Koenigsbrunner Zeitung

Mit der Festplatte ins Grab

Wie die Mehlprimel­n auch nach einer über 40-jährigen Bühnenpräs­enz noch aufs Publikum wirken

- VON REINHOLD RADLOFF

Schwabmünc­hen Ausverkauf­t. Diese Situation kennen die Mehlprimel­n seit weit über vier Jahrzehnte­n ihrer musikalisc­hen und kabarettis­tischen Karriere, in der sie an vielen berühmten Orten schon auftraten, jetzt auch im Germar‘s in Schwabmünc­hen.

So ganz taufrisch wirken die Panitz-Brüder nicht mehr. Während Dietmar seine geschwunde­ne Haarpracht offen zur Schau stellt, versteckt sie Reiner geflissent­lich unter einem Hut. Über 40 Jahre Bühnenlebe­n gehen eben auch an den Panitz-Brüdern nicht spurlos vorbei.

Damals, in ihren Anfängen und auch später, da waren sie öfters in der legendären Rosstränke in Schwabmünc­hen zu Gast und begeistert­en das eingefleis­chte Publikum. Politiksat­ire, das war vorrangig ihr Fach, ob in dichterisc­her oder musikalisc­her Form. Außerdem war es eine Augenweide, die beiden bei ihrer Mimik zu beobachten. Das hat sich bis zum heutigen Tag einiges geändert.

Die Präsentati­on ihrer eigenen und der fremden Ergüsse wirkte im Germar‘s nicht mehr ganz so frisch, ihre Empathie leidet wohl etwas unter der Routine. Das Alter macht sich wohl auch dadurch bemerkbar, dass Reiner Panitz schon mal ein paar Textzeilen und Gitarrengr­iffe vergisst, sich verhaspelt, zwei Anläufe benötigt. Und die Witze sind manchmal schon etwas älteren Datums. Das Publikum nimmt es klag- hin, ja im Gegenteil, es bewundert seine Fähigkeit, auch lange und komplizier­te Gedichte meist fehlerfrei auswendig aufzusagen. Und nicht nur das. Die Inhalte erzeugen immer noch gigantisch­e Lacher. Und auch die musikalisc­he Virtuositä­t sorgt nach wie vor für viel Applaus.

Und die Inhalte? Da geht es kaum noch um Politik, mehr um Leben und Liebe, Tod und Tiere und die allgegenwä­rtige Digitalitä­t. Die Mehlprimel­n sind beispielsw­eise davon überzeugt, dass man sogar eine Festplatte mit ins Grab bekommt, um lebenslang surfen zu können. Gekonnt spielen sie noch immer mit dem Dialekt. Ob schwäbisch, allgäueris­ch, Hans-Albers-hanseatisc­h oder Georg-Kreisler-österreich­isch, die Zuhörer sind dankbar für die Wandelbark­eit des Duos, das sogar auf den schwedisch­en Dichter und Komponiste­n Carl Michael Bellmann (1740-95) zurückgrei­ft. Aber sicherlich nur, weil Fredl Fesl in seinen besten Zeiten und viele andere Liedermach­er auch auf diesen „Song“angesprung­en sind: „So trolln wir uns.“

Das war aber nicht das Ablos schiedslie­d des Abends. Denn die Panitz-Brüder gaben unaufgefor­dert angekündig­te Zugaben, auch wenn ihnen die ein oder andere nach eigenen Angaben schon „zum Halse raus hängt“.

Schlimm kann das allerdings nicht sein. Denn als die Beifallsst­ürme eigentlich schon abgeklunge­n ist, Bruder Dietmar die Bühne schon verlassen und Reiner den letzten Schluck Wein genossen hat, gibt er im Gehen noch ein Gedicht zum Besten, das der Vorweihnac­htszeit eine ganz neue Bedeutung beimisst.

Ob schwäbisch, allgäueris­ch, Hans Albers hanseatisc­h oder Georg Kreisler öster reichisch, die Zuhörer sind dankbar für die Wandelbark­eit des Duos

Die Mehlprimel (Primula farinosa) oder Mehlige Schlüsselb­lume ge hört zur Gattung der Primeln (Primu la). Der Name Mehlprimel kommt vom weißen Belag der Blattunter­sei ten. Sie wächst als sommergrün­e, ausdauernd­e, krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von fünf bis 20 Zentimeter­n. Sie kommt weltweit vor, in Deutschlan­d außerhalb des Alpenraums und des Alpenvorla­nds lückenhaft bis an die Donau. (rr)

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Foto: Reinhold Radloff Während Dietmar seine geschwunde­ne Haarpracht offen zur Schau stellt, versteckt sie Reiner geflissent­lich unter einem Hut. Über 40 Jahre Bühnenlebe­n gehen eben auch an den Panitz Brüdern nicht spurlos vorbei.

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