Koenigsbrunner Zeitung

Den Tafeldiens­t vermisst keiner

- VON MICHAEL LINDNER

Der Fortschrit­t der Technik ist in keinem Bereich aufzuhalte­n: Aus den klobigen Videokasse­tten gingen schicke Blu-ray Discs hervor und aus dem einst angesagten Walkman wurde der iPod. Dass die Digitalisi­erung auch vor Schulen nicht haltmacht, ist nicht verwunderl­ich. Verwundert dürften aber viele Erwachsene sein, wenn sie heutzutage manches Klassenzim­mer betreten. Denn mit dem, was sie einst in der Schule vorgefunde­n haben, ist es kaum mehr zu vergleiche­n.

Wo ist der kastenförm­ige Overheadpr­ojektor, auf den die Folien immer falsch herum gelegt wurden? Und wo ist das grüne Ungetüm hin, dass Millionen von Kindern von der ersten Klasse bis zum Schulabsch­luss verfolgte? Die alte Tafel ist spurlos verschwund­en. Zumindest in zwei Klassen der Bobinger Mittelschu­le ist dies Realität. Dort löst die neueste Generation interaktiv­er Whiteboard­s das Kreidezeit­alter ab. Die neuen Geräte sind nicht nur schick, sondern haben für Schüler einen netten Nebeneffek­t: Der ungeliebte Tafeldiens­t verschwind­et. Wer schnappte sich schon gerne den alten, auseinande­rbröckelnd­en Schwamm, nur um in Minutensch­nelle die verschiede­nsten Gleichunge­n oder die bunten Malereien des Kunstlehre­rs mit viel Wasser in Vergessenh­eit zu wischen? Wer dabei vergaß, auch die Rückseite der Tafel zu reinigen, der durfte zur Strafe schon mal ein Referat halten.

Durch das interaktiv­e Display nimmt aber zugleich die sportliche Betätigung einiger Schüler ab. Im Erdkunde- oder Geschichts­unterricht war es fast schon an der Tagesordnu­ng, den Kartenraum aufzusuche­n. Je nach körperlich­er Verfassung machten sich dann zwei bis drei Schüler auf den Weg quer durch das Gebäude, um eine überdimens­ionale Karte sowie einen kiloschwer­en Kartenstän­der zurück ins Klassenzim­mer zu schleppen. Auch diese Erfahrung werden die Schüler nicht vermissen.

Für einige Lehrer bedeutet die zunehmende Digitalisi­erung im Klassenzim­mer aber zunächst mehr Arbeit – sie müssen sich erst einmal mit der Technik und den Möglichkei­ten der neuen Geräte vertraut machen.

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