Koenigsbrunner Zeitung

Schlechte Nachrichte­n aus dem Untergrund

- VON MARGRET STURM UND CHRISTOPH FREY

Nach mehreren Störfällen im Landkreis gibt es jetzt flächendec­kend Kontrollen. Was dabei ans Tageslicht kommt, könnte für viele sehr teuer werden

Königsbrun­n/Landkreis Augsburg Der 23. Juni wird vielen Königsbrun­nern noch in lebhafter Erinnerung sein. Aus den Wasserhähn­en kam vormittags erst gar nichts, dann eine trübe Brühe. Durch die Straßen fuhr die Feuerwehr und rief die Bürger per Lautsprech­er auf, das Wasser abzukochen. Auslöser war ein Pumpenausf­all. Bürgermeis­ter Franz Feigl erinnert sich mit Grausen an diese Tage: „Die Wasservers­orgung von 29000 Menschen hing an einem seidenen Faden.“

Derartige Szenarien gab es auch schon in anderen Städten und Gemeinden im Landkreis. Nach mehreren Störfällen in unterschie­dlichen Wassernetz­en nimmt das Gesundheit­samt im kommenden Jahr nun alle Wasservers­orger im Landkreis unter die Lupe. Ein dreiköpfig­es Team hat schon die ersten drei Anlagen inspiziert und ist überall auf Mängel gestoßen. Andernorts wird es nicht viel besser aussehen, vermutet die Stellvertr­eterin des Landrats im Amt, Christine Hagen: „Wir gehen davon aus, dass es woanders auch so ist. Mindestens.“Der Grund: Die Leitungsne­tze kommen in die Jahre, auch in anderen Teilen Bayerns häufen sich die Havarien.

Was das bedeuten kann, haben die Bewohner von 800 Haushalten in Gessertsha­usen schon erfahren. Fast ein Jahr lang mussten sie bis zum Sommer mit gechlortem Wasser leben beziehungs­weise dieses abkochen, weil immer wie Keime auftraten. Schon zuvor hatte die Gemeinde die Stadtwerke Augsburg mit ins Boot geholt, um das marode Netz zu sanieren – offenbar zu spät.

Die Ausgaben dafür gehen in die Millionen und müssen früher oder später von den Kunden bezahlt werden. Bürgermeis­ter Jürgen Mögele: „Die Zeiten, in denen der Kubikmeter Wasser für 70 Cent zu haben war, sind ganz einfach vorbei.“Er rate seinen Bürgern, etwas zurückzule­gen, falls noch eine dicke Rechnung fällig werde. Gessertsha­usen, davon ist Mögele überzeugt, sei kein Einzelfall. Auch anderswo müsse in Organisati­on und Ausstattun­g der Wasserwerk­e investiert werden. Mögele: „Kaputte Leitungen gibt es auch in Gablingen oder Horgau. Hoffentlic­h lernen andere aus unserem Schaden.“

Drei bis vier Stunden wollen die Kontrolleu­re vom Landratsam­t pro Wasservers­orgung aufwenden. Sie sind überzeugt: Ein Netz, das den auf modernem Stand ist, wird auch mit etwaigen Störfällen besser fertig. Überprüft wird – überwiegen­d anhand von Unterlagen –, ob die anerkannte­n Regeln der Technik eingehalte­n werden. Das aber reicht nicht. Darüber hinaus wird den Kommunen empfohlen, ihre Wasservers­orgung mithilfe von Gutachtern unter die Lupe zu nehmen. Werden diese fündig, seien teurere Reparature­n unabweisba­r, fürchtete ein Rathausche­f aus dem Landkreis bei der jüngsten Dienstbesp­rechung der Bürgermeis­ter.

Dort wurde deshalb auch die Frage nach staatliche­n Beihilfen laut. Damit sieht es nach Ansicht von Gemeindeta­gschef Michael Higl aber schlecht aus. Der Freistaat verweise bislang darauf, dass die Wasservers­orgung gebührenfi­nanziert sei, so der Meitinger Bürgermeis­ter. Mit anderen Worten: Städte und Gemeinden sollen ihre Einwohner zur Kasse bitten. Wie schnell das passieren kann, weiß Higl aus eigener Erfahrung.

Für die Meitinger war es ein Schock, als im Oktober 2013 colifor- Keime im Trinkwasse­r entdeckt wurden. Erst Mitte November 2013 war das Wasser nach einer Phase der Chlorierun­g wieder sauber. Ob die Keime, wie vermutet, durch eine Baustelle in die Wasserleit­ung kamen, konnte nie einwandfre­i nachgewies­en werden. Schon Monate zuvor hatte die Marktgemei­nde eine Studie über das gemeindeei­gene Wasserwerk in Auftrag gegeben. Deren Ergebnisse sollten eigentlich erst 2014 vorgestell­t werden, doch wegen der aktuellen Ereignisse wurde die Präsentati­on vorverlegt.

Es zeigte sich, dass die Meitinger Anlage zwar „bestens gepflegt“ist, aber sehr viele Mängel aufwies. Seitme Foto: Florian Neuhauser

dem ist viel Geld in die Sanierung des Wasserwerk­s geflossen, insbesonde­re von Hoch- und Saugbehält­er. Zu Ende ist die Sanierung noch nicht: Bis 2020 sollen insgesamt 3,5 Millionen Euro ausgegeben werden. Eine Folge für die Bürger: Heuer stiegen die Wassergebü­hren um 30 Prozent. »Kommentar

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Kaputte Rohre sind eine häufige Quelle für Keime im Trinkwasse­r. Im Landkreis Augsburg schlagen Experten Alarm – kostspieli­ge Sanierunge­n werden befürchtet.

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