Wo Luther mit seiner Käthe diskutiert
Eine volle Kirche und ein buntes Fest mit vielen Besuchern – am Dienstag haben die evangelischen Christen Königsbrunns die Reformation vor 500 Jahren gefeiert. Dazu gehörten neben dem Gottesdienst auch lustige Aktionen
Königsbrunn Um 15.17 Uhr läuteten am Dienstag die Glocken der St.-Johannes-Kirche in Königsbrunn und das hatte einen historisch bedeutsamen Hintergrund. Auf das Jahr 1517 bezog sich die Uhrzeit und das Geläut beendete ausdrucksstark das Fest der evangelischen Gemeinde zum 500. Jubiläum der Reformation. Am 31. Oktober 1517 hat Martin Luther der Überlieferung nach die 95 Thesen an der Schlosskirche in Wittenberg angebracht und damit, ohne es zu ahnen oder gar zu beabsichtigen, die evangelische Kirche auf den Weg gebracht.
Dekanin Dr. Doris SperberHartmann betonte im Gottesdienst die Wichtigkeit des freundschaftlichen Miteinanders und der Gemeinsamkeiten. „Immerhin bekennen sich in Deutschland zusammengenommen 60 Prozent der Menschen zu den beiden Kirchen“, sagte sie, und damit sind die beiden Institutionen führend, bezüglich der Mitgliederzahlen. Kein Verein, keine Gewerkschaften kämen da heran und das zeige doch, wie wichtig den Menschen die Religion ist. Wie wichtig den Gemeindemitgliedern von St. Johannes ihre Kirche und das Fest sind, zeigten sie deutlich. Weit mehr Gäste als erwartet waren gekommen, und so waren sowohl die Kirche als auch später der Gemeindesaal voller Menschen.
Im Gottesdienst konnten sich diese davon überzeugen, wie präsent Martin Luther und seine Ehefrau Katharina von Bora immer noch sind. Dekanin Sperber-Hartmann schlüpfte in die Rolle der energischen und gar nicht unterwürfigen Käthe und Diakon Thomas Pötschke verkörperte Martin Luther. Eine Diskussion zwischen den Eheleuten um das Wort Gottes, wie sie in der heutigen Zeit völlig normal ist, vor 500 Jahren aber sicher ganz neue Töne darstellte: Mit einem Luther, der seiner Frau zuhörte, sich mit ihr auseinandersetzte und sich und seine Handlungsweise ihr gegenüber erklärte.
Mit der Reformation hat er damals nicht nur die Kirche in Frage gestellt, sondern auch die Gesellschaft. „Nur kurze Zeit nachdem die ins Deutsche übersetzte Bibel den Menschen zugänglich gemacht wurde, erhöhte sich die Anzahl derer, die lesen konnten, von zehn auf 70 Prozent“, so Sperber-Hartmann. Schulen wurden aufgebaut und auch Frauen durften lesen, zumindest eine Stunde am Tag. Eine Bemerkung die zu fröhlichem Gelächter führte, was sicher im Sinne Luthers gewesen wäre, der gesagt haben soll: „Ein Christ muss ein fröhlicher Mensch sein. Wenn er es nicht ist, ist er vom Teufel versucht.“
Fröhlich ging es auch nach dem Gottesdienst, der musikalisch vom evangelischen Posaunen- und Kirchenchor festlich umrahmt wurde, zu. Vor der Kirche konnten sich die Erwachsenen und die Kinder in Zweier-Teams daran versuchen, mit Pappkartons Türme im Schnelltempo zu basteln. Mit ihnen wurde symbolisch die Wartburg gebaut.
Im Gemeindesaal wurde auch noch schnell aufgebaut. Tische und Stühle wurden zusätzlich herangeschafft, damit alle Gäste die aufgetischten Luther-Würste, Kaffee und Kuchen sowie die musikalische Umrahmung durch die Holzbläser des Posaunenchores gemütlich genießen konnten. Wer wollte, konnte sich in Luthers Zeit versetzen und mal versuchen mit Federkiel und Tinte zu schreiben, was sich als gar nicht so einfach erwies, wie die zahlreichen Tintenkleckse auf den bereitgestellten Taschentüchern bewiesen. Mit Bobbycars gingen die Jungs auf eine Luther-Verfolgungsjagd und stellten zudem ihre Kräfte unter Beweis beim Bierkrügeheben.
Lutherbier gab es aber nicht, sondern Wasser, dafür bot der Weltladen Luther-Kaffee, Tee und Schokolade an.