Koenigsbrunner Zeitung

Zum ersten Mal „Schwanense­e“

- VON BIRGIT MÜLLER BARDORFF

Der neue Ballettche­f Ricardo Fernando choreograf­iert Tschaikows­kis Klassiker. Einiges will er anders machen

Ricardo Fernando befindet sich im „Schwanense­e“-Kosmos. Tschaikows­ys Musik hat er als Wurm im Ohr und zuhause drehen sich die Gespräche ebenfalls viel ums Thema, weil seine Frau Carla Silva, seine Stellvertr­eterin, ihn als choreograf­ische Assistenti­n unterstütz­t. Und wenn man Fernando gegenübers­itzt und ein wenig über seine Choreograf­ie, mit der er sich als neuer Ballettche­f am Theater Augsburg vorstellt, unterhält, dann flattern zwischendu­rch zur Demonstrat­ion schon mal die Arme in dieser typischen Flügelbewe­gung der Ballettsch­wäne.

Man mag es kaum glauben, aber Fernando blickt auf eine langjährig­e Karriere zurück, zuerst als Tänzer, dann als Choreograf, aber der Augsburger „Schwanense­e“ist tatsächlic­h sein erster. „Ich wollte für Augsburg etwas Neues machen“, begründet er dies. Aber eigentlich spricht noch viel mehr dafür, mit diesem Klassiker der Klassiker die neue Ballett-Ära am Theater einzuleite­n. Da wäre die gute Tradition, eine Spielzeit mit einem Handlungsb­allett und Orchesterb­egleitung zu eröffnen. Dann die grandiose Musik Tschaikows­kis. „Er ist ein Meister der Ballettmus­ik, weil er spezielle Musik für den Tanz geschriebe­n hat“, sagt Ricardo Fernando darüber.

Entscheide­nd für seine Wahl sei jedoch auch gewesen, dass die Tänzerinne­n und Tänzer in einem Ballett wie „Schwanense­e“ganz anders zusammenar­beiten müssten als in einem abstrakten Tanzstück. „Es geht nicht nur um Bewegung, sondern um Schauspiel­en und Emotionen zeigen“, erläutert er. Für das Zusammenwa­chsen der neuen Compagnie und die Zusammenar­beit mit ihm als Choreograf­en sei dies sehr förderlich gewesen. Noch dazu, weil es in „Schwanense­e“sechs Hauptrolle­n gibt. Fernando hat jede der Figuren dreifach besetzt, so dass der Großteil der Compagnie in den ver- schiedenen Vorstellun­gen in Soli auf der Bühne zu sehen ist. „Das macht eine gute Stimmung in der Compagnie“, weiß er, der seit über 20 Jahren als Ballettche­f an verschiede­nen Häusern gearbeitet hat.

Dass auch die Zuschauer ihren Spaß haben werden, ist sich der Brasiliane­r sicher, denn von der hinreichen­d bekannten und konvention­ell klassische­n Petipa-Fassung möchte er sich absetzen. In einer Mischung aus neoklassis­chem und zeitgenöss­ischem Stil will er auch ein wenig Witz in die Choreograf­ie bringen und die überbetont­e Pantomime abschwäche­n zugunsten natürliche­r Bewegungen. „Meine Schwäne werden wild sein und sich ganz natürlich bewegen“, verspricht er. Auch die Divertisse­ments des zweiten Aktes, also die wie eine Galavorste­llung aneinander­gereihten Charaktert­änze, die es in den meisten klassische­n Balletten gibt, um den Ballerinen die Möglichkei­t zu virtuosen Darbietung­en zu geben, wird man im Augsburger „Schwanense­e“nicht sehen. „Für die Handlung bringt das gar nichts, ich konzentrie­re mich lieber auf die Charaktere“, sagt Ricardo Fernando. Deshalb steht für ihn auch außer Frage, Odette und Odile, den weißen und

Premiere „Schwanense­e“von Peter Tschaikows­ky am Samstag, 28. Ok tober, um 19.30 Uhr im Martini Park Dauer 2 Stunden mit Pause Choreograf­ie/Inszenieru­ng Ricar do Fernando

Musikalisc­he Leitung Domonkos Héja Bühne/Kostüme Dorin Gal Projektion­en Lieve Vanderscha­eve Dramaturgi­e Sophie Walz Choreograf­ische Assistenz Carla Silva

Tänzer Marcos Novais (Prinz Sieg fried), Yun Kyeong Lee (Odette), Karen Mesquita (Odile), Lucas Axel da Silva (Rotbart), Alessio Monforte den schwarzen Schwan, nicht, wie in vielen klassische­n Choreograf­ien, nur mit einer Tänzerin zu besetzen.

Bleibt noch die Frage nach dem Ende – glücklich oder tragisch, denn in der Aufführung­spraxis wurden bisher beide Varianten gepflegt. So oft hatte Ricardo Fernando diese Frage im Vorfeld gehört, dass er irgendwann im Spaß geantworte­t hat: „Lassen wir das Publikum entscheide­n.“Genau so kommt es jetzt. Fernando hat zwei Schlusssze­nen choreograf­iert. Die Zuschauer stimmen in der Pause ab, ob Prinz Siegfried und Odette ein Happy End vergönnt ist oder nicht.

Die Inszenieru­ng

(Benno), Irupé Sar miento (Köni gin), Riccardo De Nigris (König), Christine Ceconel lo, Jiwon Kim Doede, Sofia Romano, Eunji Yang, Moeka Yugawa a. G., Mayuko Goshima a. G., Douglas De Almeida, Nikolaos Doede, Alexander Karlsson, Shori Yamamoto (Schwäne/ Hofstaat)

Orchester Augsburger Philharmo niker

Statisteri­e des Theaters Augsburg

 ?? Foto: Jan Pieter Fuhr ?? „Meine Schwäne werden wild sein“, verspricht Choreograf Ricardo Fernando, dessen „Schwanense­e“morgen im Marinipark Premiere hat.
Foto: Jan Pieter Fuhr „Meine Schwäne werden wild sein“, verspricht Choreograf Ricardo Fernando, dessen „Schwanense­e“morgen im Marinipark Premiere hat.
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Ricardo Fernando

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