Reformationstag
Alte Schätze auf dem Dachboden
Am Reformationstag können Königsbrunner auf den Dachboden der evangelischen Kirche St. Johannes steigen
Königsbrunn Ein großer, hoher Raum mit mehreren kleinen Fenstern und einem Holzgebälk: Der Dachboden der St.-Johannes-Kirche in Königsbrunn wirkt nur auf den ersten Blick unspektakulär. Bei genauerem Betrachten findet der Besucher viele historische Gegenstände. „Was Dachböden nicht so alles bieten“, sagt Historiker Manfred Kosch und läuft auf ein paar unscheinbar aussehende längliche Metallstäbe zu. „Das müssten Zeiger einer alten Uhr sein“, erklärt er.
Die evangelische Kirche St. Johannes wurde im Jahr 1859 gebaut und ein Jahr später eingeweiht. Das Bauwerk wurde laut Kosch im Maximilianstil, dem Baustil zur Zeit des Königs Maximilian II. Joseph von Bayern, errichtet. Der zuständige Architekt plante bereits die Kirche St. Ulrich in Königsbrunn, weshalb sich beide Gotteshäuser ähneln. Die evangelische Kirche sei ein bisschen kleiner als die katholische.
Die St.-Johannes-Kirche ist nach der Nepomukkapelle und der St.Ulrich-Kirche das drittälteste Gotteshaus in Königsbrunn und eines der ältesten Gebäude der Stadt, sagt Kosch. Aus der Bauzeit seien unter anderem der Altar, der Taufstein und die Kanzel erhalten geblieben. Auch der Holzboden im Dachgeschoss ist laut Kosch noch original. Neu dagegen seien die Gemälde an den seitlichen Wänden des Kirchenschiffs. Die Ausstattung der Kirche sei gleich geblieben, erklärt der Historiker. Lediglich die Farbfassung und der Stil der Kirche habe sich im Laufe der Jahre verändert. Der Altar sei zunächst dunkler gewesen, in den 1960er-Jahren habe man ihn zum Beispiel weiß angemalt.
Der Historiker hat inzwischen ein kleines Loch im Boden gefunden, durch das er die Kirchenbänke sehen kann. Kosch vermutet, dass an dieser Stelle einmal ein großer Leuchter hing. „Es muss mindestens zwei davon gegeben haben“, erklärt er. Die Vorrichtungen für zwei Flaschenzüge an der Decke seien ein Hinweis darauf. Unter einem der Fenster entdeckt der Königsbrunner Historiker außerdem noch Überbleibsel alter Lampen.
Die Königsbrunner haben ihre Kirche laut Kosch mit viel Eigenleistung gebaut. Das evangelische Gotteshaus sei bescheidener gestaltet als das katholische, weil weniger Geld zur Verfügung stand. Es habe aber eine Spende des bayerischen Königshauses gegeben, weil Königin Marie, die Mutter von Ludwig II., Protestantin war.
In einer anderen Ecke entdeckt Kosch die Gewichte einer alten Turmuhr. Diese könnten seiner Meinung nach aus der St.-Ulrich- und AfraKirche in Ausburg sein. Neben den historischen Gegenstände lagern auch modernere Sachen auf dem Dachboden – zum Beispiel eine große Blechfigur, die laut Kosch Goliath darstellen könnte. In alten Koffern verbergen sich zudem Kostüme, vermutlich von verschiedenen Aufführungen. Auch ein Modell des Pfarrzentrums kann man auf dem Dachboden begutachten. Unter einem der Fenster liegen zudem schwarze, rechteckige Schiefer- beziehungsweise Dachplatten. Das seien eben Dinge, die auf einem Dachboden gelagert werden, sagt Kosch. Auf dem Weg zurück in den Kirchenraum entdeckt der Historiker noch „Kirchengraffiti“. An den Fenstermauern sind Buchstaben und Zeichen eingeritzt. Was diese bedeuten sollen weiß Koch jedoch nicht. Er vermutet, dass Konfirmanden dafür verantwortlich sind. Es könnten aber auch andere Königsbrunner gewesen sein. ODie Kirchengemeinde St. Jo hannes feiert nach dem heuti gen 10 Uhr Gottesdienst ihr Re formationsfest, in dessen Rah men auch die Kirchenführung angeboten wird.