Wie die Amerikaner zu Alko kamen
Aus einer 1931 gegründeten Dorfschmiede im Kreis Günzburg wurde ein global agierender Konzern. Der Preis dafür war eine schmerzliche Trennung vor zwei Jahren
Kötz Es sind Schlagworte, die in Kötz, in Ettenbeuren und in Ichenhausen (alles im Landkreis Günzburg) so furchtbar weit weg zu sein scheinen: Internationalisierung, Globalisierung. Doch das Familienunternehmen Alko (der Firmenname setzt sich aus den jeweils ersten beiden Namensbuchstaben des Gründers Alois Kober zusammen) hat vor fast zwei Jahren erlebt, was dies bedeutet. Quasi von heute auf morgen fehlte mit der Fahrzeugtechnik-Sparte die größte der drei Säulen in dem Unternehmen. Zwar kennen viele Alko als früheren Trikotsponsor des Fußball-Bundesligisten FC Augsburg; und mit den Rasenmähern hat vor vielen Jahren bereits Franz Beckenbauer hantiert. Doch das umsatzstärkste Segment war die Fahrzeugtechnik, die für Außenstehende fast über Nacht mit dem US-Achsenhersteller Dexter zu Dexko Global verschmolzen wurde.
Ein Schritt, der „absolut richtig gewesen ist“, betont Stefan Kober im Gespräch mit unserer Zeitung. Von den drei Söhnen des Firmengründers lebt heute nur noch Herbert, Jahrgang 1933. Neffe Stefan hat sich im Laufe der Jahre als starker Mann bei Alko erwiesen. In der dritten Generation gibt es neben Kobers Bruder Raymond noch weitere fünf Cousins und Cousinen. Doch die alle sind inzwischen aus dem operativen Geschäft ausgestiegen beziehungsweise halten in der Alko Kober SE – eine Art Zwischenholding, das „SE“zeigt die europäische Form der Aktiengesellschaft an – eine Minderheitsbeteiligung (insgesamt 33 Prozent).
„Es ist immer schwierig, in einem Familienunternehmen so einen Schritt zu gehen“, sagt Stefan Ko- ber. Aber nur so könne man in einem globalisierten Markt mit der nötigen Geschwindigkeit vorwärts kommen. Die Alko-Fahrzeugtechnik habe sich unter dem Dach von Dexko Global „toll entwickelt“und prosperiere. Und auch die Bereiche, die Stefan Kobers unmittelbarem Einfluss weiterhin unterliegen, erzielten einen Umsatz, der so in dem früheren Familienunternehmen nicht erreicht worden sei. Zur Gartenund zur Lufttechnik kommt künftig auch das Automotivgeschäft und damit wieder eine dritte Säule. Alko Kober SE wird gemeinsam mit der Endurance Capital AG die drei Sparten Automotive, Metallteilfertigung und Bahntechnik der KohlGruppe AG Köln übernehmen. Die Unterschriften, die den Kauf besiegeln, sind geleistet. Einen Strich durch die Rechnung könnte nur noch das Bundeskartellamt machen. Eine Konkurrenz zur Alko-Fahrzeugtechnik erwachse daraus nicht. Im gleichen Geschäftsfeld darf Stefan Kober nicht tätig ein, das ist vertraglich vereinbart.
Die Kernfelder der Fahrzeugtechnik sind Reisemobile, Caravans, Nutzfahrzeuge (vom Behördenfahrzeug über Foodtrucks und Auto- Bei den vielen Veränderungen ist selbst für die Mitarbeiter die Zuordnung nicht leicht. Das gibt es unter anderem:
Alko SE Das ist die Konzernmutter – eine Aktiengesellschaft nach euro päischem Recht –, gegründet unter an derem von Stefan Kober.
Alko Kober SE Ein international tä tiger Technologiekonzern, an dem auch zwei Cousins und eine Cousine von Stefan Kober mit je elf Prozent beteiligt sind.
Alko Fahrzeugtechnik (das ent spricht der Alois Kober GmbH) Ge hört inzwischen zum US Konzern Dex ko Global. Die Fahrzeugtechnik er transporter bis hin zu Elektromobilen) und Nutzanhänger. Dazu kommen noch der Zubehörmarkt sowie Dämpfungs- und Kunststofftechnik. Oberster Chef für den AlkoTeil bei Dexko Global ist Harald Hiller, der sich zum Wachstumskurs des US-Konzerns, hinter dem private Investorengruppen stehen, bekennt.
Die Welt haben die früheren Konkurrenten, die ihre Kräfte nun gebündelt haben, klar abgesteckt. „Together is better“(„Zusammen ist besser“) lautet der Leitspruch. Das Reich von Dexter, in dem Alko-Fahrzeugtechnik in früheren Jahren vergeblich Fuß zu fassen versuchte, ist der nordamerikanische Markt. Alko selbst ist in Europa, weiten Teilen Asiens, Südafrika, Australien und in Südamerika aktiv. Der Umsatz steigt kontinuierlich. 450 Millionen Euro Umsatz sah der Plan für 2017 vor. „Inzwischen sind wir bei knapp 500 Millionen“, sagt Hiller, der in einem von den Amerikanern vorgegebenen 180-TagePlan den schwäbischen Firmenteil unter dem Dach von Dexko Global fit gemacht hat für den Weltmarkt. „Hat man hier etwas davon gemerkt?“, stellt er eine rhetorische reicht 2017 einen Umsatz von knapp 500 Millionen Euro, was auch mit der Akquirierung anderer Unternehmen zu tun hat. Die Alko Kober SE hat sich nicht komplett verabschiedet, son dern hält knapp fünf Prozent an die ser früheren zum Familienunterneh men gehörenden Sparte. Die Zahl der Mitarbeiter in der Fahrzeugtechnik liegt weltweit bei rund 2150. Fast die Hälfte (1024) ist in Deutschland tä tig. Und der Löwenanteil davon (819) arbeitet an den vier Standorten Großkötz, Kleinkötz, Ettenbeuren und Ichenhausen im Landkreis Günz burg. (ioa) Frage und zwinkert mit einem Auge zu. Der Vorstandsvorsitzende meint damit die Standorte im Kreis Günzburg. Die „dramatische Veränderung“hat sich andernorts gezeigt: Zwei Werke, eines in Nordengland und eines in Westfrankreich, wurden geschlossen. Außerdem wurde das Industriekomponenten-Geschäft in Österreich nicht weiter betrieben. Demgegenüber standen Zukäufe konkurrierender Unternehmen. Diese Firmen zu integrieren, gleichzeitig die amerikanische mit der deutschen Unternehmenskultur zusammenzubringen und dabei nicht den Überblick zu verlieren, ist vermutlich die größte Herausforderung unter vielen.
„Wir haben Geschwindigkeit von den Amerikanern gelernt“, sagt Harald Hiller, der inzwischen fast jeden Atemzug der Firma dokumentiert. Diese Bilanzen werden erwartet. Die US-Partner legten dabei eine „beinahe militärische Disziplin“an den Tag. Und was konnten die Manager jenseits des Atlantiks von den Schwaben lernen? Hiller lächelt. „Die haben uns für Hillbilllies, für Hinterwäldler, gehalten. Mittlerweile wissen sie, dass das eine Fehleinschätzung war.“
Die größte der drei Säulen fehlte plötzlich Alko und die Fahrzeugtechnik