Klangkunst mit selbst gebrannten CDs
Asmus Tietchens hypnotisiert mit elektronischer Musik. Außerdem: Lab-Awards für zwei Künstlerinnen
Eigentlich war das Set-up, das der Klangkünstler und Sound-Designer Asmus Tietchens zu seinem Konzert am Samstag beim MedienkunstFestival Lab 30 nutzte, ein klassisches DJ-Set. Das epische Werk aber, das der Altmeister der experimentellen elektronischen Musik aus diesen wenigen Zutaten zauberte, ließ es an nichts fehlen.
Satte Flächen von monumentaler Breite legten sich wabernd-walzend über den Saal, ließen Bilder im Kopf entstehen, die von den punktuell eingesetzten, schrillen Ausbrüchen wieder und wieder verzerrt, verwischt oder in neue Bahnen gelenkt wurden. Ein klingendes Kaleidoskop abstrakter Landschaften, das in seiner konzentrierten Intensität hypnotisierte und ausschließlich mit elektronisch erzeugten Klängen geschaffen wurde.
Knappe 45 Minuten währte die Performance, die das seltsame Setup sehr schnell vergessen ließ. Die Neugier aber kam nach dem Konzert zurück und die Frage, warum Asmus Tietchens mit den für das Genre ungewöhnlichen CD-Playern arbeitete. „Mir ist bei ähnlichen Performances schon zwei Mal ein Computer abgestürzt“, erklärt der mittlerweile 70-Jährige, der seit 1980 als Klangbastler tätig ist. „Seither spiele ich mit selbst gebrannten CDs, auf drei Player verteilt und über ein Mischpult gesteuert.“Eigentlich, so Tietchens weiter, handele es sich hier ja auch eher um eine Präsentation als ein Konzert. Für die Besucher seiner Aufführung das pure Understatement.
Die CDs wiederum seien mit Fragmenten gefüllt, eigenen Ideen und geschaffenen Klängen. Ein Stückwerk, das in der Performance verflochten werde. Eine Improvisation also? „Oh nein“, winkt Tietchens ab. „Auch wenn ich eine gute Improvisation sehr zu schätzen weiß, bin ich selber dazu nicht in der Lage. Ich weiß sehr genau, was auf meinen CDs drauf ist und welches Fragment wann kommt.“
Am späten Samstagabend wurden im Abraxas außerdem die LabAwards verliehen. Die Jury (Karin Zwack, Dr. Thomas Elsen, KP Ludwig John, Benjamin Stechele, Felix Weinold) entschied sich unter den 16 Arbeiten der Ausstellung für die Installation „Small world wide“der Dortmunder Klangkünstlerin Denise Ritter. Ausgehend von der Theorie, nach der weltweit jeder jeden über sechs Ecken kennt, verteilte sie zehn Audio-Rekorder an zehn Personen. Ausschließlich über persönliche Bekanntschaften sollten die Rekorder an zehn Zielorten ankommen. Alle Etappen wurden von den Teilnehmern akustisch dokumentiert. Aus diesen Aufnahmen realisierte die Künstlerin Kompositionen. „Small world wide macht sichtbar, was uns Menschen heute weltweit verbindet und setzt damit auch ein deutliches Zeichen – aber ohne didaktischen Duktus“, lautete das Jury-Urteil. Auch das Festival-Publikum kürte seinen Favoriten. Der von unserer Zeitung präsentierte und mit 500 Euro dotierte Publikumspreis ging an die WahlMünchnerin Alice StrunkmannMeister für ihre Licht- und Wasserinstallation „Ex unda“. Mehrere Glasschalen, mit Wasser befüllt, bewegen sich darin motorbetrieben auf und ab. Durch die Vibration der Schalen lässt sich das physikalische Phänomen der Interferenz beobachten: Das Wasser in ihnen schlägt Wellen, die als Lichtreflexionen auf dem Boden sichtbar werden.