Der Freistaat soll zu seiner Verantwortung stehen
Seit Jahrzehnten drückt regelmäßig Grundwasser in Hauskeller im Königsbrunner Osten. Weil eine mögliche Lösung jetzt wieder ins Stocken geraten ist, will die Stadt an der Seite der betroffenen Bürger vor Gericht ziehen
Königsbrunn Im Königsbrunner Osten haben viele Hausbesitzer seit Jahrzehnten ein großes Problem: Wenn es viel regnet oder der Schnee schmilzt, drückt von unten das Wasser in die Keller. Seit den Achtziger Jahren geht das schon so, seit der Lech zwischen Mering und Königsbrunn für die Stromgewinnung aufgestaut wird. Damit endlich Abhilfe geschaffen wird, will die Stadt Königsbrunn mit den betroffenen Bürgern vor Gericht ziehen. Das hat der Stadtrat in seiner aktuellen Sitzung beschlossen. Ziel der Klage wird der Nachbarlandkreis sein.
Das Landratsamt Aichach-Friedberg war es nämlich, der einst die wasserrechtliche Freigabe für den Bau erteilte. In der Genehmigung ist auch ein Passus enthalten, dass Schäden für Anwohner durch geeignete Maßnahmen vermieden werden müssen, teilte Bürgermeister Franz Feigl. Genau diese Maßnahmen wird die Stadt Königsbrunn nun bei den Nachbarn beantragen und auch für einen der 300 Betroffenen einen solchen Antrag stellen.
Dass der Nachbarlandkreis eine entsprechende Entscheidung trifft, ist aber unwahrscheinlich. Denn hier werden verschiedene finanzielle Interessen berührt, unter anderem die des Energieunternehmens E.on, das das Werk an der Staustufe betreibt. Wird der Königsbrunner Antrag abgelehnt oder nicht fristgerecht bearbeitet, klagt die Stadt ge- diese Entscheidung vor dem Verwaltungsgericht. Auch der Antragssteller aus den Reihen der Anwohner soll klagen, die Stadt unterstützt ihn und übernimmt die Kosten. Und schließlich schaltet sich die Stadt mit einer Eingabe an den Petitionsausschuss des Landtages in das Verfahren ein, das die betroffenen Bürger bereits vor Jahren angestoßen haben. Diese Vorschläge wurden im Stadtrat einstimmig angegen nommen. Die vielen Betroffenen im Sitzungssaal quittierten den Beschluss mit Applaus.
Damit wollen die Königsbrunner neue Bewegung in das seit Jahren vor sich hin dümpelnde Verfahren bringen. „Mein Vorgänger Ludwig Fröhlich hat bereits viele Verhandlungen mit geführt. Ich habe 2014 übernommen“, sagte Franz Feigl. Eigentlich stand auch schon seit Fröhlichs Bürgermeisterzeiten ein Lösungsplan für die schlimmsten Probleme der Anwohner bereit: Bei Hochwassergefahr sollte ein Pumpensystem die unterirdischen Grundwasserströme anzapfen, Wasser in den Lochbach umleiten und damit das Nass aus den Kellern halten. 2015 wurde der Plan dafür beim Landratsamt Augsburg zur Genehmigung eingereicht.
Doch dort stockt das Verfahren momentan wieder. Das Landratsamt will man wissen, wer als Betreiber fungiert und die Auflagen erfüllt. Die Königsbrunner würden zwar grundsätzlich den Betrieb der Anlagen übernehmen, doch bezahlen soll der Freistaat mit. Denn Installation und Bau wären alles andere als günstig: Die Erstellung würde nach ersten Schätzungen mehrere Millionen kosten. Für den Erhalt wäre jedes Jahr wohl noch einmal eine sechsstellige Summe nötig. Doch die Landesregierung will sich derzeit nicht beteiligen.
Das Projekt hängt somit fest. Doch nun will der Bürgermeister München in die Pflicht nehmen: „Es kann nicht sein, dass man eine Anlage betreibt, die dauerhaft Schäden verursacht. Der Freistaat darf sich hier nicht aus der Verantwortung nehmen, sondern muss erkennen: Hier ist etwas schief gelaufen.“Vielen Menschen sei ein Schaden entstanden, hier müsse endlich gegengesteuert werden. Der Augsburger Rechtsanwalt Dr. Simon Bulla hat den möglichen Weg über den Antrag beim Landkreis Aichach-Friedberg aufgezeit und wird die Stadt juristisch beraten. Normale Zivilklagen hätten keine Chance mehr gehabt – die Ansprüche sind verjährt, erklärte der Bürgermeister.
Stadtrat Wilhelm Terhaag (SPD) ist einer der betroffenen Bürger. Er sei froh, dass es nun endlich, nach etwa 35 Jahren, Rechtssicherheit geben könnte. Die Absenkung des Grundwassers sei aber auch wichtig für die Zukunft. Will man im Südosten der Stadt die Bebauung nachverdichten, müsse man auch vermehrt in die Tiefe bauen. Peter Henkel (CSU) erinnerte daran, wie viele Jahre man mit den Betreibern schon über die Schuldfragen gestritten habe. Peter Sommer (BbK) riet dazu, die anstehenden Landtagswahlen zu nutzen, um mit viel Öffentlichkeitsarbeit Druck auf die Staatsregierung zu machen.
Einen besonderen Dank richteten die Stadträte an Heidemarie Schmidt-Aßmann und Franz Roßmann, die sich in all diesen Jahren für die Belange der Anwohner des Gebiets eingesetzt haben.