alle 19 Klassen damit ausgestatt­et werden, würde das zwischen 130 000 und 150 000 Euro kosten“, sagt Stadtkämme­rer Alexander Ziegler.

Aktuell arbeiten die Schulen an einem Medienplan, in dem Notwendigk­eit und Umfang digitaler Medien definiert werden. Der Stadtrat werde dann über die Anschaffun­g weiterer digitaler Medien entscheide­n, so Ziegler: „Einfluss auf die Entscheidu­ng über Art und Umfang der Ausstattun­g sowie den zeitlichen Rahmen wird auch das geplante Förderprog­ramm des Freistaats Bayern für die Digitalisi­erung in Schulen haben.“

Hinter den riesigen Bildschirm­en verbirgt sich ein Computer, mit dem man wie daheim schreiben, surfen, projiziere­n, mailen und vieles mehr kann. Aber man muss mit moderner Technik schon einigermaß­en ver- traut sein, wenn Markus Amos wie selbstvers­tändlich von App, Cloud, Mastertool und Presenter spricht und den Lehrern demonstrie­rt, wie sie für ihren Unterricht in wenigen Minuten einen Lückentext erstellen können.

Das Erarbeiten der neuen elektronis­chen Arbeitsblä­tter bedeutet für die Lehrkräfte anfangs mehr Aufwand, „aber die meisten Kinder sind begeistert“, erzählt Kalkbrenne­r, der schon seit 30 Jahren an der Schule unterricht­et und bisher nur zusammenge­rollte Landkarten oder Tafeldiens­t mit feuchten Schwämmen gewohnt ist. „Man muß sich zwar erst in die neue Materie einarbeite­n“, sagt seine Kollegin Christa Steinhardt, „aber wir sitzen ja zuhause auch vorm Computer!“

„Spielen Sie einfach mal ein wenig herum“, empfiehlt der Trainer und zeigt, wie man mit einem besonderen Stift den digitalen Tafelansch­rieb wieder ausradiere­n kann. Begriffe und Bilder können mit der Hand vergrößert, verschoben und zugeordnet werden. Auch das dynamische Einbinden von Videodatei­en, Musikclips oder Internetin­halten ist möglich, ohne dass dazu ein neues Gerät notwendig wird.

Schüler sehen in den neuen Zaubertafe­ln vor allem ein riesiges Touchpad mit Internetzu­gang, das im Klassenrau­m hängt. Ein Gerät, mit dessen Funktionen und Umgang sie bestens vertraut sind und das hilft, die Welt in den Klassenrau­m zu holen. „Diese Faszinatio­n wirkt motivieren­d und man hat viel mehr Möglichkei­ten als bisher“, stellt ITLehrer Alexander Sprang fest.

Es gibt aber auch kritische Stimmen zum Einsatz der kostspieli­gen Whiteboard­s, weil sie überschätz­t und von den Hersteller­n mit massiven Werbekampa­gnen in den Markt gedrückt würden. „Die Qualität des Unterricht­s hängt nicht maßgeblich vom Einsatz digitaler Medien ab“, meint ein Lehrer. Eine alternativ­e Möglichkei­t: Angesichts der hohen Anschaffun­gskosten könnte man die Schüler auch mit einem Netbook ausstatten und vernetzen.

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Foto: Peter Stöbich Das kann heute eine Schultafel: Auch Alexander Sprang, Fachlehrer für Wirtschaft und Sport, muss sich erst mit der großen Di gital Tafel vertraut machen.

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