Ein Reformator auf Zeitreise
Die evangelische Gemeinschaft Königsbrunn holt Luther in die heutige Kirchenwelt
Königsbrunn Zum Höhepunkt des Reformationsjubiläums hat die evangelische Gemeinschaft Königsbrunn den Theaterverein „Die Aussteiger“geholt. Knapp 200 Menschen sahen die Inszenierung „Reformator – die Rückkehr“vom TZE – Theater zum Einsteigen. Das besondere Konzept dabei: Die Besetzung um Projekttrainer und Bühnenschreiber Ewald Landgraf wechselt ständig. Teams aus Landes- und Freikirchen gehen zusammen als Schauspieler oder Techniker an den Start. Die Dramaturgie-Gemeinschaft trat neben Königsbrunn auch in Augsburg, Wertingen, Mering und Puchheim auf.
Was würde Luther sagen, wenn er per Zeitreise mit der heutigen Kirche sprechen könne? Diese Frage stellt sich das Theaterprojekt. Der Mann, der vorgibt Martin Luther zu sein, nähert sich gezielt der Journalistin Kathrin, die ihn zuerst nicht ernst nimmt und dann aber eine große Schlagzeile wittert. Luther ist verzweifelt und hat viel zu klagen: „Früher mussten die Menschen Gott gnädig stimmen, heut muss Gott die Menschen gnädig stimmen.“Er hält auch 95 neue Thesen bereit, um sie an die Wittenberger Kirche zu schlagen: „Die Kirche muss Diener sein.“„Die Menschen müssen Antworten auf die Fragen des Lebens finden und nicht Umweltpolitik-Gerede.“ „Liebe und Gnade sollen das letzte Wort haben.“
Er will, wie er Szene für Szene fordert, den Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche sprechen, der kommt zwar nicht, aber an einem organisierten runden Tisch trifft er auf Dekanin Seicht und als Vertreter der katholischen Kirche den Pastoralreferenten Werck. Die Namen sind Programm. Das wird besonders deutlich durch eine mysteriöse Frau namens Achilles, die wie der Widersacher den Stachel löst. Der gesellschaftliche Spiegel wird in den knapp 90 Minuten jedoch nicht verletzend, sondern mit guten Dialogen und viel Humor hingehalten.
Es ist keine einfache oder laute und kracherte Anklage. Es ist auch Platz für leise Töne. Die taffe Journalistin Kathrin, deren Leben schon einige Enttäuschungen bot, ist eine Suchende und wird am Ende weich und nachdenklich. Der Mann, der sich als Luther sieht, tritt gleichfalls selbstkritisch reflektierend und bereuend auf: „Ich war ein Kind meiner Zeit“, sagt er, bezogen auf seinen Antisemitismus, der Schatten auf sein Werk werfe. Gerry Bernäcker, Gemeindemitglied und als Mimin auf der Bühne dabei, freute sich über den Zuschauerzuspruch: „Ich bin froh, dass wir dieses Stück zu uns holten, zeigt uns Christen gerade diese Zeitreise doch auch, worum es wirklich geht.“